Die Schöne des Herrn (German Edition)
verbergen. Es scheint, dass er heute Nachmittag einen Unfall gehabt hat, ein Sturz vom Pferd, daher die Wunde am Auge. Kanakis hat es mir erzählt, ich habe ihn eben auf der Treppe getroffen, er kam gerade von Miss Wilson, der Sekretärin des U.G.S., mit der er sich gut steht, und sie hat es ihm ganz vertraulich erzählt. Es ist erst ein paar Stunden her, er kam zu Pferd mit einem Stallburschen, das ist so eine Gewohnheit von ihm, er kommt oft zu Pferd, und dann bringt der Stallbursche das Tier zurück, er ist eben ein Gentleman, und da hat sie gleich gesehen, dass sein Auge blutig war, na ja, eher das Lid, eine Wunde, er muss auf etwas Spitzes gefallen sein, aber er wollte keine Hilfe, er bat Miss Wilson nur, schwarze Monokel bei einem Optiker besorgen zu lassen, die sind anscheinend leicht aufzutreiben. Er ist schon ein bisschen eitel, was? (Ein leises bezauberndes und gerührtes Lachen.) Er hat gleich an ein Monokel gedacht, das ist amüsant. Nun ja, hoffentlich ist es keine schlimme Verletzung. Du weißt ja, er leitet hier alles, der Mann ist ein Ass. (Erneut ein leises liebevolles Lachen.) Das schwarze Monokel steht ihm unerhört gut, es gibt ihm etwas Grandseigneurhaftes, verstehst du. Nicht dumm, der Kanakis, was? Er hat sich bei Miss Wilson richtig eingeschmeichelt. Du verstehst, man kann nichts Klügeres tun, als sich mit der Sekretärin eines hohen Tiers gut zu stellen, das erleichtert einem wirklich alles, wenn man von dem hohen Tier empfangen werden möchte, wenn man als Erster etwas erfahren will, wenn man sich vertrauliche Informationen beschaffen will, und so weiter. Kurz, um auf die Hauptsache zurückzukommen, der U.G.S. war in großer Eile, und da sind ihm die Paniere, Pardon die Papiere, die er in der Hand hielt, zu Boden gefallen. Und ich habe sie aufgehoben. Das hätte ich natürlich für jeden getan, eine Frage der Höflichkeit. Und da blieb er stehen und hat mir sehr nett gedankt. ›Vielen Dank, Deume‹, hat er gesagt. Der Ton macht eben die Musik. Wie du siehst, hat er sich an meinen Namen erinnert, und das ist kolossal wichtig. Ich muss sagen, es war mir ein Vergnügen zu spüren, dass er wusste, wer ich bin, dass ich für ihn existiere. Das ist wichtig, verstehst du? Und da hat er sich also in einen Sessel gesetzt und mich sehr nett gebeten, im Sessel ihm gegenüber Platz zu nehmen. Denn direkt vor seinem Büro ist eine kleine Wandelhalle mit sehr bequemen Sitzen, klar. Und dann fragte er mich mit einer Liebenswürdigkeit, die du dir gar nicht vorstellen kannst, in welcher Abteilung ich arbeite, was mein besonderer Bereich sei, ob meine Arbeit mir gefiele, nun ja, er interessierte sich für mich. Du siehst, es hat sich gelohnt, dass ich dich etwas habe warten lassen. Eine Unterhaltung von fast zehn Minuten! Stell dir nur die administrativen Folgen vor! Und er, ganz einfach, weißt du, von Mensch zu Mensch, ohne mich den Rangunterschied spüren zu lassen, so saßen wir beide uns gegenüber. Also absolut charmant. Und ich redete ganz frei und war gar nicht befangen, weißt du. Und stell dir vor, Vauvau kam vorbei und hat uns, den U.G.S. und mich, da sitzen und reden sehen, wie zwei gute Freunde! Er muss außer sich vor Wut sein, der gute Vauvau!«
»Aber warum denn?«
»Aus Eifersucht natürlich«, erwiderte er lächelnd mit einem Achselzucken und strahlte dabei vor Glück. »Und Schiss auch. Für einen Abteilungsleiter ist es immer gefährlich, wenn sich einer seiner Mitarbeiter mit einem hohen Tier gut steht. Das kann für ihn äußerst gefährlich sein! Verstehst du, der Mann kann dem hohen Tier so ganz beiläufig und sozusagen durch die Blume zu verstehen geben, was er von seinem Boss hält, indirekte Kritik üben, eine Umorganisierung der Abteilung vorschlagen, sich zum Schaden seines Bosses in gutes Licht rücken, oder sogar, wenn du willst, ihn ganz direkt kritisieren, je nach der Laune des hohen Tiers, verstehst du, und aufs Ganze gehen, wenn er das Gefühl hat, das hohe Tier sei auf seinen Boss nicht gut zu sprechen, auf den Boss des Mannes natürlich, sagen wir zum Beispiel auf Vauvau, wenn er eben das Gefühl hat, dass er aufs Ganze gehen kann, verstehst du?«
»Ja, gewiss.«
»Aber ich kenne meinen Vauvau, er wird klammheimlich seine schlechte Laune runterschlucken, und morgen ist er honigsüß. Mein lieber Deume hier, mein lieber Deume da, falls es Ihnen nichts ausmacht, denn ich weiß ja, wie viel Sie zu tun haben, und so weiter, und mit verbindlichem Lächeln!
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