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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Lass mich zuerst ein Bad nehmen. Geh, Liebling! Ruf inzwischen ein Taxi! Ich bin gleich angezogen!«

***

    Als das Taxi vor der Villa Belle de Mai hielt, war es für sie Liebe auf den ersten Blick. Das Haus lag an einem kleinen Pinienhain, und der Rasen ging bis ans Meer hinunter. Oh, diese vier Zypressen! Nachdem sie, mit begeisterten Ausrufen nicht sparend, einen Rundgang gemacht und sich dieses Wunder von allen Seiten besehen hatte, lief sie zu ihm zurück, bedeckte seine Hand mit Küssen, beklagte sich, dass er es nicht genug bewundere, dass er nicht mit genügend Enthusiasmus bestätige, diese Belle de Mai sei ein richtiges Märchenschloss, erklärte, sie fühle sich schon ganz zu Hause, und las mit lauter Stimme, was auf dem Schild am Gittertor stand. »Vermietung durch Maître Simiand, Notar in Cannes.« Sie zog ihn an der Hand, damit er sich beeilte, stieg ins Taxi und küsste die seidenen Manschetten. Die Pummelige aus dem Royal nachahmend, sang sie, sie wolle die Belle de Mai, ätsch, die Belle de Mai, ätsch bätsch!

***

    Sie zog ihn wieder an der Hand und eilte mit ihm, immer zwei Stufen auf einmal, die Treppe hinauf, die zu der Notariatskanzlei führte. Oh, nur diese Villa war ihrer wirklich würdig! Sie stieß kräftig die Tür auf und wandte sich an den Ältesten der Angestellten. »Monsieur, wir wollen Belle de Mai mieten.« Der alte Bürovorsteher, ein langer Aal mit hohem Zelluloidkragen, fragte, was das denn sei, diese Belle de Mai. Sie erklärte es ihm, sagte, ihrem Mann und ihr gefalle diese Villa ausnehmend gut und sie wollten sie mieten. Das Kopfnicken des Bürovorstehers erschreckte sie. War sie etwa schon vermietet? »Ich weiß es nicht, Madame.«
    Sie setzten sich. »Und wenn wir sie kaufen würden?«, flüsterte sie ihm zu. Bevor er antworten konnte, erschien, geschniegelt und gestriegelt und nach Fougère Royale duftend, Maître Simiand auf der Schwelle seines Büros. Er trat zur Seite mit jener eleganten Zurückhaltung, die ihm die Achtung seiner Mitbürger eingebracht hatte, bis zu dem Tag, an dem er ein paar Jahre später wegen Betrugs und Vertrauensbruchs verhaftet wurde. Leicht zitternd vor dem Empireschreibtisch sitzend, begann sie ihren kleinen Vortrag und gab von dem zu vermietenden Anwesen eine bezaubernde Beschreibung, welcher der junge Notar freundlich beipflichtete.
    »Ich habe mich sofort zu Hause gefühlt«, sagte die Arme erneut. (Glücklich und ganz aufgeregt, Beziehungen zu einem anderen als mir zu haben, dachte Solal.) »Diese vier Zypressen neben dem Haus sind wundervoll«, sagte sie, mondän lächelnd. (Ein klitzekleiner Ehebruch, dachte Solal.) »Es ist doch hoffentlich noch nicht vermietet?«
    »Nun ja, wir stehen in Verhandlungen, Madame.«
    Solal durchschaute das Spiel, unternahm jedoch nichts. Der Mietpreis würde erhöht werden, aber das spielte keine Rolle. Ein paar Geldscheine mehr, um ihr die Freude zu bereiten, ein Scheingespräch mit jemand anderem als dem Oberkellner oder dem Friseur zu führen, mit jemandem, der beinahe aus ihrem Milieu war, das war es wert. Also genieß es, mein Liebling.
    »Aber es ist noch nichts unterschrieben?«, fragte sie.
    »Nein, aber die potentiellen Mieter sind mit der Besitzerin persönlich befreundet.«
    Sie hätte gern eine kühne Bemerkung gemacht, in der Art Geschäft ist Geschäft. Doch sie traute sich nicht und sagte lediglich, sie sei bereit, mehr als diese anderen Personen zu bieten, nun ja, ein bisschen mehr. Er blickte seine Naive an, die sich so leicht hereinlegen ließ. Wer würde sie einmal beschützen, wenn er nicht mehr da wäre?
    »Das entspricht nicht unseren Gepflogenheiten, Madame«, sagte der Notar mit eindrucksvoller Frostigkeit. »Der Preis, den wir von den anderen Personen verlangen, ist achtundvierzigtausend Francs pro Jahr. Mehr können wir mit gutem Gewissen nicht verlangen. Das ist der angemessene Preis. (Gewöhnlich verlangt er die Hälfte und findet keinen Abnehmer, dachte Solal.) Aber die anderen Personen zögern, weichen aus und diskutieren.«
    »Sehr gut«, sagte sie lächelnd. »Aber finden Sie es nicht ein bisschen teuer?«
    »Nein, Madame.«
    »Und Sie sind sicher, dass das Haus in jeder Beziehung in Ordnung ist?«, fragte diese Geschäftsfrau. »Wir haben es nämlich noch nicht von innen gesehen.«
    »Absolut sicher, Madame.« (Sie ließ befriedigt die Luft durch die Nase entweichen und spürte, dass sie die Gelegenheit beim Schopfe packen musste.)
    »Dann nehmen wir es«, sagte sie.
    Der

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