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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Vorbereitungen. Er stellte den Stuhl, auf den sie sich setzen würde, an den rechten Ort. Tja, leider bescheiden und unbequem, dieses Gerippe von einem Stuhl, wie ein kleiner Beamter! Während dieser Castro sich bald einen Ledersessel für seine Besucher würde leisten können! »Nun gut, machen wir uns wieder schön, und vor allem bürsten wir uns eventuelle Schuppen von der Jacke.«
    Er lehnte seinen Taschenspiegel an das
Statesman’s Year Book
, bürstete sich den Jackenkragen und den Bart, glättete die Augenbrauen, zog die Krawatte fest, prüfte die Fingernägel, fand sie sauber, inspizierte seine runden Wangen und entdeckte einen Mitesser.
    »Diesen kleinen Mistkerl werden wir ausdrücken.«
    Nachdem er den kleinen Mistkerl herausgepresst hatte, betrachtete er ihn zufrieden und zerquetschte ihn dann auf dem Löschblatt. Noch schnell mit dem Lappen über die Schuhe gewischt, den Aschenbecher in den Papierkorb geleert, den Staub von der Schreibtischplatte geblasen, zwei oder drei geöffnete Akten hingelegt, um beschäftigt zu wirken, und dann den Sessel ein wenig vom Schreibtisch abgerückt. Ja, etwas weiter vom Schreibtisch weg, damit man die Beine übereinanderschlagen konnte. Schließlich steckte er sich noch das Taschentuch in den linken Ärmel, wie Huxley. Das sah nach Oxford aus, lässige Eleganz, ein bisschen schwul, aber auf elegante Weise schwul. Jetzt war er so weit, sie konnte heraufkommen, die Konferenz war beendet. Nein, lieber nicht, nicht den Portier anrufen, selbst hinuntergehen und sie abholen, das wäre galanter, sähe mehr nach Foreign Office aus. Und außerdem konnte er ihr gleich das Palais zeigen, denn es war ja ihr erster Besuch, seitdem das Sekretariat hier seine Büros eingerichtet hatte. Das würde sie beeindrucken.
    »Ja, wir werden sie beeindrucken«, sagte er, erhob sich, knöpfte die Jacke zu und holte tief Atem, um sich richtig männlich zu fühlen.

V

    »Büro des französischen Untergeneralsekretärs«, flüsterte Adrien Deume und deutete mit bangem Blick auf eine hohe Tür. »Solal, weißt du«, fügte er noch leiser hinzu, als ob allein schon das Aussprechen dieses Namens Gefahren in sich berge und ein schweres Vergehen darstelle. »Innen soll es prächtig sein, mit Gobelins, die von Frankreich gestiftet wurden.« (Er bedauerte dieses »soll sein«, das nach Untergebenem klang und bewies, dass er dieses Heiligtum noch nie betreten hatte. Um diesen Eindruck zu verwischen, räusperte er sich kriegerisch und ging entschlossenen Schrittes rasch weiter.)
    Überall auf den Fluren und Treppen zeigte er seiner Frau die Herrlichkeiten seines geliebten Palastes. Gewichtig stand er gleichsam als Mitbesitzer auf seines Daches Zinnen, bemühte sich, den offiziellen und erhebenden Charakter des Hauses zu preisen, und erwähnte voller Stolz die Gaben der verschiedenen Länder: die Teppiche aus Persien, das Holz aus Norwegen, die Wandteppiche aus Frankreich, den Marmor aus Italien, die Gemälde aus Spanien und all die anderen Geschenke, deren auserlesene Qualität er jedes Mal besonders herausstrich.
    »Und obendrein ist es riesig, verstehst du. Eintausendsiebenhundert Türen, stell dir vor, und jede viermal überstrichen, damit das Weiß makellos ist, ich weiß Bescheid, das kannst du dir ja denken, ich bin oft während der Arbeiten hergekommen, um zu sehen, wie weit sie gediehen waren, und bedenke, dass jede Tür einen Chromrahmen hat. Und dazu eintausendneunhundert Heizungen, dreiundzwanzigtausend Quadratmeter Linoleum, zweihundertzwölf Kilometer elektrische Leitungen, tausendfünfhundert Wasserhähne, siebenundfünfzig Hydranten, hundertfünfundsiebzig Feuerlöscher! Das zählt, was? Es ist riesig, riesig. Was glaubst du zum Beispiel, wie viele Toiletten wir haben?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sag eine Zahl. Wie viele glaubst du?«
    »Fünf.«
    »Sechshundertachtundsechzig«, sagte er, mit Mühe seinen Stolz unterdrückend. »Und wirklich toll eingerichtet, weißt du. Automatische Ventilation durch Maschinen, die die Luft achtmal in der Stunde erneuern, und automatische Wasserspülung alle drei Minuten, wegen der zerstreuten oder nicht sehr gewissenhaften Leute. Wenn du willst, kann ich sie dir zeigen.«
    »Ein anderes Mal. Ich bin ein wenig müde.«
    »Schon gut, schon gut, ein anderes Mal. So, jetzt sind wir da.
After you, dear madam.
« Er stieß die Tür seines Büros auf. »Das ist meine kleine Höhle, siehst du«, sagte er lächelnd mit vor Rührung leicht umflorter Stimme. »Nun,

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