Die Schöne des Herrn (German Edition)
schöne Geste, einen Vertreter des Völkerbundes dorthin zu entsenden, der, mit den entsprechenden Vollmachten ausgestattet und durch diesen offiziellen Brief legitimiert, diesen Vortrag mit seiner Anwesenheit beehren und die Glückwünsche des Generalsekretärs überbringen würde. Wäre der Onkel bereit, sich nach Lausanne zu begeben?
»Augenblicklich, mein Sohn«, sagte Saltiel und erhob sich. »Lausanne ist ganz in der Nähe von Genf. Ich werde sofort den Zug nehmen. Gib mir das Beglaubigungsschreiben. Vielen Dank. Leb wohl, mein Junge, ich eile zum Bahnhof.«
»Warten Sie«, sagte Solal, der am Telefon eine Anordnung in englischer Sprache erteilte. Er legte auf und lächelte dem kleinen Alten zu. »Onkel, man wird Sie im offiziellen Wagen nach Lausanne fahren und nach beendeter Mission wieder nach Genf zurückbringen. Der Wagen erwartet Sie. Der Amtsdiener wird Sie begleiten.«
Erneut richtete Saltiel den ruhigen Blick des Siegers auf Eisenbeißer. Das Schreiben in der Hand, schlug er den Cousins vor, ihn als Berater zu begleiten, mit der Einschränkung allerdings, dass er allein als Bevollmächtigter das Recht habe, das Wort an den Rabbiner zu richten. Die Tapferen nahmen die Einladung an, mit Ausnahme Eisenbeißers, der erneut seine Arme über der Brust verschränkte und Saltiel mitteilte, er sei es nicht gewohnt, sich in subalternen Funktionen zu bewegen, außerdem erscheine ihm eine Mission bei einem einfachen Rabbiner, der wahrscheinlich keine Ahnung habe, ohne jedes Interesse.
Sich aus dem Fenster lehnend, wohnte Solal der Abfahrt des Onkels bei, dem ein Chauffeur in Livree, die Mütze in der Hand, die Tür des Rolls öffnete. Der Beauftragte für besondere Aufgaben stieg langsam und mit gesenktem Haupt, wie es bei in ihre Gedanken versunkenen Gesandten üblich ist, in den Wagen, gefolgt von Mattathias und Michael, die sich ihm gegenüber setzten, während Salomon vorn neben dem Chauffeur Platz nahm. Als der Wagen verschwunden war, lächelte Solal zufrieden über seine gute Tat. Diese armselige kleine Mission war gefahrlos, selbst wenn der Onkel Dummheiten machen sollte, würde der Rabbiner Nachsicht zeigen. Unter Juden arrangiert man sich immer.
»Hoheit«, sagte Eisenbeißer und zeigte auf das Ledersofa, »setzen wir uns auf den Diwan der Intimität und reden wir im Vertrauen, da wir ja jetzt unter Männern von Welt sind. Hoheit, ich muss Ihnen ganz offen eine Frage stellen. Könnten Sie mir nicht irgendeinen kleinen Adelstitel zuschanzen, damit ich meinen Rang bewahren kann? Könnten Sie zum Beispiel nicht in Ihrer Eigenschaft als stellvertretender Chef der Welt aus mir einen Lord bei Gericht mit Perücke machen, der sein Haupt mit einem schwarzen Sack verhüllt, wenn er jemanden zum Tode verurteilt? Nein? Macht nichts, Hoheit. Wie viele Untergeneralsekretäre gibt es eigentlich?«
»Drei.«
»Könnten Sie nicht Ihrem englischen Vorgesetzten ins Ohr flüstern, er solle vier ernennen, denn das ist eine Glückszahl, und könnten Sie ihm nicht geschickt beibringen, dass ich geneigt wäre, mein Gehalt mit ihm zu teilen, falls er nicht allzu begriffsstutzig ist? In diesem Fall sagen Sie ihm einfach in seiner Sprache ›fifty fifty‹, damit er es auch richtig versteht. Nein? Macht nichts, Hoheit. Ein Missgeschick hat mich noch nie zu Boden geworfen. Aber wäre es denn dann möglich, dass ich in meiner Eigenschaft als ehemaliger Kabinettschef wenigstens eine kleine Rente beziehe, von der ich in aller Ruhe leben könnte und die auf meine drei kleinen Waisen übertragbar wäre? Nein? Nun, das ist bedauerlich. Aber da gäbe es noch ein anderes kleines Geschäft. Da der Völkerbund seinen Beamten diplomatische Immunität zusichert, die einem Belästigungen durch den Zoll erspart, könnte ich ganz unschuldig ein kleines Schmuggelgeschäft aufziehen, als diplomatischer Kurier. Was sagen Sie dazu, Hoheit?«, fragte er, den Zeigefinger an der Nase. »Nein? Ich begreife Ihre Skrupel, die Ihnen zur Ehre gereichen. Reden wir nicht mehr davon, ich habe nichts gesagt.« (Ganz schön zäh dieser Neffe Saltiels, dachte er.)
Solal klingelte erneut, denn er wollte Miss Wilson quälen, indem er sie dem Anblick seines unmöglichen Verwandten aussetzte. Als sie vor ihm stand, musste er ihr wohl oder übel einen Befehl erteilen. Und so bat er sie, eine Stenographin zu rufen, während Eisenbeißer zur Decke starrte und nach weiteren Drehs suchte. Gleich darauf trat eine russische Prinzessin ein, eine sich in den Hüften
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