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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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sie erneut. Ja, sie hatte sich gut betragen, ohne Heiserkeit und ohne schüchternes Gestammel. O ja, sie hatte ihm gefallen! Toll, ganz toll!

    Als sie ihn eines Sonntags im Ritz angerufen hatte, war ihre Stimme plötzlich heiser geworden, und sie hatte nicht gewagt, sich zu räuspern, aus Angst vor dem scheußlichen Geräusch, das sie entehren würde, weswegen er sie vielleicht weniger lieben würde. Also hatte sie ohne zu zögern unvermittelt aufgelegt, eine vielköpfige Familie von Fröschen weggeräuspert, ein paar Worte gesagt, um sich des wieder göttlichen Klanges ihrer Stimme zu vergewissern, und dann erneut angerufen und tapfer erklärt, die Verbindung sei unterbrochen worden, ihn gefragt, ob er beim Erwachen ihr Foto betrachtet habe und wie er gekleidet sei, ah, im Schlafrock, und in welchem? Und liebe er sie? »Danke, oh, danke, ich auch so sehr, und wissen Sie, Geliebter, vorhin bin ich in eine Kirche gegangen, um an Sie zu denken, eine katholische Kirche, weil man sich dort besser konzentrieren kann. Sagen Sie, soll ich heute Abend das rumänische Kleid anziehen oder das rohseidene? Das rumänische? Sehr gut. Es sei denn, Sie ziehen das rote vor, das Ihnen, glaube ich, gefallen hat. Lieber das rumänische? Sind Sie sicher? Haben Sie noch nicht genug davon? Schön, dann also das rumänische. Sag, liebst du mich?«

    Als das Gespräch beendet war, verharrte sie reglos, den Hörer in der Hand, bezaubert von ihm, bezaubert von sich. Plötzlich, ich erinnere mich. Ein anderes Mal hatte sie, während sie mit ihm telefoniert hatte, gespürt, dass sie gleich würde niesen müssen, und einfach aufgelegt, um ihn dieses andere erniedrigende Geräusch nicht hören zu lassen. Aber genug davon, das reicht.

    Warten ohne jede Langeweile, denn es gab so viel für ihn zu tun, so viele Vorbereitungen, sobald sie nicht mehr unter Beobachtung der Hausangestellten stand, die sie Idiotin nannte und die, wenn sie mit der Arbeit fertig war, am frühen Nachmittag zu gehen pflegte. Endlich allein und unbehindert, begab sich die Verliebte sogleich auf Inspektion in den kleinen Salon, wo sie ihn heute Abend empfangen würde und den, wie sie fand, die Idiotin nie genügend saubermachte. Im Badeanzug machte sie sich daraufhin ans Werk, fegte, bohnerte, polierte, schrubbte wie eine arbeitswütige Hausfrau, bürstete die Sessel und das Sofa, das geliebte Sofa für heute Abend, wischte ganz unnötigerweise den Staub von allen sichtbaren Flächen, fuhr mit dem Staubsauger über den verblassten rosa Orientteppich, arrangierte die Blumen, betrachtete sie eine Weile, versteckte die
Vogue
, legte zwei oder drei langweilige, aber anspruchsvolle Bücher auf das Sofa, Heidegger oder Kierkegaard oder Kafka, tat für alle Fälle ein paar Scheite in den Kamin, entzündete ein hell loderndes Feuer, um sich zu vergewissern, dass er auch gut zog, schuf eine gedämpfte und für die Liebkosungen geeignete Beleuchtung, verrückte die Sessel, ging in die Küche, bügelte dort ein Kleid, das die blöde Idiotin bereits gebügelt hatte, das sie aber heute Abend anziehen wollte, und lief hin und her, wobei sie zuweilen an die unbeantworteten Briefe ihres Mannes dachte, heftig den Kopf schüttelte wie eine von einer Bremse belästigte Stute und zuweilen mit viel Ausdruck die blöden im Radio gehörten Schnulzen sang.
»Parlez-moi d’amour, redites-moi des choses tendres«,
sang sie, wobei sie absichtlich die Stimme eines jungen sentimentalen Mädchens nachäffte. Oh, warum nicht, warum nicht, sie liebte das nun mal. »Ich bin eine blöde Kuh geworden, aber das ist nun mal unser Los«, pflegte sie zu sagen.

    Wenn der Nachrichtensprecher den Stand der politischen Lage verkündete oder von offenen und herzlichen Gesprächen sprach, die auf eine Verminderung der internationalen Spannungen hoffen ließen, hörte sie mit offenem Mund zu. Es gab also Leute, die sich wirklich für diese Dinge interessierten und für die das das Leben war! »Dummköpfe«, sagte sie dann und schnitt dem Mann im Radio das Wort ab. Nein, für sie zählte nur eins, sich zurechtzumachen und zu wissen, dass sie ihm gefallen würde. Wenn eine Sonntagspredigt im Radio übertragen wurde und der Pastor sagte, man müsse sich ganz und gar in Seinen Dienst stellen, stimmte sie aus voller Seele zu. »Ja, ja, ganz und gar in Ihren Dienst, Geliebter!«, rief sie und arrangierte die Blumen mit doppeltem Eifer.

    Plötzlich und ganz unvermittelt sagte sie, während sie in einer Schublade

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