Die-Schnaeppchenjaegerin
frage ich und bemühe mich dabei, nicht zu aufgeregt zu klingen. »Ganz genau diese Schüssel?« Er nickt, und meine Finger krampfen sich um das gute Stück. Ich kann es kaum glauben. Ich halte ein Stück Elle Decoration in den Händen. Ist das nicht cool? Ich komme mir wahnsinnig elegant und trendy vor - ein Jammer, dass ich keine weißen Leinenhosen trage und die Haare nicht zurückgegelt habe.
Das zeigt ja wieder mal, was für einen ausgezeichneten Geschmack ich habe. Habe ich diese Schüssel - Pardon, dieses Stück - nicht ganz allein herausgesucht? Habe ich nicht sofort seine herausragende Qualität erkannt? Ich sehe schon unser völlig neu um dieses Stück herum gestyltes Wohnzimmer vor mir, ganz farblos und minimalistisch.
Achtzig Pfund. Das ist ja geschenkt für ein so zeitlos stilvolles Stück wie dieses.
»Ich nehme es«, sage ich entschieden und hole mein Scheckbuch aus der Tasche. Der Punkt ist nämlich - rufe ich mir selbst in Erinnerung -, dass billig einkaufen im Grunde völlig unwirtschaftlich ist. Es ist viel sinnvoller, etwas mehr auszugeben und sich etwas anzuschaffen, das dann auch ein Leben lang hält. Und diese Schüssel hier ist ja wohl ganz eindeutig ein Klassiker. Suze wird mächtig beeindruckt sein.
Als wir nach Hause kommen, geht Mum direkt ins Haus, ich bleibe aber erst noch draußen und lade meine Errungenschaften von ihrem Auto um in meines.
»Becky! Na, so eine Überraschung!«
Oh, Gott. Martin Webster, unser Nachbar, lehnt mit einem Rechen in der Hand und einem breiten Lächeln auf dem Gesicht am Zaun. Oh, Gott. Martin hat so etwas an sich, das bei mir immer Schuldgefühle auslöst. Ich weiß auch nicht, warum.
Doch, ich weiß, warum. Weil ich nämlich weiß, dass er immer gehofft hat, ich würde seinen Sohn Tom heiraten, wenn wir erst mal groß sind. Habe ich aber nicht getan. Die Geschichte meiner Beziehung zu Tom ist folgende: Als wir sechzehn waren, wollte er mal mit mir ausgehen, und ich habe Nein gesagt, weil ich mit Adam Moore liiert war. Damit war die Angelegenheit abgeschlossen, und ich bin sehr dankbar dafür. Ehrlich gesagt, würde ich lieber Martin selbst heiraten als Tom.
»Hü«, sage ich übertrieben erfreut. »Wie geht’s?«
»Ach, uns geht’s gut«, sagt Martin. »Schon gehört, dass Tom sich ein Häuschen gekauft hat?«
»Ja«, antworte ich. »In Reigate. Super!«
»Zwei Schlafzimmer, Bad, Wohnzimmer und eine offene Küche«, zählt er auf. »Küchenelemente aus hell gebeizter Eiche.«
»Wow!«, sage ich. »Hört sich toll an.«
»Tom ist total begeistert«, sagt Martin. »Janice!«, ruft er dann auf einmal. »Komm, guck mal, wer hier ist!«
Gleich darauf erscheint Janice mit ihrer geblümten Schürze in der Haustür.
»Becky!«, sagt sie. »Hast du dich aber verändert! Na, aber wir haben dich ja auch schon lange nicht mehr gesehen!«
Oh, Gott, prompt habe ich Schuldgefühle, dass ich meine Eltern nicht oft genug besuche.
»Na ja«, sage ich und bemühe mich dabei um ein ungezwungenes Lächeln, »so ist das eben. Habe ziemlich viel zu tun mit meinem Job und so.«
»Oh, ja.« Janice nickt ehrfürchtig. »Dein Job.«
Janice und Martin sind irgendwann auf die Schnapsidee gekommen, dass ich eins von diesen unglaublich dynamischen, erfolgreichen Wunderkindern der Finanzbranche bin. Ich habe schon mehrmals versucht, ihnen diese Vorstellung auszureden, aber je mehr ich das tue, für desto dynamischer und erfolgreicher halten sie mich. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Jetzt halten sie mich nicht nur für dynamisch und erfolgreich, sondern zusätzlich für bescheiden.
Aber im Grunde kann es mir ja egal sein. Eigentlich ist es sogar ganz lustig, das Finanzgenie zu spielen.
»Ja, wir hatten ziemlich viel um die Ohren in letzter Zeit«, sage ich lässig. »Ihr wisst schon, wegen der Fusion von SBG und Rutland.«
»Ja, natürlich«, haucht Janice.
»Ach, da fällt mir etwas ein«, sagt Martin. »Warte doch mal einen Moment, Becky. Bin gleich zurück.« Er ist verschwunden, bevor ich irgendetwas sagen kann. Jetzt stehe ich ganz allein da mit Janice.
»So«, sage ich reichlich geistlos. »Und Tom hat Küchenelemente aus hell gebeizter Eiche, habe ich gehört?«
Das ist wirklich das Einzige, das mir einfällt. Ich lächele Janice an und warte auf eine Antwort. Stattdessen strahlt sie mich aber einfach nur hoch erfreut an. Ihr ganzes Gesicht ist ein einziges Strahlen - und da geht mir auf, dass ich einen fatalen Fehler gemacht habe. Ich hätte Toms
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