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Die schöne Betrügerin

Die schöne Betrügerin

Titel: Die schöne Betrügerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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immer dann am meisten gemocht, wenn ich nicht zu Hause war. Ich denke, er war auf seine Weise irgendwie stolz auf mich – solange er meinetwegen nicht seine Arbeit unterbrechen musste.«
    Robbie hatte ihn lange angesehen. Dann hatte er James mit einer ungewöhnlich sauberen Hand den Arm getätschelt. »Mach dir keine Sorgen. Wenn du krank bist, setz ich mich an dein Bett.«
    James gab sich zwar Mühe, Robbies feierlicher Worte wegen nicht aufzulachen. Doch eigentlich verspürte er tief in der Kehle einen Schmerz. »Danke, mein Sohn. Das wird mir eine große Hilfe sein.«
    Robbies Augen hatten gestrahlt, als er ihn so genannt hatte. Er hatte aber nichts weiter gesagt, sondern sich nur wieder hingelegt und James’ Worten gelauscht. Als James ein paar Seiten später aufgesehen hatte, schlief Robbie wie ein Murmeltier, die kleinen Fäuste unter dem Kinn.
    Da lugte doch etwas aus einer Faust hervor. James zog den kleinen Zinnsoldaten aus dem lockeren Griff seines Sohnes. Die Figur war verbogen und gekrümmt, als wäre jemand darauf getreten. Der arme Soldat sah aus, als würde er kriechen.
    James legte die Figur vorsichtig auf den Nachttisch. Er wusste genau, welchen Stellenwert ein kaputtes Spielzeug unter den Schätzen eines kleinen Jungen hatte. Das zerdrückte Ding musste eine besondere Bedeutung für Robbie haben, und James respektierte das.
    Jetzt, da der Club leer und still war und sogar der Straßenlärm sich gelegt hatte, hatte James das Gefühl, er und Robbie und der kleine Zinnsoldat seien allein auf der Welt.
    Was natürlich Unsinn war, weil Phillipa im Zimmer nebenan schlief. Sie hatte heute nicht mehr mit ihm gesprochen, aber James war, offen gesagt, froh über ihr distanziertes Benehmen. Er musste sich noch mit dieser kleinen nörgelnden Stimme arrangieren, die ihn ständig daran erinnerte, dass es ihm bei früheren Gelegenheiten an Urteilsvermögen gefehlt hatte.
    Was wusste er wirklich von ihr? Sie war eine fabelhafte Schauspielerin, eine begnadete Lehrerin und ein talentierter Liar. Sie konnte jede Rolle spielen, vom jungen Mann bis zur exotischen Verführerin, und sie tat es überzeugend.
    Konnte es sein, dass sie auch jetzt noch spielte? Konnte es sein, dass der ganze Club ihrem chamäleonartigen Charme verfallen war? Die Liars waren allesamt Helden, egal woher sie kamen. Und wie hätte man eine Truppe Helden besser verführen können, als wenn man vorgab, Hilfe zu brauchen?
    Ein armes Mädchen ohne Freunde, das die Unschuld ihres entführten Vaters beweisen und sein Leben retten wollte. Es war so reizvoll, ihr zu glauben. Er konnte seine Haremsdame haben und seinen Freund. Er konnte haben, wovon jeder Mann träumte – eine tapfere, bezaubernde Partnerin, die zu ihm passte wie das fehlende Teil eines Puzzles.
    Es wäre so einfach gewesen, ihr zu glauben. Er wollte ihr so gern bedingungslos glauben.
    Das allein reichte, ihn zweifeln zu lassen.
    Im Club war es schon lange ruhig. Phillipa drückte ihr Ohr an die Tür und lauschte. Nichts. Vor einer Weile war nebenan noch James’ murmelnde Stimme zu hören gewesen, aber inzwischen war sie längst verklungen.
    Es musste weit nach Mitternacht sein. Phillipa zog leise die Tür auf. Der Gang war dunkel und still. Sie nahm ihre Kerze und die Schachtel mit den Zündhölzern, die Fisher ihr gegeben hatte. Dann schlich sie den Gang entlang, lautlos wie ein Nebelhauch.
    Der Teppich auf dem Boden dämpfte ihre vorsichtigen Schritte, und sie ließ eine Hand an der Wand entlangstreifen. Am Ende des Gangs befand sich die geheime Tür, die auf dieser Seite allerdings nicht so gut kaschiert war.
    Es gelang ihr nach einigem Gefummel, den Mechanismus zu entriegeln, aber sie traute sich nicht zu, die Tür auch von der anderen Seite her aufzubekommen. Also holte sie ein kleines Holzstück aus der Tasche und klemmte es in den Rahmen, sodass die Tür nicht ganz zufallen konnte.
    Sie stand jetzt auf dem dicken Teppich in jenem Teil des Gangs, der nach Wachs und Zitronenöl roch und nicht nach Staub und altem Wollläufer.
    Links musste die Besenkammer sein. Ihr Ziel befand sich auf der rechten Seite. Jackhams Büro. Jackham, der humpelte. Der »verfluchte Dieb«.
    »Er war früher mal ein großer Dieb.« Robbies Worte waren ihr erst heute Abend wieder in den Sinn gekommen, und sie wusste nicht recht, ob sie richtig lag. James kannte Jackham seit Jahren; die beiden waren Freunde.
    Würde James ihrem Verdacht überhaupt Beachtung schenken? Zumal der Hinweis auch noch von

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