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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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erschlafft und dahingeschmolzen, stumm einer köstlichen Agonie lauschend, das Schweigen bisweilen mit einem beifälligen Stöhnen unterbrechend, manchmal ihn ermutigend und ihm dankend mit langsamem, zögerndem Streichen über sein Haar, bisweilen so kühn, ihm zuzuflüstern, jetzt die andere zu nehmen. »Ich liebe dich«, fügte sie sofort hinzu, um sich zu rehabilitieren, um Seele hineinzulegen, und dann stöhnte sie erneut, mit geschlossenen Augen, aller Gedanken beraubt, animalisch, röchelnd vor Wonne, ihn auf der anderen Brust zu spüren. Oh, möge er lange bleiben und nicht zu schnell zum Rest übergehen, wagte sie zu denken.

    Wenn er von ihr abrückte, um sie zu betrachten, so nackt, so schön, verharrte sie reglos mit offenen Lippen und den Kopf zurückgelegt, lächelnd und einfältig, glücklich, ihm ohnmächtig ausgeliefert zu sein, darauf wartend, dass er weitermache, und dann war es abermals die samtene Nacht, die köstliche Folter durch ihren über sie gebeugten Geliebten. Doch plötzlich fasste sie ihn an den Schultern, zog ihn zu sich herab und sagte ihm, er solle in ihr sein.

    Nächte der Anfänge, lange stammelnde Nächte, unaufhörliches Wiederkehren des Verlangens, Umarmungen, geheimes Flüstern, rasche und schwere Stöße, leidenschaftliches Ringen, Ariane unterwürfig, Altar und Opfer, bisweilen ihre Zähne in einem kleinen klagenden Biss über dem Hals des Geliebten schließend. O ihre weißen Augen einer Heiligen in Ekstase, und sie fragte ihn, ob er glücklich in ihr sei, ob er sich wohl in ihr fühle, bat ihn, sie zu behalten, sie für immer zu behalten. Nächte der Anfänge, sterbliche Körper im Kampf, heiliger Rhythmus, Urrhythmus, sich aufbäumendes Kreuz, niedersinkendes Kreuz, tiefe Stöße, rasche, unpersönliche Stöße, Unerbittlichkeit des Mannes, ihre leidenschaftliche Hingabe, und dann plötzliches Hohlkreuz, wenn sie dem Mann entgegenkam.

    Nach dem Feuer der Liebe streichelte sie ihm, dankbar und mit Schatten unter den Augen, sanft die nackte Schulter, sprach zu ihm von dem, was sie ihre Vereinigung nannte, sprach ganz leise von der Freude, die er ihr geschenkt hatte, fragte ihn noch leiser, ob er durch sie glücklich gewesen sei. Dann war es an ihm, seinen Kommentar abzugeben, und er war sich der Lächerlichkeit dieser lyrischen Exegese bewusst, aber es machte ihm nichts aus, und keine Frau war ihm je so begehrenswert erschienen. Er liebte diese zärtlichen Verschnaufpausen, diese Liebkosungen, ihre freundschaftlichen Plaudereien, ihre brüderlichen Küsse. Jetzt sind wir wieder unter Menschen, dachte er und schmiegte sich an sie, die zärtlich sein Haar verzauberte.

    Sie waren fröhlich in diesen Pausen, amüsierten sich über nichtige Dinge, lachten, wenn sie die Geschichte von Angeline erzählte, jener savoyischen Bäuerin, die so tat, als habe sie Mitleid mit ihrer Kuh, damit das intelligente Tier ihr mit einem klagenden Muh antwortete. Und dann spielte Ariane das Duett, sagte zuerst mit der Stimme Angelines: »Arme Diamant, haben sie sie geschlagen, meine Diamant?« (Um der Geschichte ihre ganze Würze zu geben, musste man »arme Diamont« sagen). Anschließend ahmte sie die Kuh nach, die mit einem märtyrerhaften Muh Muh antwortete. Das war der beste Augenblick der Geschichte. Manchmal muhten sie zusammen, um sich so recht an der Schlauheit der Kuh zu ergötzen. Wie man sieht, waren sie nicht anspruchsvoll. Sie waren fröhlich und Freunde, lachten über eine Kleinigkeit, lachten, wenn er von einem Kätzchen erzählte, das sich einen Spaß daraus machte, vor einem Stuhl Angst zu haben, oder wenn er seine panische Angst vor den großen grünschillernden Brummfliegen schilderte, oder wenn er sich über das Klischee empörte, Schmetterlinge bezaubernd zu finden, diese grässlich schlappen und zerquetschenswerten fliegenden Raupen voll grässlicher Lymphe, mit ihren stets geschmacklosen Flügeln, Flügeln gemalt von alten Jungfern vergangener Zeiten. Oh, wie glücklich sie miteinander waren, Bruder und Schwester, die sich artig auf die Wangen küssten. Eines Abends, als sie nebeneinander lagen und sie ihn bat, ein Gedicht zu improvisieren, das mit den Worten »ich kenne ein schönes Land« begänne, gehorchte er auf der Stelle. »Ich kenne ein schönes Land Es ist aus gold’nen Heckenrosen Dort geht man lächelnd Hand in Hand Lebt unter Veilchen und Mimosen Man spielt mit Tigern wie mit Hunden Die Lämmer heben stolz die Pfötchen Und allen alten Vagabunden Gibt Arian’

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