Die schöne Betrügerin
Bettzeug hinterlassen, hatte ihn von ihr umgeben aufwachen lassen, obwohl er alleine erwacht war.
Robbie hatte sich auf Phillipas Bett breit gemacht. Die Decken waren erfreulich zerwühlt, und der Junge schnarchte geräuschvoll. James grinste, beugte sich über Robbie und strich ihm eine wirre schwarze Locke aus der Stirn. Robbie regte sich und schlug einen Spalt die Augen auf. »Geh weg. Bin müde.«
»Das bist du allerdings, mein Sohn. Versuch wenigstens, nicht den Putz von der Decke zu schnarchen«, sagte James mit einem leisem Lachen.
»Mmpf.« Robbie schlug nach der Hand in seinem Haar.
James ließ ihn schlafen und drückte ihm noch einen Kuss auf die Stirn. Er drehte sich um. Phillipa und seine Schwester beobachteten ihn von der Tür aus. Agatha schien hocherfreut, doch Phillipa kämpfte mit den Tränen.
»Was ist denn, Flip?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist nur so… schön, euch beide zusammen zu sehen.«
Er lächelte sie an. »Ich könnte es einrichten, dass du diesen Anblick dein restliches Leben lang genießen kannst.«
Sie zwinkerte ihn an. »Was meinst du damit?«
Agatha verdrehte die Augen und murmelte etwas, das sich anhörte wie: »Das wurde aber auch Zeit, verdammt noch mal, du verfluchter Blödmann.« Dann verschwand sie den Gang hinunter und ließ James und Phillipa mit dem schlafenden Robbie allein.
James kam näher und nahm ihre Hand. »Letzte Nacht, als ich dich gebeten habe zu bleiben, habe ich das Wichtigste vergessen, nicht wahr?«
Sie biss sich auf die Lippe. »Ach ja?«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Deshalb hast du auch abgelehnt, oder?«
Sie blinzelte hastig ein paar Mal, dann nickte sie. Schließlich hob sie die strahlend grünen Augen, sah ihn an und strich ihm mit dem Finger übers Kinn. »Ich wusste nicht recht, was du von mir willst, nehme ich an. Willst du es mir sagen?«
Ihr sagen? James hatte das Gefühl, dass sie über zwei völlig verschiedene Dinge sprachen. »Ich bin gekommen, um dich um deine Hand zu bitten.«
Sie ließ die Hand sinken. »Verstehe«, sagte sie und wirkte nicht im Geringsten überrascht. »Warum?«
»Warum? Wegen letzter Nacht und gestern, und weil du für mich getanzt hast, natürlich. Wir sind ein Liebespaar. Ich bin ein Gentleman, und du bist eine Lady. Nach derartigen Intimitäten bleibt uns gar keine andere Wahl, als zu heiraten!«
»So?« Sie entzog ihm ihre Hand. »Nein, danke.«
»Nein?«
»Nein.« Sie drehte sich um und wollte gehen. James griff nach ihrer Hand und hielt sie auf.
»Aber die Etikette verlangt -«
»Die Etikette kann zum Teufel gehen!« Sie zog die Hand wieder weg, diesmal mit Gewalt. »Ich bin gerade mal zwanzig Jahre alt, James. Eine Ehe ist für das ganze Leben. Willst du mich dazu verdammen, Jahrzehnte mit einem Mann zu verbringen, dem nichts an mir liegt?«
»Wie kannst du das sagen? Natürlich liegt mir an dir!«
Phillipa wurde ganz still, doch ihr Herz raste. »Wirklich?« Sollte sie sich getäuscht haben, was seine Gefühle anging? Liebte er sie etwa doch?
»Und Robbie liegt auch an dir.« Er lächelte sie an. Das jungenhafte Grinsen auf seinem Männergesicht hätte ihr Herz fast erweicht. »Du hast Verpflichtungen, Phillipa, ob du nun willst oder nicht.«
Vielleicht… vielleicht verlangte sie ja zu viel, zu früh. Vielleicht würde er sie, wenn sie ihn heiratete, irgendwann genau so lieben, wie sie ihn liebte. Sie näherte sich ihm, spürte den starken Sog seines Körpers. Vielleicht konnte sie ihn lehren zu lieben …
»James!« Stubbs kam ins Zimmer getrabt, wedelte mit einem Blatt Papier herum und krähte: »Wir haben ihn! Der Kerl, dem Lady Winchell diesen ganzen Blödsinn schreibt, hat seine Briefe endlich abgeholt! Feebles ist ihm auf den Fersen!«
James ließ, ohne zu zögern, Phillipas Hand los und griff nach der Nachricht. Seine Augen erhellten sich beim Lesen mit einem unheiligen Leuchten. Phillipa wich zurück. Sie ertrug es nicht, so dicht am lodernden Feuer seiner Obsession zu stehen.
»Jetzt haben wir dich, du verlogene Schlampe.« James’ Stimme klang vor Hass ganz entstellt.
Obwohl sie wusste, dass er Lavinia meinte, spürte Phillipa das brennende Gift. Er empfand eine solche Leidenschaft für diese Frau, war von solcher Gier. Phillipa hatte irgendwann einmal gehört, dass der Grat zwischen Hass und Liebe ganz schmal war, jetzt sah sie es mit eigenen Augen.
James ließ sie wortlos stehen, sein Heiratsantrag war in den Flammen seiner Obsession zu Asche verglüht. Phillipa sah
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