Die Schnapsstadt
aber es schmeckt wunderbar. Ich weiß, dass Yichis Taverne noch für ein anderes Gericht berühmt ist. Es heißt Der schwarze Drache spielt mit den Perlen, und die wichtigsten Zutaten sind ein Eselspimmel und zwei Eselsaugen. Aber heute hat der Koch die Augen für glasierte Eselsaugen verwendet, also wird der Eselspimmel heute wohl nicht mit den Perlen spielen. Wer weiß, vielleicht essen wir ja überhaupt einen weiblichen Esel.
Keine falsche Scham, Brüder und Schwestern. Lockert den Gürtel, lasst den Bauch raushängen und esst, bis ihr platzt! Keine Fomalitäten, keine Trinksprüche! Wir sind alle eine Familie. Trinkt, soviel ihr wollt. Und macht euch keine Sorgen um die Rechnung. Heute geht alles auf meine Kosten.
«Eselsrippen in Wein. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Gepökelte Eselszunge. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Gedünstete Eselssehnen. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Eselshals mit Birnen und Lotoswurzeln. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Eselsschwanz als goldene Peitsche. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Gedämpfte und gebratene Eselsdärme. Lassen Sie es sich schmecken ! »
«Geschmorte Eselshufe mit Seegurken. Lassen Sie es sich schmecken!»
«Eselsleber mit fünf Gewürzen. Lassen Sie es sich schmecken!»
Eine reiche Auswahl von Eselsgerichten ergießt sich auf unseren Tisch, füllt unsere Bäuche, bis sie sich anfühlen wie gespannte Paukenfelle und dumpf grollende Rülpser aus der Tiefe aufsteigen. Unsere Gesichter sind mit einer Schicht von Eselsfett bedeckt, unter denen die Müdigkeit Tausender Esel am Mühlstein hervorblickt. Genossen, ihr müsst erschöpft sein. Ich halte eine Kellnerin an und frage: «Wie viele Gerichte kommen noch?»
«Etwa zwanzig, glaube ich», erwidert sie. «Ganz genau weiß ich es nicht. Ich bringe nur an den Tisch, was sie mir in der Küche geben.»
Ich zeige auf meine Freunde am Tisch. «Sie sind so gut wie voll. Können wir nicht ein paar Gerichte überspringen?»
Sie zögert ein wenig und sagt dann: «Sie haben einen ganzen Esel bestellt, und bisher haben Sie nur einen winzigen Teil davon gegessen.»
«Aber wir platzen gleich», insistiere ich. «Liebe junge Dame, können Sie nicht bitte die Küche bitten, nur noch das Beste zu bringen und den Rest zu übergehen?»
«Sie enttäuschen mich», sagt die junge Dame. «Aber gut. Ich werde mit dem Chefkoch sprechen.»
Sie hat Erfolg. Es erscheint das letzte Gericht.
«Drache und Phönix glücklich vereint. Lassen Sie es sich schmecken!»
Sie will, dass wir das Gericht bewundern, bevor wir uns darüber hermachen. Eine aus unserer Gruppe, eine alte Jungfer und nicht besonders intelligent, fragt die Kellnerin: «Aus welchen Teilen des Esels wird das gemacht?»
Ohne zu zögern, antwortet sie: «Aus den Geschlechtsteilen.»
Die Frau errötet. Aber sie kann ihre Neugier nicht bezähmen und fragt: «Wir haben doch nur einen Esel bestellt. Woher kommen …» Sie spitzt die Lippen und zeigt auf den «Drachen» und den «Phönix» auf der Platte.
«Dem Koch war es peinlich, dass Sie mehr als ein Dutzend Gerichte ausgelassen haben», antwortet die Kellnerin. «Also hat er für dieses Gericht noch die Geschlechtsteile einer Eselin hinzugefügt.»
Greift nur zu, liebe Freunde, meine Damen und Herren. Tut euch keinen Zwang an. Das sind die Juwelen des Esels. Sie sind ebenso köstlich wie hässlich. Wenn ihr nicht davon esst, ist das euer Pech. Und wenn ihr es tut, wird es früher oder später auch euer Pech sein, wenn ihr versteht, was ich meine. Kommt schon! Traut euch! Greift zu! Esst, esst, esst Drache und Phönix glücklich vereint!
Alles zögert mit erhobenen Essstäbchen. Da schlendert mein alter Freund Yu Yichi in den Speisesaal. Ich springe auf und stelle ihn vor: «Das ist der berühmte Herr Yu Yichi, der Besitzer von Yichis Taverne, ständiges Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz der Stadtverwaltung, ständiges Mitglied des Vorstands der städtischen Industrie- und Handelskammer, Held der Arbeit auf Provinzebene, Kandidat für den Titel gesamtchinesischer Held der Arbeit. Er ist heute unser Gastgeber.»
Mit strahlendem Lächeln umkreist er den Tisch, schüttelt Hände, verteilt parfümierte Geschäftskarten, die in Chinesisch und irgendeiner Fremdsprache bedruckt sind. Ich sehe, dass alle sofort von ihm begeistert sind.
Er wirft einen Blick auf die glücklich vereinten Liebenden, Drache und Phönix, und sagt: «Nur wer das gegessen hat, kann wirklich sagen, er habe Esel
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