Die Schöne des Herrn (German Edition)
und unsere Blicke werden sich lieben, und wir werden lächeln, weil wir uns so sehr lieben, du und ich, und Ehre sei Gott.«
»Ehre sei Gott«, sagte sie.
Und sie beugte sich herab, und ihre Lippen berührten die Hand ihres Herrn, und sie erhob den Blick, betrachtete ihn, zur Jungfrau geworden, betrachtete in heiliger Verehrung das Gesicht aus Gold und Nacht, eine solche Sonne. Ein verwirrtes Lächeln auf den zitternden Lippen, betrachtete er seine geküsste Hand und führte sie an die Augen. Was tun, um es ihr zu beweisen? Michaels Dolch, ihn sich ins Fleisch bohren und bei dem Blut schwören, das fließen würde? Doch das würde seinen Smoking beschmutzen, und es war sein schönster, und er müsste sie allein lassen, um sich umzuziehen. Also kein Dolch, und immer, immer mit ihr, und Ehre sei Gott, Ehre sei Gott.
Sie betrachtete ihn, wagte jedoch nicht zu sprechen, fürchtete, eine Majestät zu beflecken, und außerdem hätte ihre Stimme vielleicht heiser geklungen. Gläubig und jung betrachtete sie ernst ihren Herrn, inbrünstig betrachtete sie ihn, konnte kaum atmen, war wie zu Eis erstarrt, zitternd vor verliebtem Schreck, Sehnsucht nach Glück auf den Lippen.
Aus dem Ballsaal drangen Rufe zu ihnen herauf, Hawaii-Gitarren ließen widerstrebend ihre gedehnten reinen Schluchzer erklingen, Schluchzer, die aus dem Herzen kamen, süße langgezogene Schluchzer, flüssige Seelenmörder, unendliche Schluchzer des Abschieds. Da nahm er sie bei der Hand, und sie gingen hinaus, stiegen langsam die Treppe hinab. O feierliches Schreiten.
XXXVI
Feierlich herausgehoben unter den Paaren ohne Liebe, tanzten sie, ganz mit sich selbst beschäftigt, und kosteten einander sorgfältig, gründlich, verloren. Selig, gehalten und geführt zu werden, vergaß sie die Welt, lauschte dem Glück in ihren Adern, bewunderte sich zuweilen in den hohen Wandspiegeln, elegant, bewegend, außergewöhnlich, geliebte Frau, zuweilen den Kopf zurückneigend, um ihn besser sehen zu können, ihn, der ihr Wunder zuflüsterte, die sie keineswegs immer verstand, denn sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihn zu betrachten, denen sie jedoch stets aus tiefster Seele zustimmte, und als er ihr zuflüsterte, sie seien Verliebte, stieß sie ein kaum hörbares zitterndes Lachen aus, ja, so war es, Verliebte, und er flüsterte, er sterbe vor Verlangen, ihre langgeschwungenen Wimpern zu küssen und zu segnen, aber nicht hier, später, wenn sie allein sein würden, und darauf flüsterte sie, sie hätten ja das ganze Leben, und plötzlich hatte sie Angst, ihm missfallen zu haben, zu selbstsicher gewesen zu sein, aber nein, o Glück, er lächelte und hielt sie in seinen Armen und flüsterte, dass sie sich jeden Abend, ja, jeden Abend sehen würden. Durchgerüttelt in seinem Schlafwagenabteil, warf er sich vor, ein Rohling gewesen zu sein, ein Rohling, weil er sie als böse bezeichnet hatte. Schließlich konnte sie nichts dafür, dass sie für den Boss keine Sympathie empfand, das war nicht ihre Schuld. Und sie hatte ja auch ihre guten Seiten. Neulich, beim Schneider, hatte sie ihm so nett bei der Auswahl des Stoffes geholfen und wirkliches Interesse gezeigt. Jetzt schlief sie bestimmt, und sie war so niedlich, wenn sie schlief. »Schlaf gut, mein Liebling«, sagte er zu ihr in seinem schaukelnden Bett, und er lächelte ihr zu und schloss die Augen, um mit ihr zu schlafen. Das Zigeunerorchester hörte auf zu spielen, und sie blieben stehen, ohne sich voneinander zu lösen, während die gewöhnlichen Paare, die sich sofort getrennt hatten, klatschten, vergeblich klatschten. Doch auf einen Blick Solals hin zwinkerte Imre, der pockennarbige erste Geiger, ihm komplizenhaft lächelnd zu, wischte sich den Schweiß von der Stirn und fing mit Grandezza zu spielen an, während die beiden Fremden, von den Sitzenden beobachtet, in feierlicher Verliebtheit wieder zu tanzen anfingen, schon bald gefolgt von Imre, der mit weit ausholenden Bewegungen seiner flatternden weiten Ärmel auf der Geige tirillierte, zwischen den Zähnen den von Solal gespendeten Geldschein. Geschleuderte Luftschlangen, langsame Algen in allen Farben, hinter sich herziehend, löste sie manchmal ihre Hand, um sich die Frisur zu richten, was ihr nicht gelang, ach, und wenn schon, und vielleicht glänzte auch ihre Nase, ach, und wenn schon, da sie doch seine Schöne war, da er es ihr sagte. Die Schöne des Herrn, sagte sie sich und lächelte, im siebten Himmel. Aber er konnte nicht einschlafen und fragte
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