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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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Neugier.
    Carlos Büro war nicht chaotischer als der Computersaal, aber was die Unordnung anging, schlug es sich wacker. Hier hatte Carlo ihnen die Daten, die er vom oben erwähnten Argo abgerufen hatte, auf eine CD kopiert. Danach hatte er Massimo mit vor Neugier blitzenden Augen angesehen.
    »Wollt ihr sofort reingucken?« Übersetzung: Wenn ihr sofort reinguckt, werdet ihr mich doch wohl kaum aus dem Zimmer schicken, oder?
    Massimo und Turturro blickten sich an. Es steht mir nicht zu, das zu sagen, dachte Massimo, aber ...
    Turturro hob die Augenbrauen, eine Geste, die man sehr gut als »Ich weiß nicht, was daran so schlimm sein sollte« interpretieren konnte. Turturros Augenbrauen hatten ihren Bestimmungsort noch nicht einmal erreicht, als Carlo schon zweimal auf den ersten der beiden Ordner geklickt hatte.
    »Oh, da haben wir’s ja. Es sind zwei Textdokumente. Das ist das erste. ›Natsu‹, vom 20. Mai, dreiundzwanzig Uhr einundzwanzig.«
    Auf dem Bildschirm erschien das erste Dokument, und dieses Mal hoben sich die Augenbrauen von allen dreien.
    Das Dokument war, natürlich, auf Japanisch.
    »Kann einer von euch Japanisch?«, fragte Carlo.
    Wieder im Auto, die Fenster heruntergelassen, um in den Genuss des lauen Lüftchens zu kommen, das durch den fahrenden Wagen erzeugt wurde, bewegte sich Massimos Körper in Richtung Metro, um einzukaufen und sowohl den Kühlschrank der Bar als auch den zu Hause wieder aufzufüllen. Massimos Hirn hingegen befand sich immer noch in Carlos Büro und dachte über das nach, was sie auf Asaharas neuem Computer gefunden hatten. Und wie immer sprach Massimo mit sich selbst, um sicherzugehen, dass er nichts von dem verpasste, was er dachte.
    »Also, fassen wir zusammen: Im Computer befinden sich zwei Ordner. Der erste enthält zwei Textdokumente auf Japanisch. Davon kapiert man nicht die Bohne, weil sie in Ideogrammen geschrieben sind, aber man erkennt zumindest vom äußeren Anschein her, dass es keine offiziellen Dokumente sind. Die sind ja sogar in verschiedenen Farben geschrieben, man stelle sich das mal vor. Das sind Notizen. Worüber, weiß ich nicht. Aber es ist etwas, was zum persönlichen Gebrauch aufgeschrieben wurde. In dem anderen Ordner dagegen ist ein Programm in Fortran, mit seinen verschiedenen Input- und Output-Dateien. Eine mathematische Formel. Carlo sagt, dass sie zur Berechnung der Molekulardynamik dient. Und dass sie sehr einfach ist. Sie hat keinerlei Besonderheiten. Und was diese Dinge angeht, verlasse ich mich auf Carlo. Demnach kann das, was dieser geriatrische Japaner gemeint hatte, nur in den japanischen Dokumenten stehen. Und solange wir nicht rausgekriegt haben, was darin steht, brauchst du dir gar keine Gedanken darüber zu machen. Kannst es drehen und wenden, wie du willst, aber so ist es. Wenn man keine gesicherten Fakten zu irgendwas hat, kann man über das Nichts, das man hat, nicht einfach so nachdenken. Es sei denn, man wäre der Papst, natürlich. Bin ich der Papst? Nein, im Moment nicht. Also gehen wir erst mal einkaufen und grübeln nicht weiter. Heute Nachmittag gibt Fusco die Dokumente irgendeinem Japaner zu lesen, zumal wir ja einige an der Hand haben, und dann sehen wir weiter.«
    Nachdem er Metro verlassen hatte, war Massimo direkt nach Hause gefahren, nach San Martino, um seine persönlichen Einkäufe in den Kühlschrank zu legen. In der Via San Martino angekommen, hätte er theoretisch unter dem Torbogen in die Rosselmini-Gasse einbiegen müssen, um auf die Piazza San Bernadino zu gelangen. Dort hätte er bequem parken und seine Einkäufe bei sich zu Hause ausladen können. Theoretisch. In Wirklichkeit jedoch hatte ein Schwachsinniger seinen Scheißroller genau mitten unter dem Torbogen geparkt, neben den Terracotta-Blumenkübeln des Restaurants, die es schon schwierig genug machten, in die Gasse einzubiegen, ohne sich die Stoßstangen zu verschrammen. Fluchend stieg Massimo aus und versuchte das träge Verkehrsmittel wegzustellen.
    Teils, weil der Roller sich weigerte, dem Gesetz der Schwerkraft zu gehorchen, und teils, weil unser Held objektiv gesehen nicht mit den dafür benötigten physischen Möglichkeiten ausgestattet war, brachte das leider alles nichts, außer dass Massimo anschließend schweißgebadet war und sein ohnehin schon umfangreicher gotteslästerlicher Wortschatz eine kleine Auffrischung erhielt. Es war nichts zu machen: Der Roller rührte sich nicht vom Fleck. Immer weiter fluchend stieg Massimo wieder ins Auto,

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