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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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rein lieben, lass mich glücklich sein.

    Aus dem Bad gestiegen, das er in die Länge gezogen hatte, um die Wartezeit bis zum Wiedersehen zu verkürzen, nackt und frisch rasiert, rasiert für sie, tanzte er jetzt, tanzte vor Freude, sie bald zu sehen, tanzte mit kleinen und feierlichen und vornehmen Schritten einen spanischen Tanz, eine Hand auf der Hüfte, schnalzte mit den Fingern der anderen Hand, stampfte plötzlich mit dem Absatz auf oder hielt sich die Hand über die Augen, um in wahnsinnigem Verlangen eine Geliebte zu erblicken, tanzte dann in russischer Hockstellung, ließ die Beine abwechselnd vorschnellen, erhob sich wieder, klatschte in die Hände, stieß einen absurden Kriegsschrei aus, machte einen Sprung, wirbelte herum, ließ sich im Spagat fallen, stand wieder auf, klatschte sich Beifall, weil er sie bald sehen würde, lächelte sich zu, liebte sich, liebte sie, liebte die, die er liebte. Oh, er lebte, lebte für immer!

    In dem Taxi, das ihn zu ihr führte, sang er wild drauflos, und der Motorenlärm übertönte sein Singen, und er trieb den Chauffeur an, schneller zu fahren, in einem Höllentempo zu fahren, und versprach ihm phantastische Summen, sogar, ihn zu küssen, wenn sie angekommen wären, sang dann erneut, weil er zu ihr fuhr, sang mit solch dämonischer Freude, dass er eines Abends seinen schönsten Ring nach draußen geworfen hatte, in ein Kornfeld, sang, sang, sang ohne Ende, weil er zu ihr fuhr, o Gesang der Ungeduld, des Erschreckens über das eigene Glück, o wahnsinniges Loblied, Loblied der Jugend, und er sang, sang, sang ohne Ende seinen Sieg, geliebt zu werden, und blickte diesen Geliebten im Spiegel des Taxis an, stolz auf seine Zähne und darauf, schön zu sein, schön für sie, fuhr im Triumph zu ihr, die ihn erwartete, und da sah er sie auch schon von weitem, auf der Schwelle und unter den Rosen, o herrliche Erscheinung, »da steht die Geliebte, die Einzige und Anmutsvolle, und Ehre sei dem Ewigen, dem Ewigen in mir«, murmelte er.

XLI

    Abende der Anfänge, bezaubernde, von so vielen Küssen unterbrochene Gespräche, keusche Verschnaufpausen, so erregende Wonne, sich dem anderen zu erzählen, alles vom anderen zu erfahren, ihm zu gefallen. Lebhaft erzählte sie ihm von ihrer Kindheit und den Spielen mit Éliane und dem von ihr erfundenen Lied, das die beiden kleinen Mädchen auf dem Schulweg gesungen hatten, erzählte ihm von ihrem Onkel und ihrer Tante und Warwara, erzählte ihm von ihrem Käuzchen Magali und ihrer Katze Mousson, bezaubernden, ihrer zärtlichen Zuneigung so früh entrissenen Seelen, zeigte ihm alte Fotos und ihre Kinderschulaufgaben, gab ihm sogar ihr Tagebuch zu lesen, beglückt, dass er alles über sie wusste, alle Rechte auf sie hatte, oder sie sprach in ernsten Worten von ihrem Vater, und er spielte den respektvoll Aufmerksamen, um des Vergnügens willen, sie tief Atem holen zu sehen, stolz auf diesen Respekt, der ihre Liebe rechtfertigte, sie ermächtigte.

    Wunder, sich beim Reden mit ihm im Spiegel zu betrachten, zu wissen, dass es endgültig war, dass sie ihn besaß, dass er ihr gehörte. Wunder, alles mit ihm zu teilen, ihm das Allergeheimste zu schenken, ihre jugendlichen Flammen, ihre Träumereien, ihren Einsiedler von damals, der jetzt verschwunden war, den kleinen Spießbürger, auf den sie schoss und der in den Schnee fiel, der beruhigende Aufprall seines gegen die Mauer geschleuderten Körpers, o Wunder, ihn als Seelenbruder zu spüren, der alles von ihr verstand, sie besser als sie selbst verstand. Ja, Wunder, auch Bruder und Schwester zu sein und gemeinsam zu lachen.

    Sie sagte ihm, welche Musik sie liebte, stand zuweilen auf, um sie ihm am Klavier vorzuspielen, und wenn sie geendet hatte, blickte sie ihn an, beruhigt, dass sie auch ihm gefiel, und küsste ihm die Hände. Gefiel die Musik ihm nicht, so fand sie sie gleich weniger schön, erkannte, dass er recht habe. O dieses Bedürfnis, mit ihm vereint zu sein, nur zu lieben, was er liebte, zu erfahren, welche Bücher er liebte, um sie zu lesen und sie ebenfalls zu lieben.

    Unendliche Gespräche, Kampfpausen der Freundschaft, die sie beruhigten und ihr bewiesen, dass sie auch seelisch und nicht nur körperlich verbunden waren, stets neue Wonne, von sich selbst zu sprechen, zu glänzen, intelligent und schön und edel und vollkommen zu sein. Zwei Schauspieler, ganz damit beschäftigt, einander zu gefallen, umherstolzierend und sich produzierend, dachte er ein weiteres Mal, aber es machte

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