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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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wehrloser.
    Neuntes Spielchen, das mit dem siebten verwandt ist, die indirekte Sexualität. Von der ersten Begegnung an soll sie deine Männlichkeit gegenüber ihrer Weiblichkeit spüren. Unter anderem durch Anzüglichkeiten, die so dezent sind, dass sie nicht aufmucken kann, und die ihr übrigens, da der Anstand gewahrt bleibt, nicht missfallen werden. Beispielsweise ein zwischen zwei respektvollen Sätzen wie aus Versehen eingestreutes Du, wofür du dich sofort entschuldigst. Und vor allem blick ihr direkt ins Gesicht, mit einer gewissen Verachtung, einer gewissen Güte, einem gewissen Begehren, einer gewissen Gleichgültigkeit und einer gewissen Grausamkeit – das ist eine gute Mischung, die nicht viel kostet. Kurz, der abscheuliche gefilterte Blick, der ironische und ruhige, leicht amüsierte und respektlose Blick der Macht, während du respektvoll zu ihr sprichst, ein Blick geheimer Zudringlichkeit. Hosianna, ruft dann ihr Unterbewusstsein, das ist ein wahrer Don Juan! Er respektiert mich nicht! Er kennt sich aus! Halleluja, ich bin köstlich verwirrt und kann ihm nicht widerstehen! Du siehst, wie widersprüchlich du sein musst. Stark, aber verletzlich, verächtlich, aber schmeichlerisch, respektvoll, aber sexuell anzüglich. Und jedes Spielchen verleiht dem Gegensatz Glanz und macht ihn noch anziehender.
    Noch eins, Nathan. Genier dich nicht, aufmerksam ihre Brüste zu betrachten. Solange du nichts sagst, ist es in Ordnung. Sie wird dein Verlangen erraten und dir keineswegs böse sein. Nur Worte beleidigen. Und während ihr über irgendein anständiges Thema plaudert, singst du ihr stumm das Loblied deines Begehrens.
    Ja, ein Loblied in deinen Augen, das Loblied ihrer Brüste. O Brüste von schrecklicher Präsenz, doppelte Zierde der Weiblichkeit, erhabene Üppigkeiten, überwältigend und fremd vor dir, unberührt, präsent und verboten, grausam gezeigt, zu sehr und zugleich nicht genügend gezeigt, engelhafte Bomben, süße Ruhealtäre, aufragend in ihrer eigenartigen Macht, begehrenswerte Ernte, quälende Wunder und junger Stolz, die eine rechts und die andere links, o zweifaches Leid, o dargebotene Früchte der entgegenkommenden Schwester, o die zwei Schweren, deiner Hand so nah.
    So werden deine Augen zu ihr sprechen, Nathan. Wenn sie sie doch bitteschön herausholte, werden deine Augen sagen, wenn sie sie doch nur herausholte, da sie sie dir ja zeigt, ohne sie zu zeigen, und sie so schlecht verbirgt, absichtlich so schlecht verbirgt. O die Grausame, die zu tief einatmet, denn dadurch treten sie noch deutlicher hervor, blühend und reif, o die Verfluchte und Herzallerliebste. Wenn sie sie nur herausholte, denn du willst leben, bevor du stirbst, sie hervorholte und dir reichte, mit ihren Spitzen, überwältigend aufgetaucht und befreit, so dass du sie endlich berühren kannst und ihr Gewicht und ihren Segen kennenlernst. Erbarmen, werden deine Augen sagen, wenn sie doch nur diesen Stoff zur Seite zöge, den heuchlerischen Stoff, der sie bedeckt und doch enthüllt, denkwürdig bewehrt und anmaßend, wenn sie sie dir wenigstens zeigte, sie dir einmal zeigte, offen und ehrlich sie dir zeigte, es reicht jetzt, diese Stoffe, die einladen und verbieten und wahnsinnig machen. Es reicht, Schluss jetzt mit diesen Täuschungsmanövern. Diese Bäume und dieser See, die du siehst, werden noch da sein, wenn der bleiche Bote des Todes dich in seinen Armen fortträgt, dich für immer in seinen Armen in das feuchte Reich des Erstickens fortträgt. Also schnell ihre Lippen, werden deine Augen sagen, und sie überall berühren und dich auf sie legen und sie kennenlernen und in ihr leben und wunderbar sterben, und zugleich auf ihren Lippen sterben.
    Allein auf der Welt, Nathan, ohne Mitmenschen, Nathan, steht sie dir zu, edel und von sonniger Jugend, o ihr flacher und über dem Nabel sogar entzückend eingefallener Bauch, ich schwöre es dir! Oh, schön und Frau, oh, jung mit der leichten Mulde des Bauchs, o herrliche Beine, so lang und anmutig, o weibliche Macht, o kräftige Schenkel, so präsent unter dem unerträglichen Kleid, das schon wieder hochgezogen ist, das ist wirklich eine Manie, o blühende Hüften, o quälende Kurven, o existierender Schoß, süße Zuflucht, o ihre langgeschwungenen Wimpern, o ihre bald ermattete Unterwürfigkeit. Ja, Geliebte, werden deine Augen ihr sagen, ja, ich will dich und bin nur noch dieses Wollen, ganz auf dich und dein Geheimnis gerichtet, dein Geheimnis, das unter deinem Kleid

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