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Die schöne Ballerina (German Edition)

Die schöne Ballerina (German Edition)

Titel: Die schöne Ballerina (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Augen. Ihr Herz schlug plötzlich zum Zerspringen. So wild hatte es früher geklopft, wenn sie vor einem besonders schwierigen Auftritt darauf gewartet hatte, dass der Vorhang aufging. Was sie jetzt empfand, war fast die gleiche Mischung aus Furcht und Erwartung und doch viel stärker. Sie sah auf Seths Mund und fühlte ein fast unerträgliches Verlangen nach ihm.
    Langsam, als stünde die Zeit für sie still, näherten sich ihre Gesichter einander. Dann lagen sie sich in den Armen, und seine Lippen legten sich sanft auf die ihren. Und es war, als hätten sie sich schon immer gekannt und nicht erst seit gestern.
    Sein Mund glitt wie im Spiel über ihre Lippen, leicht und zart. Er schob die Hände in ihren Mantel, und deren Wärme drang durch das dünne Kleid. Als er ihre Unterlippe mit seinen Zähnen einfing, war ihr, als schösse ein Stromstoß durch ihren Körper. Ihre Knie zitterten. Sie umklammerte ihn, als verlöre sie den Halt unter den Füßen. Jetzt wurden seine Küsse fordernd und leidenschaftlich, und sie drängte sich enger an ihn, als sein Mund über ihren zurückgebogenen Hals glitt. Sein Haar kitzelte ihre Wange wie Schmetterlingsflügel, und sie konnte dem Verlangen nicht widerstehen, ihre Finger darin zu vergraben.
    Dann fühlte sie, wie er den Reißverschluss ihres Kleides öffnete. Zärtlich liebkosten seine Hände ihre nackte Haut, und ihr war, als verbrenne ihr Rücken unter seiner Berührung. Ihre Zunge drängte sich in seinen Mund, und ihr eigenes Begehren machte ihr plötzlich Angst. Sie erschrak vor der Macht ihres Gefühls und der Schwäche ihres Willens.
    Mit letzter Kraft stieß sie sich mit den Händen von seiner Brust ab. Er löste sich von ihren Lippen, hielt sie jedoch weiter fest umschlungen.
    »Nein, ich …« Lindsay schloss einen Augenblick die Augen und rang nach Atem. Dann hörte sie sich sagen: »Es war ein reizender Abend. Vielen Dank, Seth.«
    Er sah sie verdutzt an. »Findest du deine kleine Ansprache nicht etwas fehl am Platz in diesem Augenblick?«
    »Du hast ja recht, aber …« Lindsay drehte ihr Gesicht zur Seite. »Ich glaube, ich gehe ins Haus. Ich habe keine Übung …«
    »Übung?« Seth griff mit der Hand unter ihr Kinn und bog ihr Gesicht zu sich zurück.
    Sie schluckte, denn sie wusste nur zu gut, dass sie selbst die Szene, die zum Schluss etwas außer Kontrolle geraten war, heraufbeschworen hatte. »Bitte … Ich bin in diesen Dingen noch nie besonders gut gewesen …«
    »Was für ›Dinge‹ meinst du, um Himmels willen?« Seth hielt sie immer noch fest umschlungen.
    »Seth«, Lindsays Herz schlug fast wieder so wild wie zuvor, »bitte, lass mich gehen, bevor ich mich ganz und gar lächerlich mache.«
    Eine Sekunde lang blitzten seine Augen sie zornig an. Dann presste er seine Lippen hart auf ihren Mund.
    »Morgen«, stieß er zwischen den Zähnen hervor und ließ sie abrupt los.
    Lindsay taumelte ein wenig. Mit beiden Händen strich sie ihr zerzaustes Haar zurück und stammelte: »Ich glaube, ich sollte lieber nicht …«
    »Morgen!«, wiederholte er knapp, drehte sich auf dem Absatz um und lief zum Wagen.
    Lindsay blieb stehen, bis die Schlusslichter nicht mehr zu sehen waren. Morgen, dachte sie, und plötzlich fröstelte sie.

6. K APITEL
    Lindsay war spät aufgestanden, und so wurde es Mittag, bevor sie ihre Übungen an der barre beendet und sich umgezogen hatte. Da sie dem Besuch in Cliff House nicht durch elegante Kleidung besondere Bedeutung geben wollte, zog sie sich bewusst lässig an. Ihr rostfarbener Jogginganzug schien ihr für diese Gelegenheit genau das Richtige zu sein. Sie warf sich die dazu passende Jacke lose über die Schultern und rannte die Treppe hinunter – geradewegs in Mrs Moorefields Arme, die in diesem Augenblick das Haus betrat.
    Carol Moorefield und ihr Sohn Andy waren so verschieden wie Tag und Nacht. Sie war klein, schlank, hatte glattes brünettes Haar und wirkte gleichzeitig welterfahren und jugendlich. Andy glich ganz seinem Vater, den Lindsay nur von Fotos her kannte, denn er war schon vor zwanzig Jahren gestorben.
    Nach dem Tode ihres Mannes hatte Carol das Blumengeschäft übernommen und es mit viel Geschäftssinn und Geschmack weitergeführt. Lindsay hatte im Laufe der Jahre Carols Urteil immer mehr schätzen gelernt, und zwischen den beiden altersmäßig so ungleichen Frauen hatte sich eine tiefe Freundschaft entwickelt.
    »Das sieht ja fast aus, als wolltest du noch einen Langlauf machen«, rief Carol, während sie die

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