Die Schöne des Herrn (German Edition)
lange und sehr stark, wie ein krankes Tier.
»Was hast du?«, fragte sie. »Warum hustest du so?«
Er hustete noch stärker, hustete irgendwie brüllend, wie ein schwindsüchtiger Löwe, und mit einer solchen Ausdauer, dass sie seine Absicht, ihr Schrecken einzujagen, durchschaute. Sie erhob sich.
»Hör auf!«, befahl sie. »Hör auf, verstanden? Hör mit dem Gehuste auf!«
Da er sein unerträgliches Husten fortsetzte, ging sie zu ihm und ohrfeigte ihn. Er lächelte und verschränkte die Arme, seltsam ruhig. Alles wurde wieder normal.
»Eine Arierin natürlich«, murmelte er zufrieden.
»Verzeihung«, sagte sie, »ich weiß nicht mehr, was ich tue. Verzeih mir.«
»Unter einer Bedingung. Dass wir nach Genf fahren und du mit ihm ins Bett gehst.«
»Niemals!«
»Aber du hast es ja schon getan!«, donnerte er. »Oh, ich verstehe«, sagte er lächelnd nach einer Pause, »ich verstehe, du hast Angst, es könnte dir gefallen! Aber du wirst es tun, ich bestehe darauf! Ich bestehe darauf, dass du mit Dietsch schläfst, damit wir endlich in der Wahrheit leben können, wir alle drei! Und auch damit du einsiehst, dass es mit ihm nicht so großartig ist, wie du es dir vorstellst. Wirst du nun also mit ihm schlafen, ja oder nein? Unsere Liebe hängt davon ab! Antworte, wirst du mit ihm schlafen?«
»Ja, einverstanden, ich werde mit ihm schlafen!«
Sie ging ans Fenster und beugte sich hinaus. Der Tod machte ihr keine Angst, aber die Leere und, in der Luft, während des Sturzes, das Bewusstsein, dass, wenn sie unten aufschlug, der Schädel zerbersten würde. Sie stützte ein Knie auf den Fenstersims. Er rannte zu ihr. Sie schwang den Oberkörper heftig vor und zurück, um ihm Zeit zu lassen, sie zurückzuhalten. Sobald er sie gepackt hatte, wehrte sie sich, nun wirklich entschlossen, sich zu töten. Doch er hielt sie fest. Sie drehte sich zu ihm um, Gesicht gegen Gesicht, hasserfüllt. Er widerstand dem Wunsch, die so nahen Lippen zu küssen, und schloss das Fenster.
»Du hältst dich also für eine anständige Frau?«
»Nein, ich bin keine anständige Frau!«
»Warum hast du mich dann vorher nicht gewarnt? Warum hast du mir im Ritz nicht gesagt, dass es, bevor wir weiter miteinander verkehren, vielleicht ratsam wäre, meinen Vorgänger zum Wassermann-Test zu schicken? Ich habe schließlich allerhand riskiert.«
Sie warf sich bäuchlings auf das Bett und schluchzte, das Gesicht ins Kopfkissen gepresst, Hüften und Lenden wiegend. O ihre Liebesbewegungen im Bett mit Dietsch, diese abscheulichen Bewegungen einer anständigen Frau, die ihn liebte. Er wusste es nur zu gut, dass sie eine anständige Frau war und dass sie ihn liebte, und das war seine Qual. Diese Frau, die hier vor ihm abscheuliche Bewegungen mit dem anderen machte, war eine anständige Frau, die ihn liebte, war die Unschuldige, die ihm mit kindlicher Begeisterung die Geschichte von der savoyischen Bäuerin erzählt hatte, die immer so tat, als bedauere sie ihre Kuh Diamant, und zu ihr sagte, »arme Diamant, haben sie sie geschlagen, meine Diamant?«, worauf die intelligente Kuh mit einem klagenden Muhen antwortete, und dieselbe Frau, deren Lenden und Hüften, o diese Lenden und Hüften, die sich im Takt der Lenden und Hüften des weißhaarigen Kerls bewegten, einer von der Rasse der Judenmörder, dieselbe Frau hatte eine solche Freude an ihrer unschuldigen Geschichte gehabt, er erinnerte sich noch sehr gut, wie sie sie ihm erzählt hatte, ja, und um es wirklichkeitsgetreuer zu machen, hatte sie die Sprechweise der Bäuerin nachgeahmt, hatte gesagt »arme Diamont, haben sie sie geschlagen, meine Diamont?«, und dann hatte sein süßes kleines Mädchen Ariane die Kuh nachgemacht, die, um zu antworten, ja, man habe sie geschlagen, Muh Muh machte, und das war der beste Augenblick der Geschichte gewesen, und das Köstlichste von allem war gewesen, wenn sie und er in Genf gemeinsam Muh Muh gerufen hatten, um sich gemeinsam am Witz der Geschichte und an Diamants Schlauheit zu ergötzen. Ach, wie närrisch und fröhlich sie damals gewesen waren, echte Freunde, Bruder und Schwester, damals. Und dieselbe Schwester, dasselbe kleine Mädchen, das ihn geliebt hatte, hatte der männlichen Abscheulichkeit eines anderen Asyl gewährt!
»Aufstehen«, befahl er, und sie drehte sich um, erhob sich langsam und kam zu ihm. »Los, beweg deine Seele!«
»Was willst du denn noch von mir?«, fragte sie.
»Einen Bauchtanz!«
Sie schüttelte den Kopf, starr vor sich hin
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