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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Freitag, achter Juni, Diner im Ritz, mein Alter, beim U.G.S.! Ich im neuen Smoking, sie im Abendkleid! Ja, mein Lieber, Diner beim Herrn Untergeneralsekretär des Völkerbundes! Ich hatte nicht übel Lust, es Vauvau zu sagen, ich brauchte meine ganze Charakterstärke, um es nicht zu tun! Nein, mein Lieber, warten wir, bis wir mit dem U.G.S. wirklich intim sind. Abgemacht, mit Vauvau wird erst darüber gesprochen, wenn ich in einer absolut gesicherten Position bin. Sehr anständig, sein Brief an Ariane. ›Meine Entschuldigung den Ihren übermitteln.‹ Nicht schlecht ausgedrückt, was? Und außerdem hat er ihr seine Hochachtung bezeugt. Ich muss sagen, ich habe es doch recht weit in meinem Leben gebracht. Queng, queng, queng«, näselte er erneut. »Wenn morgen alles gut verläuft, organisiere ich sofort einen Cocktailempfang, zu dem ich ihn einlade. Oder lieber nicht, eher eine Einladung zum Diner, zumal Papi und Mammi ab morgen Abend weg sind, für mindestens zwei Monate. Im Grunde ist es ein Glück, dass er neulich Abend nicht kommen konnte. Einladung zum Diner, jawohl! Ich revanchiere mich ganz einfach für seine Einladung. Er, Ariane, ich, im engsten Kreis. Ein Oberkellner mit weißen Handschuhen. Queng, queng, queng. Aber im Augenblick ist es das Wichtigste, morgen Abend einen guten Eindruck zu machen. Eine Stunde vorher Maxiton nehmen, um sieben Uhr, ja, damit ich richtig glänzen kann. Kultiviert, aber geistreich, amüsant. Wenn er lacht, wenn er Interesse zeigt, habe ich gewonnen. Achtung, pünktlich da sein! Keine Dummheiten, verstanden? Acht Uhr hat er in seinem Brief gesagt. Also Punkt acht Uhr, morgen Abend, Auftritt von Herrn Deume, Beamter der Kategorie A, hinter seiner charmanten Gattin. Gott sei Dank ist sie gut gelaunt. Eigentlich seit, jawohl, genau. Die Frauen brauchen das eben. Tja, mein Schatz, das ist ja alles gut und schön, aber du musst glänzen und fesseln. Also, heute Nachmittag nehme ich die ganze Dokumentation über Mozart, Vermeer, Proust mit und pauke sie von vierzehn bis achtzehn Uhr durch, damit ich authentische und originelle Ansichten über die Betreffenden äußern und ihn ein bisschen mit meinen profunden Kenntnissen beeindrucken kann. Wichtig ist, dass er mich plötzlich überrascht anblickt und sich dabei sagt: ›Gar nicht schlecht, dieser kleine Deume, eine Beziehung, die man pflegen muss, dieser kleine Deume.‹ Nicht vergessen, ihn zu fragen, ob er die Picasso-Ausstellung gesehen hat, damit ich meinen kleinen Vortrag einflechten kann. (Er grinste. Nicht dumm seine Idee, diese drei tollen Sätze aus dem Artikel über Picasso auswendig gelernt zu haben. Einen Rieseneindruck kann man damit machen.) Sie aber eher langsam sagen, als ob ich meine Worte suchte, na ja, als wären sie von mir. Verdammt, und wenn er Picasso nicht mag? In dem Fall stehe ich blöd da mit meinen drei Sätzen! Erst einmal das Terrain sondieren, sehen, ob er Picasso mag oder nicht. Genau. Du wirst sehen, alles wird gut gehen. Also gepflegte Konversation, mit vielen ›vom wissenschaftlichen Standpunkt aus‹, ›grundsätzlich gesagt‹, ›angesichts der Umstände‹. Außerdem eine Liste aller anderen geeigneten Gesprächsthemen aufstellen, die mir Gelegenheit geben, mich kultiviert und geistreich zu zeigen. Tiefsinnige und zugleich amüsante Bemerkungen. Ja, genau, ihn zum Lachen bringen, aber durch elegante Geistesblitze. Wenn er lacht, werden wir Freunde! Und in dem Fall taucht am Horizont das Foto mit Widmung und die Beförderung zum Rat auf! Denn es ist dir doch klar, mein Alter, dass ich als A keinen Schimmel ansetzen werde. Denn ich habe es verdammt noch mal allmählich satt, ein A zu sein, während ein Petresco soeben zum Rat befördert worden ist! Übrigens nicht weiter erstaunlich, schließlich steht auf seinem Schreibtisch das Foto seines Ministers Titulesco. Ekelhaft, diese Vetternwirtschaft. Ein schöner Mistkerl, dieser Petresco. Was man sich in diesem Laden nicht alles bieten lassen muss. Jawohl, mein Alter, Rat, genau das, und ein bisschen dalli! Aber dazu, mein Alter, brauche ich seine Wertschätzung und Freundschaft. Also Wertschätzung plus Freundschaft gewinnen. Die Liste der Gesprächsthemen auf einem Zettel vermerken, auf den man schnell schauen kann, falls einen das Gedächtnis im Stich lässt. In einem solchen Fall schnell ein unbemerkter Blick unter den Tisch. Ganz ruhig, mein Alter, ich werde glänzen, und Ariane ist ja auch noch da, sie wird sich von ihrer besten Seite zeigen

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