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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Louisdor an den Kopf geworfen hatte, trat er, von den übrigen Tapferen gefolgt, in die zu dieser frühen Nachmittagsstunde leere Halle und begab sich sogleich auf die Toilette. Zur Bestürzung seiner Cousins kam er wenige Augenblicke später mit dem großen Ordensband der Ehrenlegion auf der Brust wieder heraus. Und um jeden Protest im Keim zu ersticken, beeilte er sich, zuerst Saltiel auszuschalten.
    »Eine vollendete Tatsache, mein Lieber! Zu spät, sich zu entrüsten! Du wirst doch hier keinen Skandal machen und mir meine königliche Freude verderben. Im Übrigen ist dieser Orden nicht nur verdient, sondern auch authentisch, da ich ihn mir in Paris für teures Geld in einem Spezialgeschäft erworben habe, das ich kurz vor unserer Abfahrt nach Marseille heimlich aufgesucht habe. Also, meine Herren, Schweigen, und vorwärts marsch, wer mich liebt, folgt mir! Sammelt euch hinter meinem großen roten Band!«
    Im ersten Stock erhob sich Saulnier respektvoll vor diesem bedeutenden Orden, denn im allgemeinen kam hier nur die seltsame Fauna der exotischen Delegationen vorbei. Sicher ein Staatschef, der Präsident einer kleinen südamerikanischen Republik, dachte er, war jedoch etwas verwirrt von der weißgetüpfelten blauen Künstlerschleife und der seltsamen Aufmachung der anderen. Aber das große rote Ordensband und die Furcht, ins Fettnäpfchen zu treten, verdrängten alle anderen Überlegungen. Er lächelte also ängstlich und wartete.
    »Delegation«, sagte Eisenbeißer und ließ seinen Spazierstock mit dem Goldknauf durch die Luft wirbeln. »Besprechung mit Herrn Solal!«
    »Exzellenz werden erwartet, nehme ich an, Herr Präsident?« (Anstatt zu antworten, lächelte der Ordengeschmückte nur verächtlich und wirbelte seinen Stock in die entgegengesetzte Richtung.) »Wen darf ich melden, Herr Präsident?«
    »Inkognito«, erwiderte Eisenbeißer. »Geheime politische Verhandlungen. Höre, Lakai, es genügt, wenn du ihm das Losungswort sagst, das da heißt: Kephalonia. Geh, laufe!«, befahl er dem Amtsdiener, der in aller Eile verschwand.
    Als er ganz außer Atem zurückkam, meldete Saulnier dem Herrn Präsidenten, der Herr Untergeneralsekretär sei gerade in einer wichtigen Besprechung mit Herrn Léon Blum und lasse den Herrn Präsidenten und die anderen Herren bitten, sich noch einige Augenblicke zu gedulden. Er führte die seltsame Gruppe in den kleinen für besonders vornehme Besucher reservierten Salon.
    »Wisse, lieber Freund, dass ich nicht länger als fünf Minuten hier warten werde«, sagte Eisenbeißer zu ihm. »Das ist eine Regel, die ich während meines offiziellen Lebens immer befolgt habe. Melde es gefälligst der betreffenden Person.«
    Kaum hatte sich die Tür geschlossen, hob Saltiel gebieterisch den Zeigefinger und befahl dem Hanswurst, unverzüglich diesen betrügerischen Orden abzulegen. »Auf der Stelle, du Halunke!« Eisenbeißer lachte verächtlich, gehorchte jedoch, da er spürte, dass dieses große Ordensband, das seine Wirkung ja bereits getan hatte, dem mächtigen Neffen sicher missfallen würde. Und außerdem durfte man keine Komplikationen mit diesem Léon Blum riskieren, dem man vielleicht begegnen würde und der in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident bestimmt alle Großkreuzträger Frankreichs kannte. Also nahm er das rote Ordensband ab, küsste es ehrfürchtig, steckte es in die Tasche und setzte sich, nachdem er Saltiel zugezwinkert hatte.
    »Und nun, meine Herren«, sagte dieser, »sei euer Losungswort Schweigen und gute Manieren, denn hinter dieser gepolsterten Tür diskutieren zwei großen Köpfe über das Glück der Menschheit. Folglich will ich nicht einmal das Summen einer Fliege vernehmen, nicht einmal einer Zwergfliege!«
    Beeindruckt von der Pracht des Salons, verhielten die Tapferen sich ruhig. Salomon verschränkte die Arme, um seine gute Erziehung zu beweisen. Michael säuberte sich die Fingernägel mit der Spitze eines seiner Dolche und protestierte nicht, als Saltiel ihm wortlos die Zigarette, die er sich eben hatte anzünden wollen, aus dem Mund riss. Mattathias betrachtete aufmerksam das Mobiliar, betastete die Wolle des Teppichs und stellte im Geiste Berechnungen an.
    In dieser Stille lächelte Saltiel vor sich hin. Vielleicht würde Solal ihn Herrn Blum vorstellen. In diesem Fall würde er, sollte die Atmosphäre es zulassen, respektvoll die Bemerkung einfließen lassen, die Arbeiter streikten seiner Meinung nach doch ein bisschen zu oft in Frankreich. Und

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