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Die schöne Betrügerin

Die schöne Betrügerin

Titel: Die schöne Betrügerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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geboten hätten. Genau betrachtet, sah das Zimmer in dem trüben Licht, das aus der erleuchteten Eingangshalle durch die Tür drang, ziemlich kahl aus.
    Wie hatte sein eigenes Zimmer eigentlich ausgesehen, als er noch ein Junge gewesen war? Völlig chaotisch, soweit er sich erinnern konnte. Von Schlägern und Bällen, über seine Sammlung von Vogelnestern, die er für unermesslich kostbar gehalten hatte, war das Zimmer mit jeglichem Plunder voll gestopft gewesen, den eine Kindheit auf dem Lande nur hergab.
    Dieser Raum enthielt nichts, das mit Kindsein zu tun hatte. Die würdevollen Wälzer im Bücherregal würden vermutlich auf Jahre, wenn nicht für immer ungelesen bleiben. Auf der polierten Kommode lag lediglich eine riesige Haarbürste, die wahrscheinlich kaum je benutzt wurde.
    Das Gemach hatte etwas unerschütterlich Dauerhaftes an sich, während sein Bewohner irgendwie vorübergehend wirkte, als wäre Robbie nur ein nicht sonderlich willkommener Gast, der bald wieder verschwinden würde.
    Als er den schlafenden Jungen erneut betrachtete, sah er etwas unter dem Kissen hervorblitzen. Er zog es vorsichtig heraus. Es war die Fibel, die Phillip und er gezeichnet hatten, liebevoll in ein Stück Leinen gewickelt.
    Bestimmt sucht Denny die weiße Serviette, ging es James durch den Kopf. Dann blätterte er das kleine Buch durch. Irgendjemand, vermutlich Phillip, hatte die Seiten gelocht und mit einem sonderbar femininen Seidenband zusammengehalten.
    Die Fibel wirkte schon recht benutzt, wenn auch mit Vorsicht. Eine der Seiten schien besonders beliebt zu sein.
    Z steht für Zap.
    James lächelte, als er sich erinnerte, wie frustriert Phillip an jenem Tag gewesen war. Er wickelte die Fibel vorsichtig ein und schob sie wieder unter das Kissen. Zumindest war ein klein wenig von Robbie im Raum, ein klein wenig von ihnen allen, eigentlich.
    James machte leise die Tür hinter sich zu, obwohl er vermutlich durch das Haus hätte rennen und mit sämtlichen Türen hätte knallen können, ohne Robbies Schlaf auch nur im Geringsten zu stören.
    Er lachte bei der Vorstellung und machte sich auf, seinen verschwundenen Hauslehrer zu suchen.

18. Kapitel
    Phillips Zimmer war nicht weit von Robbies und nur ein paar Türen von James’ Privaträumen entfernt. Es hatte kein Anlass bestanden, Phillip bei Denny im dritten Stock einzuquartieren, wo sich die Dienstbotenunterkünfte befanden, denn schließlich war es sinnvoller, wenn Phillip in Robbies Nähe war.
    James klopfte an die Tür, bekam aber keine Antwort. Er trat ein und fand den Raum dunkel vor. Nur die letzten paar Kohlen glühten noch im Kamin. Der Raum war fast erdrückend warm.
    »Phillip?« Er wartete – keine Antwort. Er wandte sich zum Gehen. Wo konnte Phillip sonst stecken?
    Doch dann tönte eine leise Stimme von der Sitzgruppe am Feuer. »Hier, Sir.«
    James näherte sich dem Kamin und entdeckte Phillip in einen großen Sessel gekuschelt, wie in jedem der Schlafzimmer einer stand. Bis auf sein zerzaustes Haar und seine extreme Blässe war nicht viel von ihm zu sehen. Phillip hatte sich zusammengerollt, als sei ihm kalt, was in dem überheizten Raum jedoch schier unmöglich war. »Großer Gott, Mann. Sie sehen furchtbar aus.«
    »Ja, Sir.«
    »Sind Sie krank? Soll ich einen Arzt rufen lassen?«
    »Nein, Sir.« Phillips Stimme war heiser. »Ich habe nur schlechte Nachrichten bekommen.«
    »Per Post?«
    »Ehm… in einem Brief, ja.«
    James wusste genau, was für schlechte Nachrichten eine per Post erreichen konnten. »Ist etwas passiert?«
    »Nein, Sir. Ich habe nur etwas herausgefunden… Aber ich würde Ihnen lieber nicht davon erzählen, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Phillip hob den Kopf und sah James zum ersten Mal richtig an. James registrierte entsetzt die rot geränderten Augen und die fleckige Haut. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich so, dass er Phillip in die Augen sehen konnte.
    »Sir… James…« Phillip schüttelte abrupt den Kopf. »Nein, da ist nichts zu machen. Zumindest nichts, wozu ich in der Lage wäre.«
    James studierte ihn einen Augenblick. Er wollte Phillip nicht leiden sehen. Das Mitgefühl, das er empfand, verblüffte ihn ziemlich. Aber schließlich war das ja nun Flip, sein jüngerer Kamerad, der immer einfühlsame Worte fand und viel klüger war, als seine jungen Jahre es vermuten ließen. Flip, dessen Sinn für Humor James selbst die düstersten Gefühle vertrieb und dessen freundliches Wesen sein

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