Die Schöne des Herrn (German Edition)
vielleicht würde er Herrn Blum raten, nicht zu lange Ministerpräsident zu bleiben, um keine Eifersüchteleien heraufzubeschwören. In der Politik sollten die Israeliten sich ein bisschen zurückhalten, das wäre klüger. Minister, einverstanden, aber Ministerpräsident war zu viel. Das könnte man später im Lande Israel nachholen, so Gott will. Jedenfalls würde er jetzt bald Sol in seinem prächtigen Arbeitszimmer sehen, und wer weiß, vielleicht würde Sol ja vor seinen bewundernden Cousins ein paar kurze Befehle über das Telefon erteilen. Er betrachtete sie mit einem leisen liebevollen Lächeln, in Erwartung des Glücks, bald eingelassen zu werden. Und wer weiß, vielleicht würde ihm Sol zur großen Bewunderung der anderen ja die Hand küssen. So träumte er vor sich hin, während Salomon ein Kompliment in Versen vorbereitete, das er nachher vortragen wollte, und Eisenbeißer, viel weniger selbstsicher, seit er das Großkreuz hatte ablegen müssen, nervöse, stets in einen spitzen Ton auslaufende Gähnlaute von sich gab.
Die Tür öffnete sich, und die Tapferen erhoben sich, und Salomon vergaß sein Kompliment, und Saltiels Hand wurde tatsächlich geküsst. Worauf der kleine Alte ein kariertes Taschentuch aus der Hose zog und sich laut und vernehmlich schnäuzte. Solal deutete auf die Sessel, und die Männer aus Kephalonia setzten sich, wobei Salomon erschrak über die Weichheit des Polsters, in dem er so sehr einsank, dass er fast verschwand.
»Ein gutes Gespräch, Sol, mit dem Herrn Ministerpräsidenten?«, fragte Saltiel nach einem vorbereitenden Hüsteln.
»Es handelt sich um Staatsgeheimnisse, über die ich nicht sprechen darf«, sagte Solal, der stets wusste, welche Antwort ankommen würde.
»Sehr richtig, Hohe Exzellenz«, sagte Eisenbeißer, der es nicht abwarten konnte, sich einzumischen und sich von seiner besten Seite zu zeigen. »In aller Bescheidenheit, sehr richtig.«
»Und sag mir, Sol, ihr habt euch doch hoffentlich in gutem Einvernehmen getrennt, der Herr Ministerpräsident und du?«
»Wir haben uns umarmt.«
Der Onkel täuschte Schwerhörigkeit vor, um sich den Satz wiederholen zu lassen und sicher zu sein, dass er recht gehört hatte. Er hüstelte und betrachtete die Wirkung auf die vier tapferen Gesichter.
»Ihr habt euch also umarmt, der Ministerpräsident und du, sehr gut, sehr gut«, sagte er mit lauter Stimme, denn Mattathias war manchmal ein bisschen schwerhörig. »Und nun sag mir, mein Junge, was ist mit dieser Vatikanstadt? Ich finde sie recht klein, recht schäbig, und das tut mir aufrichtig leid für den Herrn Papst, der so ein gutes Gesicht hat. Könnte der Völkerbund ihm seinen Besitz nicht ein bisschen vergrößern, schließlich ist er doch ein Herrscher. Na ja, ich sage das nur, damit du bei Gelegenheit darüber nachdenkst, denn siehst du, ich habe sehr viel Sympathie für Seine Heiligkeit. Schön, du wirst sehen, ob du etwas tun kannst, es wäre jedenfalls eine gute Tat. Also, mein Sohn, wie ich gestern gehört habe, bist du jetzt auch von Leopold dem Zweiten, dem reichen König des Kongo, zum Commandeur ernannt worden. Ich hatte ganz vergessen, es Ihnen mitzuteilen, meine Herren«, sagte er, zu den schweigenden Cousins gewandt. »Folglich bist du jetzt zweifacher Commandeur, französischer und belgischer. Ich habe Belgien stets sehr geschätzt, denn es ist ein Land, in dem die Vernunft regiert. Übrigens, mein Junge«, fügte er mit Unschuldsmiene hinzu, »hat dir der Präsident der Republik nicht letzthin einen Orden offeriert, der den Rang des Commandeurs übersteigt? Nein? Sehr merkwürdig. Übrigens hat mir das Gesicht dieses Mannes nie recht gefallen.«
Da Solal Erfrischungen angeboten hatte, bat Saltiel um einen kleinen schwarzen Kaffee, falls es nicht zu große Umstände bereitete. Salomon wagte mit heiserer Stimme zu sagen, er hätte gern einen Himbeersaft, und tupfte sich, halbtot vor Scham, die Stirn ab. Michael verlieh seinem Wunsch nach zwei in Cognac geschlagenen Eigelb Ausdruck. Mattathias sagte, nachdem er sein Harz auf die Armlehne des Sessels gelegt hatte, er habe keinen Durst, würde aber gern den Gegenwert eines Getränkes annehmen, das er später in der Stadt zu sich nehmen würde.
»Was mich angeht, Hoheit«, sagte Eisenbeißer, »so begnüge ich mich in aller Bescheidenheit mit einer Kleinigkeit. Ein paar Scheiben Schinken, denn das ist der reinste und israelitischste Teil des Schweins. Mit Senf und weichen Brötchen, wenn
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