Die Schöne des Herrn (German Edition)
ihn immer erst dann, wenn sie sicher war, dass er schlief, und ließ ihm stets einen Zettel mit ein paar Zeilen zurück, die er beim Erwachen vorfinden würde. Diese im Dunkeln mit unsicherer Schrift geschriebenen Mitteilungen ließ sie auf dem Nachttisch zurück.
»Ich bin gerührt und stolz wie eine Mutter, wenn du dich verzaubern lässt wie vorhin, als ich dir libellenhaft den Rücken streichelte. Geliebter, ich musste mich zurückhalten, um dich nicht mit Küssen zu bedecken. Ich glaube manchmal, du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe. Schlaf gut, Liebster.«
»Um Himmels willen, mein Liebling, rauchen Sie morgen weniger. Nicht mehr als zwanzig, ich bitte Sie. Nehmen Sie sich stattdessen lieber einen Ihrer Rosenkränze vor. Und seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen empfehle, um zwölf Uhr zu Mittag zu essen. Aber bitte nicht nur Vorspeisen. Das Zicklein stößt mit den Hörnern ins Leere, aber was kann es tun, damit der Geliebte vernünftig wird? Schlaf gut, Liebster.«
»Geliebter, ich habe das Bedürfnis, dir zu sagen, dass die Liebe, die du mir schenkst, ein weiter, weiter Himmel ist, in dem ich jedes Mal, wenn ich zu ihm emporblicke, neue Sterne entdecke. Nie werde ich aufhören, welche zu entdecken, und das führt mich weit, weit fort. Schlaf gut, Liebster.«
»Geliebter, du hast aus mir eine richtige Frau gemacht. So viele unnütze Dinge, die in mir nicht verwurzelt waren, sind von mir abgefallen, und ich bin vor dir ganz einfach und ganz eins. Glaub mir, eine rumänische Bäuerin mit Hängezöpfen und nackten Füßen würde ihren Mann nicht mit vertrauensvollerer Anbetung anblicken. O Sol, Sol, wenn du wüsstest, welch zärtliche Verrücktheit das Herz deiner kleinen Bäuerin, deines Kindes in sich birgt! Schlaf gut, Liebster.«
XLVIII
Eines Nachts wahnsinniges Verlangen, zu ihr zurückzukehren. Nein, das durfte er nicht, er musste sie schlafen lassen, sich mit diesem Foto begnügen, dem schönsten. O die Beine, die langen Beine dieser Diana, die ihm immer entgegenliefen und sich bei der Liebe um ihn schlangen. O das Kleid mit den rumänischen Stickereien, waagerechten am Saum und in der Taille und senkrecht an den Ärmeln. O die Hände, die vorhin noch seine Schulter umklammert hatten, während sie sich tranken. O dieses Geheimnis des Glücks, wenn ein Mann und eine Frau sich trinken. Und hier jetzt die Brüste unter dem Kleid, den anderen verborgen, ihm geweiht. Halleluja, hier ihr Gesicht, ihre Seele, sie, bebende Nüstern, von ihm gequälte Lippen. Ja, gleich bei Tagesanbruch einen Pagen des Hotels losschicken, um eine Lupe zu kaufen, eine starke Lupe, damit er besser diese ihm so willfährigen Lippen sehen könnte. Ja, aber was bis dahin? An Schlaf war nicht zu denken, er liebte sie zu sehr. Also nach Pont-Céard zu Isolde. »Isolde, Gräfin Kanyo«, rief er mit gespieltem Stolz. »Isolde, Kanyo grofnö«, wiederholte er auf Ungarisch.
Auf Isoldes Schoß sitzend, ließ er seinen Finger über die feinen Fältchen in den Ecken der so schönen Augen gleiten. Sie wurde alt, seine Liebste. Er fühlte sich wohl bei ihr, sie beruhigte ihn und war diskret. Er streichelte ihr Haar, hielt sich jedoch von den Lippen fern und wandte den Blick ab, um die Brüste nicht zu sehen, die der halboffene Morgenrock entblößte und die ihn ein bisschen anwiderten. Ach, wie gern hätte er ihr von den Wundern Arianes erzählt, sie mit ihr geteilt. Sie war gutmütig, seine Isolde, und er wusste, dass es, wenn er ihr sein Glück anvertraute, keine Szene geben würde, es würde schlimmer sein. Es würde diesen Blick geben, den er so gut kannte, den Blick, mit dem sie ihn angeschaut hatte, als er ihr die Sache mit Elizabeth Vanstead gestanden hatte, ein sanft vorwurfsvoller Blick, ein leicht irrer Blick ohnmächtiger Trauer, das armselige Lächeln und der armselige Blick einer Fünfundvierzigjährigen, die sich nicht mehr im hellen Sonnenlicht zu zeigen wagte. Nein, unmöglich, ihr von Ariane zu erzählen.
Um in Isoldes Armen an Ariane denken zu können, hatte er die Augen geschlossen und stellte sich schlafend, während sie ihm übers Haar strich und innerlich ein närrisches Wiegenlied murmelte. »Schlaf, mein Glück, mein armes Glück«, murmelte sie, und sie wusste, dass er sie eines Tages verlassen würde, wusste, dass sie alt war, und sie lächelte ihn an, ohnmächtig und gerührt von dem Unglück, das sie erwartete, doch sie empfand nur Zärtlichkeit für diesen Niederträchtigen, der ihr noch
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