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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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an.«
    »Fahren wir mit dem Zug?«
    Riku half Leo vom Rücksitz und nahm ihn an der Hand. Der Himmel war bewölkt, und es wehte ein warmer Wind. Riku versuchte sich zu beruhigen, doch immer wieder sah er Nowikow vor sich liegen, ein ums andere Mal hörte er dessen Unheil verkündende Worte, die zwei Dinge unwiderruflich klarstellten: dass er und Leo sich in unmittelbarer Lebensgefahr befanden und dass es in der Zentralkripo eine undichte Stelle gab. Es musste sie geben, denn ohne einen Geheimnisverräter bei der Polizei hätte Nowikow nicht all das wissen können, was er wusste.
    Riku vertraute Mira zu hundert Prozent, manch anderen Kollegen jedoch kein bisschen.
    Leo drückte seine Hand. »Wo gehen wir hin?«
    »Ich muss nur eine Kleinigkeit erledigen, dann fahren wir weiter.«
    Ein Mann, der über den Bahnsteig ging, ließ Riku zusammenzucken: Der Mann sah aus wie sein Vater in jungen Jahren. Er zog einen Pilotenkoffer auf Rollen hinter sich her, seine Haltung und seine Kleidung hatten irgendwie etwas Internationales an sich, einen Hauch von großer weiter Welt. Doch als Riku genauer hinschaute, stellte er fest, dass ihm das Gesicht natürlich vollkommen fremd war.
    Ähnliches war ihm schon früher passiert. Hoffnung war das falsche Wort, um seine Empfindung zu beschreiben, denn wenn sein Vater trotz allem noch am Leben wäre, hieße das auch, dass er sein einziges Kind nicht sehen wollte. Und das war in gewisser Weise noch deprimierender als ein toter Vater.
    Die Vorstellung, sein Vater könnte noch am Leben sein, war irrational, aber andererseits kannte Riku Fälle, in denen Verschollenenach Jahrzehnten wieder aufgetaucht waren. Früher hatte er wahre Geschichten über verschwundene Personen verschlungen und sich mit den Angehörigen und ihrer Not identifiziert. Obwohl es schmerzhaft war, hatte er die Berichte immer wieder gelesen, auf der Suche nach etwas Trost im Schicksal anderer Menschen, die das Gleiche wie er erlebt hatten.
    Jetzt fuhr der Pendolino nach Tampere in den Bahnhof ein. Mit Leo an der Hand stieg Riku in den Zug, setzte sich rasch auf einen freien Platz und nahm das Handy aus der Tasche. Er hatte darin keinerlei Informationen gespeichert, nicht einmal die empfangenen Anrufe oder die gewählten Nummern, von Textnachrichten ganz zu schweigen. Möglichst unauffällig versteckte er das Telefon zwischen den zwei Sitzen.
    »Warum …«, wollte Leo schon fragen, aber Riku legte ihm den Finger auf die Lippen, stand auf und verließ mit dem verdutzten Jungen an der Hand wieder den Zug.
    »Das ist ein kleiner Trick, den wir niemandem verraten dürfen«, sagte er auf dem Weg zum Kiosk. Er hörte, wie angespannt seine Stimme klang, und warf einen prüfenden Blick auf Leo, aber dessen Augen leuchteten bereits vor Begeisterung.
    »Ein guter Trick«, stellte Leo so sachlich fest, dass Riku kurz glaubte, der Junge würde tatsächlich verstehen, was sein Vater gerade getan hatte.
    »Jetzt kaufen wir eine neues Handy-Karte«, erklärte Riku und öffnete die Tür zum Kiosk. Er hatte ein Ersatzhandy im Auto, aber keine Prepaid-Karte mehr.
    »Und Proviant«, mahnte Leo und wollte sofort auf das Regal mit den Süßigkeiten zulaufen.
    »Nicht alleine losrennen!«, rief Riku und nahm seinen Sohn fest an der Hand.

18
    Mira Jalava verzog keine Miene, während sie die SMS las. Sie kam gerade aus einer Besprechung, bei der sie von den seltsamen Verdächtigungen gegen Riku erfahren hatte. Er habe den Mörder von Vera Dobrina erschossen und sei dann verschwunden. Warum?
    »Derselbe Ort wie bei Kaskis Observation, in einer halben Stunde«, lautete die SMS.
    Mira spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Riku meinte Mellunkylä, wo sie neulich einen estnischen Verdächtigen beschattet hatten. Am Ende des Ganges blieb sie neben der Sitzgruppe mit den Grünpflanzen stehen und antwortete: »Ich kann frühestens in zwei Stunden.«
    Sie fuhr zusammen, als sie eine Stimme hinter sich hörte: »Mira, würdest du kurz in mein Büro kommen, ich brauche deine Meinung zu ein paar Berichten.«
    Sie sah Jere Saari an. »Gleich«, antwortete sie und zwang sich zu einem möglichst natürlichen Lächeln. »In fünf Minuten.«
    Der Atem des blassen, schlaff wirkenden Saari roch wieder einmal nach starken Pastillen, aber dahinter wehte die Alkoholfahne. Mira löschte die Nachricht, die sie verschickt hatte, sofort und ging in ihr Büro. Sie zog die Tür zu, lehnte sich dagegen und schloss die Augen.
    Was war passiert? Riku hatte garantiert einen

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