Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
Vom Netzwerk:
um das Vorderrad deines Rollers eine schöne dicke Kette geschlungen. Um die wieder loszuwerden und damit du dich endlich an irgendeiner Mauer zerlegen kannst, wenn du wieder mal auf dem Hinterrad fährst, müsstest du sie aufschließen. Du fragst dich, wo der Schlüssel sein mag? Keine Sorge, ich habe ihn nicht mitgenommen. Der Schlüssel ist in der Erde eines dieser Blumenkübel vor dem Restaurant; ich sage dir nicht, in welchem, um dir nicht den Spaß zu verderben. In der Hoffnung, dass du genauso viel Mühe hast, ihn zu finden, wie ich Mühe hatte, nach Hause zu kommen, wünsche ich dir einen Scheißtag und unterzeichne herzlichst,
    »Batman«

Sieben
    Es war etwa sieben Uhr abends. Während das Orange am Himmel noch kaum mit seiner vergänglichen Eroberung des Blaus begonnen hatte, kehrte etwas weiter unten Massimo nach einem objektiv vergeudeten Tag am Meer nach Pineta zurück.
    Erstens war das Meer noch zu kalt zum Baden gewesen. Zweitens war wegen des Regens an den vorangegangenen Tagen der Sand noch viel zu nass, um die richtige Konsistenz zu haben, an der er sich warm und kompakt in alle Kurven und Winkel seines Buchhalter-in-Pension-Körpers schmiegen konnte, und folglich hatte sich auch die Hypothese eines Mittagsschläfchens als wenig einladend herausgestellt.
    Drittens war die Entscheidung, ein Buch mit Erzählungen mit ans Meer zu nehmen, nicht gerade schlau gewesen. Nicht, dass sie schlecht gewesen wären, im Gegenteil, eine oder zwei waren entschieden genial. Es war nur so, dass Massimo Kurzgeschichten selten gefielen. Die ständigen atmosphärischen Veränderungen hinderten ihn daran, sich wirklich in ihren Bann ziehen zu lassen, im Buch zu versinken, sich die Gesichter der Figuren richtig vorzustellen. Kurz gesagt, sie erzeugten nicht jenen Effekt der Loslösung von der Realität, die er in einem Buch suchte. Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum er ein Buch mit Erzählungen gekauft hatte, wenn er doch wusste, dass sie ihm wahrscheinlich nicht gefallen würden. Leider ist der genaue Beweggrund nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Jeder von uns hat so seine merkwürdige Art, von der Bibliothek der eigenen Erkenntisse Gebrauch zu machen.
    Es ist eine Tatsache, dass neugierige Menschen häufig das Bedürfnis verspüren, sich ihrer eigenen Erfahrungen zu entledigen, weil sie sie eher als ein starres Korsett aus Gewohnheiten empfinden, das sie in ihren Bewegungen einschränkt, denn als einen freundlich gesinnten Schutzschild, eine notwendige Halsberge gegen die Kräfte des Unbekannten. Wenn wir gegen unsere Gewohnheiten verstoßen, sind wir uns vollständig darüber im Klaren, dass die Chancen auf einen Sieg mager sind. Und doch lässt gerade die Außergewöhnlichkeit eines solchen Erfolges unsere Brust vor Genugtuung schwellen und umgibt sie mit einer Aura von Heldentum, bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen wir es schaffen, die Routine zu überlisten.
    Wie auch immer, da dies eine Erzählung ohne großen Anspruch ist, ist es an der Zeit, den Menschen im Allgemeinen in den verstaubten philosophischen Werken verschwinden zu lassen und sich wieder auf einen Menschen im Besonderen zu konzentrieren, den mit dem Mittelklassewagen und der großen Nase. Massimo eben. Wie gesagt, das, was der Verkehr nicht geschafft hatte, hatte ein wenig gelungener Tag am Meer erreicht: Massimo hatte den Eindruck, einen Nachmittag vergeudet zu haben, und wenn Massimo Zeit vergeudete, dann ärgerte er sich schwarz.
    Während er nach Pineta zurückkehrte, suchte er eine Weile im Radio nach einem Lied, das seine Laune heben konnte. Aber da es die Götter an diesem Tag offensichtlich auf ihn abgesehen hatten, war das Interessanteste, was er finden konnte, eine Sendung von Radio 24, in der es um Darlehen mit variablen Zinssätzen ging. An diesem Punkt gab er sich geschlagen, schaltete das Radio aus und fing an, über seine eigenen Angelegenheiten nachzudenken.
    In Pineta angekommen, parkte er und ging zur Bar, die geschlossen war, allerdings bei hochgezogenen Rolläden und von innen zugezogenen Vorhängen. Massimo trat näher, warf einen Blick durch den Spalt zwischen den Vorhängen hindurch und blieb kurz stehen, um in die Bar zu spähen. Seine Bar. Oder zumindest das, wovon er überzeugt war, dass es seine Bar sei. Denn seine Bar hatte keine orange gestrichenen Wände. Und auch nicht solche Poster. Und vor allem hatte sie niemals Vorhänge gehabt.
    In diesem Moment klingelte drinnen das Telefon.
    Massimo öffnete

Weitere Kostenlose Bücher