Die Schöne des Herrn (German Edition)
hinweisen …«
Und so weiter. Van Vries fuhr fort, verschwommene politische Anweisungen zu geben, und empfahl Deume unter anderem, die legitimen Empfindlichkeiten der zuständigen nationalen Behörden zu berücksichtigen, letztere der Sympathie zu versichern, mit welcher das Sekretariat des Völkerbundes ihre ebenso großzügige wie schwierige zivilisatorische Aufgabe als Schutzmacht verfolge, und vor allem sämtliche zu klärenden Probleme mit den zuständigen Behörden in taktvoller Weise anzugehen, unter besonderer Berücksichtigung der stets so wichtigen politischen Imponderabilien.
»Fingerspitzengefühl, mein lieber Deume, Fingerspitzengefühl, vor allem Fingerspitzengefühl.«
Nach einer Viertelstunde hatte van Vries Adrien den Befehl, auf Dienstreise zu gehen, ordnungsgemäß erteilt, beendete seine Instruktionen oder, wie er es nannte, sein Briefing und erhob sich. Lächelnd und mit einem herzlichen Händedruck wünschte er seinem lieben Deume eine gute Reise und vollen Erfolg und nahm sich insgeheim vor, ihm eines Tages ordentlich eins auszuwischen.
XXX
»Liebling, was für ein Glück, dass ich dich erreicht habe, ich hatte schon Angst, du seist ausgegangen! Liebling, ein ganz kapitales Ereignis in meiner amtlichen Laufbahn! Eine Dienstreise von zwölf Wochen! Eine politische Mission, die Fingerspitzengefühl erfordert! Das Dumme ist nur, dass ich schon morgen Abend weg muss! Ich habe mich nicht getraut, Einwände zu erheben, denn weißt du, es ist eine solche Chance für meine Karriere. Du kannst dir denken, wie eine Mission dieses Kalibers meine Akte bereichern wird, das verschafft mir zusätzliches Ansehen für die Zukunft, du verstehst, was ich meine, aber wir werden zu Hause weiter darüber reden. Also Abfahrt morgen Abend nach Paris, aber erst nachts um zwölf Uhr fünfzig, deswegen kann das Diner mit S., du verstehst schon, S. wie Suzanne, natürlich stattfinden. Ich brauche nur das Ritz um zwölf Uhr dreißig zu verlassen, das reicht, denn der Bahnhof ist ganz in der Nähe. Meinen Missionsauftrag habe ich bereits in der Tasche. Ich bin eben bei unserer Reisedienststelle gewesen, die von Vau, die von Herrn van Vries bereits informiert worden war. Sie sind sensationell! Schlafwagen erster Klasse, also ein Single, und alles schon reserviert! Und ein Appartement im Hotel George V mit Badezimmer und politischer, Pardon, privater Toilette. Das George V ist das allerbeste Hotel, Superluxus, vierhundertneun Zimmer, ich habe im Michelin nachgesehen. Und stell dir vor, Herr van Vries ist einverstanden, dass ich morgen freinehme, um meine Reisevorbereitungen zu treffen. Zum Glück habe ich meine Kartei für das Gepäck, du erinnerst dich doch, ich habe sie dir gezeigt, all die Karten für die Dinge, die ich je nach Dauer der Reise einpacken muss. Ein Glück auch, dass man für den Nahen Osten keine besonderen Impfungen braucht. Ich brauche nur morgen Nachmittag noch einmal im Palais vorbeizuschauen, um mir die Einführungsschreiben abzuholen, unterschrieben von Sir John, stell dir nur vor, und dann meine Fahrkarten von Cook. Und
last but not least
meinen Kreditbrief, den die Finanzabteilung dringlich bei der Crédit Suisse angefordert hat. Ach ja, Liebling, ich muss dir noch etwas sagen, aber versuche, mich durch die Blume zu verstehen, also hör gut zu, ich glaube nicht, dass eine gewisse Person es gewagt hätte, eine Initiative von solcher Tragweite von sich aus zu ergreifen, auch wenn sie es behauptet, du verstehst schon, wen ich meine, einer der letzten Buchstaben des Alphabets. Für mich kommt die Initiative von ganz, ganz oben. Meiner Meinung nach steckt da eher Suzanne dahinter, du verstehst doch, Suzanne, mit der wir morgen Abend dinieren. Na ja, wir werden noch darüber reden. Übrigens habe ich das Wichtigste vergessen. Weißt du, ich glaube, wir werden in seinem Appartement dinieren. Ich werde dir sagen, warum. Aus wohlinformierter Quelle, die mit dem Buchstaben K beginnt und der ich unter dem Siegel der Verschwiegenheit von dem Diner morgen Abend erzählt habe, habe ich erfahren, dass er eine vollständige Wohnung im Ritz hat, und mit vollständig meine ich nicht nur Schlafzimmer und Badezimmer, sondern auch Salon und Esszimmer! Esszimmer, stell dir vor, was er da für eine Wochenrechnung zu bezahlen hat! Andererseits habe ich gehört, dass er einen annamitischen Diener hat, der nicht zum Hotel gehört, also sein persönlicher Kammerdiener ist. Ich denke, dieser Diener hat sein Zimmer auch
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