Die-Schnaeppchenjaegerin
wieder zu Mum. »Habt ihr Fotos gemacht?«
»Nein!«, sagt Mum entsetzt. »Da sind wir ja überhaupt nicht drauf gekommen. Graham, los, schnell, hol doch mal den Fotoapparat!«
»Nein, warte, ich hole unsere Videokamera!«, sagt Janice.
»Nein!«, widerspreche ich hastig, da mir eine gewisse Amüsiertheit auf Seiten des Fahrers nicht entgangen ist. Gott, ist das peinlich! Dabei habe ich mich doch gerade noch so professionell gegeben! »Dafür haben wir keine Zeit. Ich muss jetzt ins Studio!«
»Ja«, sagt Janice und senkt den Blick. »Ja, natürlich. Du willst ja nicht zu spät kommen.« Voller Sorge sieht sie auf die Uhr, als hätte die Show womöglich bereits angefangen. »Um elf geht’s los, oder?«
»Um elf fängt die Show an«, erklärt Dad. »Programmier den Videorekorder auf fünf vor, dann kann gar nichts schief gehen.«
»Gute Idee«, sagt Janice. »Für alle Fälle.« Sie seufzt. »Ich traue mich bestimmt den ganzen Vormittag nicht, aufs Klo zu gehen, weil ich Angst habe, was zu verpassen!«
Und dann, als ich in den Wagen einsteige, herrscht ehrfürchtiges Schweigen. Formvollendet schließt der Fahrer die Tür und schreitet dann um den Wagen zur Fahrertür. Ich drücke auf den Knopf, der das Fenster herunterfahren lässt, und grinse Mum und Dad zu.
»Becky, Liebes, was machst du hinterher?«, fragt Mum. »Kommst du zurück oder fährst du zu dir nach Hause?«
Mein Lächeln fängt augenblicklich an zu bröckeln, und Ich blicke schnell nach unten und tue so, als beschäftigte ich mich mit den Fensterheberknöpfen. Über das Hinterher will ich gar nicht nachdenken.
Das Hinterher ist Lichtjahre von mir entfernt. Ich komme ins Fernsehen... weiter kann ich gar nicht denken. Mein restliches Leben schlummert brav in der hintersten Ecke meiner Gehirnwindungen, und ich will gar nicht daran erinnert werden, dass es existiert.
»Ich... ich weiß noch nicht«, sage ich. »Mal sehen.«
»Wahrscheinlich laden sie dich hinterher erst mal zum Mittagessen ein«, sagt Dad kennerhaft. »Diese Showbusinessleute gehen doch ständig miteinander Mittagessen.«
»Ich glaube, wir können dann jetzt«, sage ich, und der Fahrer nickt.
»Viel Glück, Liebes«, ruft Dad. Ich mache das Fenster zu und lehne mich zurück. Der Wagen rollt aus unserer Einfahrt.
Die ersten fünf Minuten schweigen wir. Ich sehe immer mal wieder ganz ungezwungen aus dem Fenster, um zu beobachten, ob mich irgendjemand in diesem Schlitten mit Chauffeur sieht und sich fragt, wer ich wohl bin. Obwohl -wir flitzen so schnell über die zweispurige Fahrbahn, dass es wohl nahezu unmöglich ist, auszumachen, wer im Fond sitzt.
»Also«, sagt der Fahrer nach einer Weile. »Sie treten bei Morning Coffee auf, ja?«
»Richtig«, sage ich und merke sofort, wie sich wieder ein breites Lächeln auf mein Gesicht legt. Das muss ich mir wirklich abgewöhnen.
»Und warum?«, unterbricht der Fahrer meine Gedanken.
Ich will schon antworten: »Weil ich berühmt werden und ein paar Klamotten geschenkt bekommen will«, als mir klar wird, was er eigentlich meint.
»Geldangelegenheiten«, sage ich cool. »Ich habe einen Artikel für die Daily World geschrieben, und die Produzenten haben ihn gelesen und wollen mich jetzt gern in der Show haben.«
»Vorher schon mal im Fernsehen gewesen?«
»Nein«, gestehe ich leicht widerwillig ein. »Nein, noch nie.«
Wir bleiben an einer roten Ampel stehen, und der Fahrer dreht sich um und mustert mich eingehend.
»Wird schon schief gehen«, sagt er. »Passen Sie nur auf, dass die Nerven nicht mit Ihnen durchgehen.«
»Meine Nerven?« Ich lache auf. »Ich bin doch nicht nervös! Ich... freue mich drauf.«
»Dann ist es ja gut«, sagt der Fahrer und dreht sich wieder in Fahrtrichtung. »Dann kann Ihnen gar nichts passieren. Wissen Sie, manche Leute setzen sich auf das Sofa im Studio und meinen, dass sie vollkommen ruhig und relaxed sind, quietschvergnügt... und dann sehen sie die rote Lampe und mit einem Schlag wird ihnen bewusst, dass 2,5 Millionen Menschen im ganzen Land zugucken. Und dann kriegen sie die Panik. Weiß auch nicht, warum.«
»Oh«, sage ich nach einer winzigen Pause. »Na ja... also, ich bin aber anders! Ich kriege das schon hin!«
»Gut«, sagt der Fahrer.
»Gut«, plappere ich ihm etwas verunsichert nach und sehe wieder aus dem Fenster.
Ich kriege das schon hin. Natürlich kriege ich das hin. Ich bin noch nie in meinem Leben nervös gewesen, also warum sollte ich ausgerechnet jetzt damit
Weitere Kostenlose Bücher