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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Kieferknochen, Loch an Loch, Zähne an Zähnen, verliebt, die Vertrockneten, die Fingerglieder des einen auf den Schlüsselbeinen des anderen, stumm lachend zu der plötzlichen Musik von »Nehmt Abschied, Brüder«, und einer von ihnen, der eine Offiziersmütze trägt, drückt mit seinem Oberarmknochen die vierundzwanzig Rippen seiner kleinen Geliebten an sein Brustbein, während eine dramatische Eule lacht und eine Skelettfrau, die einst Diana, die Lebhafte, war, die sich Drehende, die Sonnige, die Sanfteste und die Widerspenstigste, die Freche und die Sklavin in ihren Augenblicken zärtlichen Stöhnens, Diana, diese Dame, die jetzt nur noch Knochen ist, rosenbekränzt die Arme, verdorrte klappernde Reize hinter einem Strauch ausprobiert.

VIERTER TEIL

LIII

    »Oh, was hab ich geschuftet seit vorgestern, wo ich diesem Kamel, diesem Dreckstück von Antoinette doch versprochen hatte, dass ich zurückkomm, sobald meine Schwester über den Berg ist, aber dann hat es doch länger gedauert, wie ich ihr gesagt hatte, Anfang Juli hatte ich ihr versprochen, weil die Ärzte das gemeint hatten, aber schließlich kann ich nichts dafür, wenn sie sich irren, sie irren sich ja immer, nur wenn es darum geht, dir die Rechnung zu schicken, da irren sie sich nie, garantiert nicht, das können Sie mir glauben, es ist nicht meine Schuld, wo ich doch immer Wort gehalten hab, außer es passiert was Unvorhergesehenes, und kaum war sie über den Berg, da bin ich am 6. August gleich in den Zug gesprungen, und kaum angekommen, gleich an die Arbeit, was hab ich mich abgerackert seit vorgestern, war aber auch höchste Zeit, das kann ich Ihnen flüstern, setzen Sie sich doch, bleiben Sie nicht stehen, ich plauder gern, auch wenn ich allein bin, da hat man bei der Arbeit Gesellschaft, besonders wenn ich wie jetzt gemütlich dasitz und das Silber putze und dabei meinen Kaffee trink, Madame Ariane sagt, wenn ich das Silber putze, schneid ich immer Grimassen, als wär ich wütend und könnte jemand nicht ausstehen, stimmt vielleicht, wo ich doch nicht in den Spiegel schau, wenn ich mein Silber putz, im Gegenteil, gerade das Silber ist mir ans Herz gewachsen, wo es doch Madame Ariane gehört, die wo es von Mademoiselle Valérie geerbt hat, also wie gesagt, ich hab ganz schön geschuftet, die jungen Dinger von heute, da können Sie lange suchen, bis sie eine finden, die wo so schuftet wie die alte Mariette, allerdings ist sie nicht immer alt gewesen, aber jetzt bin ich klein und rund und verhutzelt wie ein vergessener Apfel im Keller, kein Wunder, bin ja auch über sechzig, aber wie ich zwanzig war, da hätten Sie eine wie mich lange suchen können, schön und alles, aber jetzt, arme Mariette Garcin, bist du reif für den Mülleimer, und trotzdem hab ich mich ganz schön abgerackert, Sie hätten die Küche sehen sollen, wie ich vorgestern ankam, der Spülstein ganz schwarz, es war ein Mordskampf, den wieder sauber zu kriegen, die Ecken nicht geputzt, die Scheuertücher ganz klebrig und dreckig, nie gewaschen, und der Geruch, den kann man gar nicht beschreiben, und nichts war an seinem Platz, alles verräumt, das war natürlich diese Aushilfe, diese Putallaz, ich komm gleich noch mal auf sie zurück, ein wahrer Saustall diese Küche, also, wie ich vorgestern aus Paris gekommen bin, wo meine Schwester doch über den Berg ist, da hat mich fast der Schlag getroffen, wie ich die Küche in diesem Zustand gesehen hab, immer blitzblank geputzt und vorbildlich aufgeräumt war sie bei mir, da hab ich Wert drauf gelegt, ein wahres Schmuckkästchen, ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen und ruhig Blut bewahren, alle Fenster hab ich geputzt mit dem Wildledertuch, überall saubergemacht, keine Minute hab ich verschnauft, wo doch alles so schrecklich in Unordnung war, kein Wunder, wo doch, wie die kleine Martha weg war, die Putallaz gekommen ist, ein stinkfaules Luder, sie geht nur vormittags putzen, ich kenn sie, immer eine Zigarette im Mund, bemaltes Gesicht und immer alles husch husch, nur mal schnell mit dem Baumwollbesen, der wo nichts aufnimmt, Gewissenhaftigkeit ist ein Fremdwort für die, sie fegt alles in die Ecken, Sie hätten die Ecken sehen sollen, ihre Besorgungen macht sie in Pantoffeln, steht ewig beim Krämer rum und schwatzt, sie hat bestimmt Quasselwasser getrunken, nur Trinken und Essen im Kopf, ein wahrer Hähnchenfriedhof, und was für eine unausstehliche Person, für nichts und wieder nichts setzt sie sich gleich auf ihr hohes Ross, oh,

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