Die Schnapsstadt
Oberbürgermeisterin ließ ihn in ihrer privaten Luxuslimousine in die Eselsgasse zurückbringen, und danach legte sich die Diskussion in der Presse. Liebe Freunde, meine Damen und Herren, wir haben unser Ziel erreicht: Yichis Taverne. Heute zahle ich für die Getränke. Herr Yu ist ein alter Freund. Wir treffen uns oft, um gemeinsam zu trinken und Gedichte zu rezitieren. Wir haben eine seltsame und doch schöne Begleitmusik für die bunte, verwirrende Welt komponiert, in der wir leben. Mein Freund und Bruder, dem Freundschaft wichtiger ist als Geld, wird seine Preise für uns auf achtzig Prozent des Normalpreises reduzieren.
Verehrte Freunde, wir stehen nun vor Yichis Taverne. Beachten Sie bitte die goldenen Schriftzeichen auf dem schwarzen Kneipenschild. Sehen Sie, was für eine Energie sie ausstrahlen? Wie beherzte Drachen und muntere Tiger. Sie stammen von Liu Banping – Liu Halbe-Flasche –, einem berühmten Kalligraphen, dessen Name sein Programm ist: Er kann kein Zeichen schreiben, wenn er nicht eine halbe Flasche guten, starken Schnaps getrunken hat. Rechts und links von der Tür stehen zwei Kellnerinnen im Taschenformat: Sie sind keine zwei Fuß groß. Sie tragen reich bestickte Schärpen über der Brust und ein starres Lächeln im Gesicht. Es sind Zwillinge. Als sie Yu Yichis Annonce im Anzeiger für Jiuguo gelesen haben, sind sie in einem Trident-Jet von Schanghai hierher geflogen. Sie stammen aus einer Familie hoher Kader, und ihr Vater ist so berühmt, dass Sie es nicht glauben würden, wenn ich es Ihnen erzählen könnte. Also erzähle ich es lieber gar nicht. Sie hätten sich auf die Stellung und die Macht ihres Vaters verlassen, ein Luxusleben führen, teure Kleider tragen und erlesene Delikatessen speisen können. Aber sie haben es nicht getan und stattdessen beschlossen, sich in den Lärm und das Getriebe von Jiuguo zu stürzen. Die Ankunft der beiden Feen war ein so aufregendes Ereignis, dass die wichtigsten Parteimitglieder der Stadt bei strömendem Regen die siebzig Kilometer bis zum Flugplatz Taoyuan gefahren sind, um sie zu begrüßen. Sie kamen in Begleitung ihrer Mutter, also der Lebensgefährtin ihres heroischen Vaters, und einem Gefolge von Sekretärinnen an. Das Gästehaus am Flugplatz hat zwei hektische Wochen gebraucht, um sich auf den Empfang vorzubereiten. Aber, liebe Freunde, glauben Sie bloß nicht, dass Jiuguo nichts für sein Geld bekommen habe. Denn das wäre eine kurzsichtige Sichtweise, ein Blick auf die Welt aus der Perspektive einer Maus. Auch wenn es die Stadtkasse von Jiuguo viel gekostet hat, die beiden Feen und ihre Mutter willkommen zu heißen, haben wir jetzt doch Beziehungen mit einem hochrangigen Beamten geknüpft, der uns mit einem Griff zum Federhalter und einer kurzen Notiz große Geschäfte und hohe Einnahmen verschaffen kann. Wisst ihr, was wir bekommen haben, als er letztes Jahr kurz zum Federhalter griff? Einen Kredit über einhundert Millionen zu niedrigen Zinsen, und das in einer Zeit finanzieller Wirren und knapper Ressourcen. Stellt euch das vor, Freunde, einhundert Millionen. Wir haben sie in die Werbung für unseren Affenschnaps, den Bau eines Chinesischen Brauereimuseums und die Vorbereitungen für das Erste Internationale Affenschnaps-Festival im Oktober gesteckt. Glaubt ihr, er hätte ohne diese beiden Feen drei ganze Tage in Jiuguo verbracht? Und deshalb, meine Freunde, ist es nicht übertrieben, Herrn Yu Yichi als einen der Helden von Jiuguo zu bezeichnen. Wie ich höre, sammelt das örtliche Parteikomitee Material für den Antrag auf Verleihung des Titels Held der Arbeit und einer Ehrenmedaille zum Ersten Mai.
Die beiden Feen von edlem Blut verneigen sich vor uns und schenken uns ein strahlendes Lächeln. Sie haben liebliche Gesichter und anmutige Körper. Bis auf die Tatsache, dass sie klein sind, sind sie frei von jedem Makel. Aus Respekt vor ihrem edlen Blut erwidern wir ihr Lächeln. Willkommen, willkommen. Danke, danke.
Yu Yichis Taverne, auch unter dem Namen «Zwergentaverne» bekannt, ist luxuriös ausgestattet. Wenn Sie den fünf Zoll dicken Wollteppich betreten, werden Ihre Füße bis zum Knöchel einsinken. Die Wände sind mit Birkenholz vom Berg Changbai furniert und mit Rollbildern berühmter Maler und Kalligraphen verziert. Seltene Topfblumen blühen wie lodernde Flammen. Mitten im Raum steht ein lebensechter kleiner schwarzer Esel, der sich bei näherem Hinsehen als Skulptur entpuppt. Natürlich hat Yu Yichi diesen Bekanntheitsgrad
Weitere Kostenlose Bücher