Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Angehörige der Miliz ihn als Störer ins Auge gefasst hatten und auf ihn zukamen. Hastig sah Riku sich um.Zwischen den Gebäuden in der Nähe entdeckte er eine enge Gasse.
Im Schutz der Menschenmenge löste er sich aus den Reihen der Marschierer und verschwand zwischen den Neugierigen am Straßenrand, drängte sich zwischen ihnen hindurch und bog in die Gasse ab. Kaum hatte er sie erreicht, rannte er wieder los. Seine Schritte hallten unnatürlich laut von den Häuserwänden wider.
Als das Stimmengewirr verklang, blickte er sich um. Es war niemand hinter ihm in der Gasse zu sehen, aber er rannte trotzdem weiter. In der Ferne blitzten der Fluss und der Uferboulevard auf.
29
Als Sebastian zurückkam, musterte Elina ihn aufmerksam. Er wirkte jetzt wie ein fremder Mensch, und sie war auf der Hut.
Die beiden Linden im Innenhof sorgten für schattiges, grünliches Licht in der Küche. Elina stellte Teller und Tassen auf den Tisch.
Sie hatte überlegt, ob sie auf der Stelle verschwinden sollte. Aber dann hatte sie beschlossen, herauszufinden, was da vor sich ging. Sie glaubte nicht, dass Sebastian eine körperliche Gefahr für sie darstellte, so weit vertraute sie ihrer Menschenkenntnis.
»Wann hast du eigentlich deinen Flug nach Helsinki gebucht?«, fragte sie. Dabei sah sie Sebastian in die Augen und stellte fest, dass sich sein Gesichtsausdruck nicht veränderte.
»Warum fragst du?«
»Ich dachte nur, dass er wahnsinnig teuer gewesen sein muss, weil du ihn so kurzfristig buchen musstest.«
Sebastian setzte sich an den kleinen Tisch am Fenster. »Ich muss dir etwas sagen.«
Elinas Herz schlug noch heftiger. Sie wusste nicht, was sie zu hören befürchtete oder was sie hören wollte, sie wusste nur, dass sie zerbrechen würde, wenn sich Sebastian nach all den Ereignissen der letzten Zeit als Schwindler entpuppen würde – oder als jemand noch Schlimmerer.
»Ich wollte in jedem Fall nach Helsinki kommen. Um dich zu sehen, aber auch, um Vera zu treffen.«
Elina hielt den Blick fest auf Sebastians Gesicht gerichtet. Siekonzentrierte sich auf seine Augen, um ihre Angst unter Kontrolle zu halten. Die Augen sahen sie ernst und aufrichtig an.
»Als wir uns im Stasi-Archiv trafen, war ich nicht nur zum Fotografieren dort. Ich hatte mir ein paar Dinge angesehen, die mit der Familie meines Vaters zu tun haben.«
»Was für Dinge?«
»Was versucht man normalerweise in Stasi-Akten zu finden?«
»Hat jemand …«
»Die Einzelheiten erzähle ich dir später, jetzt ist das Wichtigste, dass du die Hauptfakten kennst. Bei meinen Nachforschungen tauchte auch ein russischer Name auf: Rybkina. Als ich Vera traf, kam ich auf die Idee, dass sie als investigative Journalistin etwas über diese Frau Rybkina herausbekommen könnte. Aber da es sich um eine sehr persönliche Angelegenheit handelte, wollte ich niemand sonst mit hineinziehen. Auch dich nicht.«
Elina wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Du hast in der Cafeteria der Bibliothek das Heft aus meiner Handtasche gestohlen. Warum hast du mir stattdessen nicht einfach offen gesagt, was los ist?«
»Was hast du sonst noch beim Wühlen in meinen Sachen gefunden?«
»Du kannst es dir nicht leisten, den Beleidigten zu spielen. Jetzt ist deine letzte Gelegenheit, mir genau zu sagen, was du eigentlich treibst. Wenn du es nicht tust, verlasse ich sofort die Wohnung.«
»Elina, es tut mir leid … Wie gesagt, alles hat mit meinem Vater zu tun. Auch die Verbindung nach Russland. Ich erzähle dir mehr davon, sobald ich etwas Sicheres weiß.«
»Vertraust du mir nicht?«
»Darum geht es nicht. Das Ganze hat nichts mit dem Mord an Vera zu tun, auch nicht mit der Bedrohung, der du ausgesetzt warst.«
»Welche Rolle spielt Ralf Tanner dabei? Ist er mit Riku Tanner verwandt?«
»Soweit ich weiß, sind sie Vater und Sohn. Aber mehr ist mir nicht bekannt, du brauchst also nicht weiter danach zu fragen. Ich werde jetzt meinen Vater besuchen.«
»Ich komme mit.«
Auf Sebastians Lippen bildete sich ein gequältes Lächeln. »Wir werden irgendwann zu einem besseren Zeitpunkt zusammen hingehen. Ich schaue nur rasch bei ihm vorbei.«
Elina überlegte kurz, dann gab sie widerwillig nach.
»Mach dich darauf gefasst, dass du mir anschließend alles ehrlich erzählen wirst! In gehe inzwischen in die Karl-Liebknecht-Straße«, sagte sie und meinte damit das BstU-Archiv, wo die Stasi-Akten aufbewahrt wurden. »Ich muss noch ein bisschen an meinem Buch feilen.«
Sie zog schweigend
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