Die Schöne des Herrn (German Edition)
Der Schluss meiner Rede, geliebter Herr, ist folglich die Bitte, mir eine Mission des Völkerbundes anzuvertrauen, die mich endlich aus der Dunkelheit führt und der Ungerechtigkeit meines Lebens ein Ende setzt, denn es hat keinen Wert, ein großer Mann zu sein, wenn man es nicht scheinen kann, und außerdem würde es mir gestatten, Saltiel den Mund zu stopfen, wenn er aus Lausanne zurückkehrt und wie eine Möwe seinen Titel als Beauftragter für besondere Aufgaben oder gar als Geschäftsträger in alle Himmelsrichtungen hinausschreit, was ich einfach nicht ertragen könnte! Oh, Sie lächeln, Hoheit! Oh, ich fühle, dass Sie wanken! Oh, gesegnet seien Sie!«
Tatsächlich lächelte er Eisenbeißer an, einen der Seinen, einen aus seinem Volk, und er liebte ihn und beanspruchte ihn für sich und rühmte sich seiner ebenso wie der Großen und Edlen seiner Rasse, die, erhaben und zahllos, im Laufe der Jahrhunderte Träger von Missionen gewesen waren. An seinem Volk liebte er alles, wollte er alles lieben, das Verkehrte und das Schöne, die Elenden und die Fürsten. So ist die Liebe. Vielleicht war er der Einzige auf der Welt, der sein Volk mit wirklicher Liebe liebte, mit der Liebe der traurigen wissenden Augen. Ja, die Tochter der Ungläubigen sollte diesen Blindgänger ruhig sehen, damit sie wusste, woher er, Solal, kam. Er reichte Eisenbeißer den Brief, der ihn sofort an sich nahm. Sich nun stark fühlend, den Brief sicher in seinen Rockschößen, setzte sich der lange Lulatsch, schlug finanziell gestimmt die Beine übereinander und wählte einen anderen, ganz aufs Praktische gerichteten Ton.
»Jetzt bleibt uns nur noch die materielle Seite zu regeln, liebe und freundliche Exzellenz, wenn es Ihnen recht ist. Ja, die kleine Frage der Repräsentationskosten, damit ich Ihnen Ehre machen kann, nämlich die Kosten für die Wagen, einen den Umständen besser angepassten Chapeau claque, seidene Socken und einen Betrag für das Haarschneiden.«
»Sie haben keine Haare mehr, Eisenbeißer.«
»Doch, Exzellenz, es bleiben mir noch einige sehr feine und durchaus sichtbare, wenn man mich von nahem besieht! Also, Einreiben mit Haarwasser beim Friseur, Waschen des Bartes, Maniküre, teures Parfum zum Zwecke diplomatischer Ausdünstungen, mehrere Krawatten, damit ich die Beste auswählen kann, nachdem ich sie alle auf meinem Bett ausgebreitet habe, diverse Vervollkommnungen der Kleidung, kurz einige Dandyismen! Es steht in Ihrem Belieben, Exzellenz, denn ich werde viele Ausgaben haben.«
»O Bey der Lügner, o Hochstapler, du weißt sehr wohl, dass du keine einzige Ausgabe haben wirst«, sagte Solal.
»Lieber hoher Herr«, begann Eisenbeißer nach einem Hustenanfall, der dazu bestimmt war, eine Erwiderung zu finden, »Euer Scharfsinn hat diesen Hustenreiz ausgelöst, und stumm vor Scham bekenne ich demütig meine Schuld! Nein, ich werde keine Ausgaben haben! Folglich danke ich Ihnen zunächst einmal für das unerwartete, aber vielversprechende Du und erwarte in meiner Reue nichts mehr für die in aller Unschuld erlogenen Repräsentationskosten, aber doch vielleicht die charmante Gabe einer großzügigen Hand, die Zuneigung als Antwort auf eine Zuneigung!« Er lächelte unwiderstehlich, bezaubernd und plötzlich ganz weiblich, indem er mit drei Fingern dem Herrn einen Kuss zuwarf. »Danke, und seien Sie gesegnet«, sagte er und griff nach der Banknote. »Ist die junge Dame schön?«, fügte er mit gerührt väterlichem Lächeln hinzu, um die Unterredung mit einer intimen Note zu beenden.
»Woher weißt du, dass sie jung ist?«
»Kenntnis des menschlichen Herzens, lieber hoher Herr, und zitternde Empfindsamkeit. Ist sie schön, Exzellenz?«
»Wahnsinnig schön. Diesen Brief habe ich geschrieben, um sie ein letztes Mal sehen zu dürfen. Danach ist Schluss.«
»Ich wage Ihrer Hoheit nicht zu glauben«, erwiderte Eisenbeißer schlau, verneigte sich und ging, sich mit der Banknote Luft zufächelnd, hinaus.
***
Draußen überlegte er, den kostbaren Brief in der Hand, wie er sich ein Taxi sparen könne, um nach Cologny zu gelangen. Eine gute Idee wäre es, den ersten Wagen, der vorbeikäme, anzuhalten und zu erklären, er habe sein Portemonnaie vergessen und müsse in aller Eile einen Schwager besuchen, den er wie seinen eigenen Bruder liebe und den man gerade in diesem Augenblick in einer Klinik in Cologny operiere, Entfernung einer Niere! Nein, die Einsparung lohnte die Mühe nicht. Und wozu sollte er sparen? Der hohe Herr
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