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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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wie findest du es?«
    »Sehr hübsch.«
    »Natürlich ist es nicht der große Luxus, aber ganz behaglich, und außerdem sehr praktisch eingerichtet.«
    Bestrebt, ihr alle Vorzüge der Einrichtung zu erläutern und das Vergnügen daran mit ihr zu teilen, erklärte er ihr eifrig die verschiedenen Annehmlichkeiten seines neuen Käfigs und vergewisserte sich jedes Mal der erzielten Wirkung. Er endete mit dem Loblied auf den so praktischen Metallschrank mit den beiden Bügeln, einer für den Mantel und einer für die Jacke, und mit einem Yale-Schlüssel obendrein, der vor Diebstahl schützte, und diese kleine Schublade unter dem oberen Fach eignete sich vorzüglich für die Aufbewahrung persönlicher Dinge, wie Aspirin, Jodtinktur, Verdauungspillen und Reinigungsbenzin. Er lachte leise. Er hatte ja die Hauptsache vergessen! Ja, den Schreibtisch, was denn sonst! Ganz neu, wie sie sehen konnte, im Grunde fast das gleiche Modell wie für die Beamten der Kategorie A, sehr praktisch und wirklich gut entworfen.
    »Siehst du, wenn ich die mittlere Schublade abschließe, blockiere ich automatisch alle rechten und linken Schubladen, also insgesamt zwölf. Ist doch toll, findest du nicht? Der Schlüssel ist auch ein Yale, also das Beste vom Besten.«
    Zufrieden mit der so erworbenen Achtung, nahm er in seinem Sessel Platz, der, wie er erklärte, das neueste Modell sei, ein Drehstuhl, der den Rücken stütze, legte die Füße auf den Rand des Schreibtisches, wie van Vries, und wippte in seinem Sessel, wie van Vries. Und sich wiegend im Gefühl seiner Größe und Macht, die Hände hinter dem Nacken verschränkt, wie van Vries, begann dieser künftige Leichnam zu erzählen, wie er in einer Diskussion mit seinem Chef große Kühnheit, ungestüme Eigenwilligkeit und ätzende Schlagfertigkeit bewiesen hatte. Beim plötzlichen Gedanken, dieser Vorgesetzte könnte unerwartet hereinkommen, zog er die Füße zurück und hörte zu wippen auf. Die Pfeife auf dem Tisch verlieh ihm einen Anschein von Männlichkeit. Er griff nach ihr, entleerte sie, indem er sie kräftig im Aschenbecher ausklopfte, und öffnete seinen Tabaksbeutel.
    »Verflixt, ich habe keinen Tabak mehr! Hör mal, ich laufe schnell zum Kiosk hinunter, in zwei Minuten bin ich wieder da. Also bis gleich.«

***

    »Entschuldige mich, ich wurde aufgehalten«, sagte er, als er hereinstürmte und darauf brannte, von dem unerhörten Ereignis zu berichten. (Er holte tief Atem, um seine Aufregung zu beherrschen und ruhig zu sprechen.) »Ich habe nämlich den U.G.S. getroffen.«
    »Wer ist das?«
    »Der Untergeneralsekretär.« Er sprach es betont langsam und ein wenig verschnupft aus. »Herr Solal«, fügte er nach abermaligem tiefem Atemholen hinzu. »U.G.S. ist die übliche Abkürzung, das habe ich dir schon mehrmals erklärt. (Kurze Pause.) Ich habe eine Unterhaltung mit ihm gehabt.«
    »So?«
    Er blickte sie verwundert an. Ein einfaches »So?«, wo es sich doch um eine Unterhaltung mit dem rechten Arm von Sir John handelte! Wirklich keinerlei Sinn für soziale Werte! Nun ja, so war sie eben, immer in den Wolken. Ihr jetzt alles erzählen, aber Vorsicht, ganz kühl und gelassen, als würde er der Sache keine allzu große Bedeutung beimessen. Er räusperte sich, um die erstaunliche Kunde nicht durch seine heisere Stimme zu beeinträchtigen.
    »Ich habe also eben eine Unterhaltung mit dem Untergeneralsekretär des Völkerbundes gehabt, und zwar rein zufällig. (Leichtes Zucken um die Lippen, seltsames Verlangen zu schluchzen.) Wir haben uns unterhalten, er und ich. (Tiefes Einatmen, um den aufsteigenden Schluchzer zu unterdrücken.) Er hat sich sogar in einen Sessel gesetzt. Der Beweis, dass er mich nicht gleich loswerden wollte. Ich meine, er wollte wirklich mit mir sprechen. Keine reine Höflichkeitsfrage, verstehst du. Er ist wirklich kolossal intelligent. (Atemlos vor Erregung, brachte er keine langen Sätze zustande.) Es geschah folgendermaßen. Ich bin also ins Erdgeschoss hinuntergefahren. Kaum hatte ich am Kiosk meinen Amsterdamer gekauft, da kam ich, keine Ahnung wie, auf die Idee, über den Flur, der am Büro des U.G.S. vorbeiführt, zurückzukehren, eine komische Idee, denn es bedeutete ja einen Umweg. Kurzum, gerade in diesem Augenblick kommt er heraus, und stell dir vor, in Reithosen, das tut er manchmal. Übrigens steht es ihm sehr gut. Und da sehe ich ihn zum ersten Mal mit einem Monokel, einem schwarzen Monokel, stell dir vor, als wollte er etwas an seinem Auge

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