Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Heroin, den wir über Finesto von der estnischen Polizei erhalten haben, als fehlerhaft erwies, und die Operation im Westhafen verlief im Sand.«
»Ein korrupter finnischer Polizist … Ein ziemlicher Skandal, falls sich das bewahrheiten sollte.«
»Wir werden Tanners Aktivitäten gründlich unter die Lupe nehmen«, fuhr Auer fort. »Sein Informant muss ausfindig gemacht werden. Und aus dem müssen wir dann so viel wie möglich herauskriegen. Darüber darf dann allerdings nichts nach außen sickern, und es muss auch innerhalb der Polizei möglichst geheim gehalten werden. Wir gehen damit erst an die Öffentlichkeit, wenn Tanner gefasst ist und die Ermittlungen die Vorwürfe gegen ihn bestätigt haben.«
19
Der Pendolino von Helsinki nach Tampere bremste und hielt kurz darauf am Bahnhof Hämeenlinna. Die aussteigenden Reisenden versuchten die Türen zu öffnen, aber die blieben versperrt. Sogleich wurde lautstark über die ständig streikende Technik in den Zügen lamentiert.
Auf dem Bahnsteig warteten zwei Polizeipatrouillen, eine davon mit Hund. Die Schaffner ließen die Hundepatrouille durch die vorderste Zugtür einsteigen und die andere Patrouille durch die hinterste. Die Polizisten gingen von einem Waggon zum nächsten und sahen dabei jedem Reisenden ins Gesicht.
In der Mitte des Zuges trafen sie sich verdutzt: von Riku Tanner keine Spur, obwohl sein Handy in dem Zug geortet worden war.
Riku parkte den Wagen am Seeufer und stieg aus. Er hatte sich mehrmals versichert, dass ihm niemand von Tikkurila nach Askola gefolgt war. Mira hatte sich nicht mit ihm treffen können, und vielleicht war das auch besser so. Er wusste, dass sie ihm vertraute, aber er wusste auch, dass sie viele negative und zweifelhafte Dinge über ihn hören würde, von Leuten, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hatten, ihn anzuschwärzen. Und dass er in einer Notwehrsituation gezwungen gewesen war, Nowikow zu erschießen, hatte alles nur noch schlimmer gemacht.
Leo sprang aus dem Wagen und rannte auf den alten Mann zu, der ihnen auf dem Pfad entgegenkam.
Riku streckte sich, der Druck ließ keine Sekunde nach. Um ihn herum flimmerte die lautlose Stille des Waldes. Unablässig behielt er seine Umgebung im Blick. Neben dem Steg schaukelte ein altes, gut gepflegtes Ruderboot. Aus dem Schornstein der Blockhütte, die sich hinter den Bäumen abzeichnete, stieg träge Rauch in die windstille Luft auf. Einen Augenblick lang wünschte Riku sich, er könnte alles vergessen und mit Leo ein paar friedliche Tage in dieser Idylle verbringen.
Der bärtige, groß gewachsene Kalle begrüßte Leo fröhlich und verwuschelte ihm die Haare. Er lächelte über das ganze zerfurchte Gesicht.
»Gehen wir gleich angeln?«, fragte Leo begeistert, ohne die Begrüßung zu erwidern.
Kalle lachte. »Na, dann hol mal auf der Stelle die Angel, und ein paar Würmer werden wir schon finden, wenn wir tief genug graben«, antwortete er und warf dabei einen forschenden Blick auf Riku.
»Gut, dass du kommen konntest«, sagte Riku leise zum Onkel seiner Mutter. Kalle war trotz seines Alters gut in Form, und Riku vertraute dem ehemaligen Tiefbaumaschinenunternehmer völlig.
Oft hatte Leo gefragt, ob Onkel Kalle sein Großvater sei. In gewisser Weise schon, hatte Riku geantwortet. Es war sein Wunsch, dass Kalle für Leo wie ein Opa war, der sich mit dem Kind verstand und ihm Sicherheit gab. Kalle ging in dieser Rolle perfekt auf. Leos Frage, was denn mit seinem richtigen Großvater passiert sei, hatte Riku nur schwer beantworten können und vage erklärt, der Großvater sei in einem weit entfernten Land gestorben. Diese Antwort genügte Leo vorläufig, aber sicherlich nicht mehr lange.
»Ich bin gleich nach deinem Anruf losgefahren.«
»Die Russen sind hinter Leo und mir her«, erklärte Riku noch leiser als zuvor. »Geh nicht ans Telefon, außer wenn ich anrufe! Vertraue niemandem außer mir, auch nicht der Polizei!Und wenn ich dich anrufe und dich mit ›Onkel Kalle‹ anrede, dann bedeutet das, dass ich gezwungen werde, etwas gegen meinen Willen zu sagen.«
Riku wandte den Blick nicht von Kalles erstaunten Augen ab und flüsterte weiterhin, damit Leo, der an der Hütte die Angelschnur um die Rute wickelte, auf keinen Fall etwas hörte: »In dem Fall stecke ich in ernsthaften Schwierigkeiten. Dann musst du so schnell wie möglich von hier verschwinden und Leo woanders verstecken, mit allen Mitteln. Überlege dir jetzt schon das nächste Versteck, aber verrate es
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