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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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es, und danach schnell angezogen, in diesem Augenblick rasiert er sich bestimmt, ist ja gut, das reicht, du bist schön genug, pass auf, dass du dich nicht schneidest, beeil dich, komm schnell, hopp, komm ins Bad, es ist Platz genug, und wenn nicht, werden wir uns schon arrangieren, ich kenne da einen Trick.

    Aus dem Bad gestiegen und noch nackt, lief sie zum Telefon, um ihm zu sagen, er möge pünktlich sein. »Geliebter, es ist so schrecklich, wenn Sie sich verspäten, dann denke ich an Unfälle, und das Warten macht mich hässlich. Bitte, Geliebter«, sagte sie lächelnd, legte auf und putzte sich zum letzten Mal die Zähne. Ungeduldig, den Mund nicht ausgespült und voller Zahnpastaschaum, sang sie noch einmal mit der Zahnbürste in der Hand die Pfingstarie und die Ankunft eines göttlichen Königs.

    Dann kam die große und so wichtige Arie des Ankleidens mit all ihren Ängsten. Sollte sie nicht lieber dieses Kleid anziehen, das schlichte plissierte, oder nein, lieber nicht, eher das rote, das ihr in diesem gedämpften Licht so gut stand? Doch plötzlich tauchte in ihr die Gewissheit auf, dass sie sich heute Abend nur in ihrem kleinen Ensemble aus Tussahseide wohlfühlen würde. Tja, auch ein Kleid drückte eine seelische Stimmung aus, und außerdem hatte er dieses Ensemble noch vor kurzem bewundert, und auf diese Weise konnte sie eine Bluse anziehen, eine Bluse war bequemer, wenn, man brauchte sie nur, während das hochgeschlossene plissierte Kleid im Rücken zugeknöpft war, idiotisch, das war dann wieder ein Theater, wenn, während es mit einer Bluse ganz einfach war, na ja, Blusen wurden eben vorn aufgeknöpft.

    Oh, ich liebe es, wenn, wenn er, ja, wenn er sie mir lange, lange küsst und ich ganz dahinschmelze, und ihr, küsst man sie euch nicht auch lange? Wenn nicht, dann habt ihr was verpasst, ätsch bätsch, ich liebe es, ja, und so ein Kleid, das man nur ein wenig im Rücken aufknöpfen kann, ist unpraktisch, man muss es ausziehen, und selbst wenn ich es ausziehen muss, kommt man sich wie beim Arzt vor und wird ganz rot vor Verlegenheit, während eine Bluse oder eine Hemdbluse, ich habe den Unterschied noch nie begriffen, die kann er aufknöpfen, ohne dass ich es merke, und das ist anständiger, besonders wenn es nicht zu hell ist, aber trotzdem, wenn Tantlérie mich, nun ja, ich siele mich im Pfuhl der Weiblichkeit, was soll’s, es ist eben so.

    Fertig angezogen, unterzog sie sich einer letzten kritischen Prüfung durch einen unparteiischen Blick, machte drei, vier Schritte auf den Spiegel zu, um natürlich zu wirken, trat wieder zurück, um das Ergebnis zu betrachten, legte die Hand mit dem Rücken auf die Hüfte, um sich Sicherheit zu geben, probierte verschiedene Haltungen und Arten des Lächelns aus und versuchte gleichzeitig verschiedene Gesichtsausdrücke und Sprechweisen, wobei der häufigste Satz »nein, ich glaube nicht« lautete, weil das selbstsicher und ein wenig herablassend wirkte. Dann setzte sie sich und versuchte keine Bewegung zu machen, um ihre Vollkommenheit nicht zu beeinträchtigen. Angstvoll horchte sie auf Motorengeräusche, zündete sich eine Zigarette an, um sich Haltung zu geben, drückte sie aber sogleich wieder aus, um sich das Weiß ihrer Zähne und frischen Atem zu bewahren, fand es ermüdend, sitzen zu bleiben, außerdem könnte es ihren Rock zerdrücken, und beschloss hinauszugehen. Sie wartete auf der Schwelle, in der warmen Nacht, und hatte Angst zu schwitzen, das wäre furchtbar, denn dann würde ihre Nase glänzen.

XL

    Wahrscheinlich seift auch sie sich in diesem Augenblick ein, dachte er in seinem Bad. Trotz seiner Begeisterung, sie bald zu sehen, war er sich doch unwillkürlich der Lächerlichkeit dieser beiden armen Menschenwesen bewusst, die sich im selben Augenblick, drei Kilometer voneinander entfernt, schrubbten und scheuerten wie Geschirr, um einander zu gefallen, wie Schauspieler vor dem Auftritt. Schauspieler, ja, lächerliche Schauspieler. Ein Schauspieler er, neulich Abend, als er vor ihr gekniet hatte. Eine Schauspielerin sie, als sie ihm wie eine Lehnsherrin die Hände gereicht hatte, um ihm aufzuhelfen, mit ihrem »Sie sind mein Herr, ich verkünde es laut«, stolz vermutlich, eine shakespearsche Heldin zu sein. Arme Liebende, zur Adelskomödie verdammt, ihr erbärmliches Bedürfnis, vornehm zu sein. Er schüttelte den Kopf, um den Dämon zu vertreiben. Genug, quäl mich nicht weiter, verdirb sie mir nicht, lass mir meine Liebe, lass sie mich

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