Die schöne Betrügerin
ihm nach, wie er mit Stubbs den Gang davoneilte.
»Ist er weggegangen?«
Die leise Stimme kam aus dem Bett. Phillipa drehte sich um und sah ein blaues Augenpaar aus dem unordentlichen Haufen Bettzeug spähen. »Ja, ich fürchte schon.«
Robbie zwinkerte. »Ich dachte…«
»Ich auch, mein Schatz.« Sie seufzte. »Ich auch.«
Wie kurz dieser Traum doch gewesen war. Der Verlust ließ ihr Herz schmerzen. Sie war eine Närrin gewesen, als sie geglaubt hatte, James Cunnington könne sie jemals mehr lieben, als er Lavinia Winchell hasste.
Nachdem sie Robbie wieder in heilsamen Schlaf gewiegt hatte, machte sie sich auf den Weg in die Küche, obwohl sie keinen Appetit mehr auf ihr Frühstück hatte. Agatha wartete auf sie und plauderte mit Kurt, quasselte Kurt die Ohren voll, denn der grunzte nur gelegentlich.
Und Kurt hatte Agatha wirklich gern.
Als sie Phillipa entdeckte, sprang Agatha erwartungsvoll auf. »Und?«
Phillipa blinzelte irritiert. »Ich weiß nicht, was Sie von mir hören wollen, Agatha. James ist mit Mr. Stubbs unterwegs, um den Fall Winchell zu verfolgen.«
Agatha riss erst den Mund auf, dann zog sie die Augen zusammen. »Er hat es
verpatzt!
Ich wusste, dass er wieder Unsinn macht, ich wusste es einfach!«
Phillipa fühlte sich genötigt, James zu verteidigen, hatte aber keine Ahnung, wie. »Falls Sie seinen Heiratsantrag meinen, den hat er nicht verpatzt. Er war sehr höflich.«
Agatha schlug die Hand vor den Mund. »Ach je!
Höflich!"
Ihre Wut verwandelte sich in Mitgefühl. »Phillipa, es tut mir so Leid.«
Phillipa straffte die Schultern und reckte das Kinn. »Unsinn.
Ich
habe abgelehnt.«
»Aber
natürlich
! Recht so! Allein der Gedanke, dass er schon wieder auf und davon ist, um mit Lavinia Katz und Maus zu spielen.«
»Sie wissen über Lady Winchell Bescheid?«
»Das kann man wohl sagen. Die Frau ist vollkommen wahnsinnig, wenn Sie mich fragen. Vor allem, wenn es um James geht. Sie war so eifersüchtig, dass sie mich umbringen wollte, weil sie mich für seine Geliebte gehalten hat und nicht für seine Schwester.«
Agatha eilte um den Tisch herum und an Phillipa vorbei. »Ich muss mit Clara reden! Sie weiß, wie man mit meinem Bruderherz umgeht.«
Als die Tür hinter Agathas kurvenreicher Figur ins Schloss fiel, konnte Phillipa noch ganz deutlich ihre Stimme hören. »
Höflich!
Ach, Jamie, du verfluchter Blödmann!«
Aber was Agatha über Lavinia Winchell gesagt hatte, behielt Phillipa letztlich im Kopf. »…
vollkommen wahnsinnig
…
vor allem
,
wenn es um James geht.«
Wie wahnsinnig war diese Lady Winchell nun wirklich? Wahnsinnig genug, um sich zu verplappern, wenn ihr schlimmster Albtraum wahr wurde?
James und Stubbs waren in den folgenden Stunden auf Feebles’ Fährte in halb London unterwegs. Wann immer sie in einem der Pubs eintrafen, von wo aus Feebles ihnen per Bote eine Nachricht hatte zukommen lassen, traf auch schon eine neue Nachricht ein, die sie zur nächsten Station ihrer Verfolgungsjagd beorderte. Diese Art Schnitzeljagd funktionierte immer und versorgte die Verfolger mit den Informationen, die sie so dringend benötigten.
Doch dann verlief die Jagd im Sande. Als sie in einer schmuddeligen Schankstube im schlimmsten Viertel von Cheapside eintrafen, fanden sie dort Feebles höchstpersönlich vor; er nippte trübsinnig an seinem Ale.
»Hab ihn verloren.«
James ließ sich neben dem kleinen zerlumpten Mann auf die Bank plumpsen. Feebles war der Beste: klein, schnell und nahezu unsichtbar. Der Typ, der Feebles abhängte, musste ein wirklicher Profi sein.
»Verdammt.« Aber Fluchen war sinnlos. Es gab keine Worte, die den Zorn hätten dämpfen können, der in ihm tobte. »Glaubst du, er wollte tatsächlich hier in die Gegend?«
Feebles zuckte die Achseln. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Hat mich ziemlich rumgejagt, das hat er. Hat mich aufgezogen wie so einen kleinen mechanischen Affen.« Er stierte in sein Ale. »Wird für Feebles vielleicht langsam Zeit, den Job an den Nagel zu hängen, James.«
»Ganz bestimmt nicht, du Narr.« James erhob sich ein Stück und klopfte Feebles auf den Rücken, sodass eine kleine Staubwolke aufstieg. »Wir wissen jetzt, dass er wirklich existiert, und wir haben eine Beschreibung. Geh zu Lady Clara und lass sie den Bastard für uns zeichnen.«
Feebles sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Hab sein Gesicht nicht erkennen können, null. Er hat sich die Mütze ins Gesicht gezogen und den Kragen hoch
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