Die-Schnaeppchenjaegerin
verstehen.
In dem Moment kehren Suze und Fenella an unseren Tisch zurück und überschütten uns mit Neuigkeiten über Binky und Minky. Tarquin verfällt in Schweigen. Den Rest des Abends sieht er mich kaum noch an, selbst dann nicht, als wir uns verabschieden. Gott sei Dank. Dann hat er’s ja wohl begriffen.
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Hat er aber wohl doch nicht. Samstag bekomme ich nämlich eine Karte von ihm, auf deren Vorderseite ein präraphaelitisches Mädchen scheu über die Schulter sieht.
Ich möchte mich aufrichtig für mein unziemliches Benehmen entschuldigen. Hoffentlich kann ich es wieder gutmachen. Karten für Bayreuth - oder sonst einfach Abendessen?
Tarquin Ein Abendessen mit Tarquin? Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen! Einen ganzen Abend diesem Wieselgesicht gegenübersitzen! Und überhaupt, wovon redet er eigentlich? Bayreuth? Noch nie gehört. Ist das eine neue Show oder was? Oder meint er vielleicht Beirut? Und warum zum Teufel sollten wir nach Beirut fahren wollen?
Aber egal, Tarquin kann mir gestohlen bleiben. Ich habe heute wichtigere Dinge im Kopf. Heute ist mein sechster Ordentlich-Sparen-Tag und - was viel gravierender ist - das erste Wochenende. David E. Barton schreibt, dass gerade an den Wochenenden viele ihre Enthaltsamkeit aufgeben, weil ihnen die ablenkende Büroroutine fehlt und sich der Tag lang und leer vor ihnen ausstreckt.
Aber ich gebe nicht auf. Dazu bin ich viel zu willensstark. Ich habe meinen Tag minutiös verplant - und ich werde mich nicht einmal in die Nähe irgendwelcher Geschäfte begeben. Heute Vormittag gehe ich ins Museum, und heute Abend werde ich, statt für teures Geld Essen beim Inder zu holen, höchstpersönlich ein Currygericht für Suze und mich kochen. Ich bin schon richtig aufgeregt deswegen. Mein Budget für den heutigen Tag sieht also so aus:
Fahrt zum Museum: £ 0,00 (habe meine Monatskarte)
Museum: gratis Curry: £ 2,50 (laut David E.
Barton kann man für nur £ 5,00 ein geniales Curry für vier Personen machen - und wi r sind nur zwei)
Insgesamt: £ 2,50
Sieht doch gut aus. Außerdem komme ich so mal in den Genuss von etwas Kultur, statt mich immer nur geistlosem Materialismus auszusetzen. Ich habe mir das Victoria & Albert Museum ausgesucht, weil ich da noch nie war. Ich weiß nicht einmal, was darin ausgestellt wird. Vielleicht Statuen von Königin Victoria und Prinz Albert?
Na, ganz egal, was da ausgestellt ist, es wird sicher hoch interessant und ausgesprochen anregend. Und noch dazu ist es gratis!
Als ich aus der U-Bahn-Station South Kensington herauskomme, herrscht strahlender Sonnenschein, und ich schlendere vollkommen zufrieden mit mir los. Normalerweise verbringe ich meine Samstagvormittage damit, Live and Kicking zu gucken und mich für meine Shoppingtour fertig zu machen. Dagegen das hier! Ich komme mir plötzlieh wahnsinnig erwachsen und intellektuell vor, wie jemand in einem Woody-Alien-Film. Jetzt brauche ich nur noch einen langen Wollschal und eine Sonnenbrille, dann sehe ich aus wie Diane Keaton.
Und am Montag, wenn ich gefragt werde, was ich am Wochenende gemacht habe, werde ich sagen können: »Ach, wisst ihr, ich war im V&A.« Oder nein, ich sage: »Ich war eben schnell bei einer Ausstellung.« Das hört sich doch viel cooler an. (Warum sagen die Leute eigentlich immer, dass sie »eben schnell« bei einer Ausstellung waren? Ich meine, rennen sie an den Bildern vorbei wie die Stiere durch Pamplona?) Und auf erstaunte Äußerungen wie: »Wirklich? Ich wusste ja gar nicht, dass Sie sich für Kunst interessieren, Rebecca!« werde ich selbstgefällig erwidern: »Doch, doch. Ich verbringe den Großteil meiner Freizeit in Museen.« Und man wird mich tief beeindruckt ansehen und sagen...
Huch, jetzt bin ich doch glatt am Eingang vorbeigelatscht. War in Gedanken so beschäftigt mit meiner Unterhaltung mit... Da wird mir klar, dass derjenige, den ich mir als Gesprächspartner in dieser kleinen Szene vorgestellt habe, Luke Brandon war. Verrückt. Wie komme ich denn auf den? Wahrscheinlich, weil ich mich im Terrazza mit ihm unterhalten habe. Na, egal. Konzentration. Museum.
Ich gehe also das kleine Stück zurück, betrete ganz lässig die Eingangshalle und bemühe mich, so auszusehen, als würde ich ständig hier ein und aus gehen. Nicht so, wie der Haufen japanischer Touristen da drüben, der sich um einen Museumsführer knubbelt. >Ha!<, denke ich stolz, >ich bin keine Touristin. Das hier ist mein Erbe. Meine Kultur.< Gelangweilt, als hätte
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