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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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ein.
    »Weißt du, woran ich denke?«, fragte er, nachdem er sich sein schwarzes Monokel zurechtgerückt hatte. »Nun, ich werde es dir sagen, da du mich nicht danach fragst. Ich denke, dass ich durch deine liebenswürdige Vermittlung intime Beziehungen mit diesem Herrn gehabt habe. Er ist sozusagen mein Liebhaber. Was sagst du dazu?«
    »Ich bitte dich, genug, genug«, stöhnte sie und nahm seine Hand, die er jedoch sofort der Berührung mit Dietschs Organen entzog.
    »Was sagst du dazu?«
    »Ich weiß nicht, ich möchte schlafen. Es ist schon halb sieben.«
    Er war empört. Eine richtige sprechende Uhr, diese Frau. Er überprüfte sich noch einmal im Spiegel, fand, dass ihm das schwarze Monokel das Aussehen eines Ritters der Weltmeere und Rächers der Bedrängten verlieh, und baute sich breitbeinig, die Fäuste in die Hüften gestemmt, vor ihrem Bett auf.
    »Und mit ihm ist es dir nie passiert, um halb sieben noch wach zu sein?«
    »Nein, um halb sieben habe ich geschlafen.«
    Das Lachen des Korsarenkapitäns hallte durch das Zimmer. Sie hat geschlafen, hatte sie die Stirn, ihm zu sagen, die Unverschämte! Natürlich hatte sie geschlafen! Aber mit wem und wonach? O das hündische Organ des anderen! Und sie hatte es zugelassen! Hatte sogar Schlimmeres zugelassen! O diese sanften Hände!
    »Dir gefallen die Männer, nicht wahr?«
    »Nein, sie widern mich an!«
    »Und ich?«
    »Du auch!«
    »Endlich!«, sagte er lächelnd und fuhr sich befriedigt mit dem Finger über die Nase, denn das war wenigstens klar und eindeutig.
    »Mein Gott, wenn du wüsstest, wie wenig mir dieser Dietsch bedeutete!«
    »Wirklich ›dieser‹? Und warum ›dieser‹? Warum diese plötzliche Animosität gegen einen Mann, zu dem du mit deinem Köfferchen gegangen bist, in einer ganz bestimmten Absicht? Was hast du gesagt?«
    »Ich habe gesagt, dass mir Monsieur Dietsch wenig bedeutete.«
    »Monsieur«, wenn sie von einem Mann sprach, der sich splitternackt auf sie gelegt hatte! Er packte sie am Ohr, empfand jedoch Mitleid beim Anblick ihres bleichen Gesichts mit den blauen Schatten unter den Augen.
    »Monsieur, in der Tat! Monsieur, wahrlich! Monsieur Dietsch, ich mache die Beine breit, haben Sie die Güte einzudringen! Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Monsieur Dietsch!«
    »Pfui, du bist hässlich und gemein!«, schrie sie, ganz das kleine Mädchen, das sie früher einmal gewesen war. »Von ihm hätte ich mir nie gefallen lassen, was ich mir von dir gefallen lasse!«
    »Wer ihm?«
    »Dietsch!«
    »Ich verbitte mir, dass du von ihm sprichst, als sei er mein Freund. Von wem sprichst du also?«
    »Von D.«
    »Du hast nicht D. zu ihm gesagt! Sag Serge.«
    »Ich habe ihn nicht bei seinem Vornamen genannt.«
    »Und wie hast du ihn genannt?«
    »Ich erinnere mich nicht!«
    »In diesem Fall nenne ihn Monsieur Sex. Du siehst, ich bin nett, ich könnte dich zwingen, Schlimmeres zu sagen, aber Monsieur Sex genügt mir. Los, sag Monsieur Sex!«
    »Ich werde es nicht sagen. Lass ihn in Ruhe.«
    »Wen? Wen? Wen? Wen? Antworte. Wen? Wen? Wen?«
    »Mein Gott, du bist ja wahnsinnig!«, rief sie und presste die Hände an die Schläfen, übertrieb ihren Schrecken. »Ich muss die ganze Nacht mit einem Wahnsinnigen verbringen!«
    »Ich mache dich darauf aufmerksam, dass draußen heller Tag ist. Aber das ist unwichtig, und ich will einmal akzeptieren, was du sagst. Du würdest es also vorziehen, die Nacht mit einem vernünftigen Menschen zu verbringen? Nicht wahr, du Hure?«
    »Mir reicht’s!«, schrie sie. »Ich hasse alle!«
    Sie griff nach dem gläsernen Tintenfass, wollte es an die Wand werfen, besann sich, stellte es wieder hin und ließ ihren Hass an der Schreibunterlage aus, die sie zu verbiegen suchte, und dann an dem Briefpapier des Hotels, das sie in kleine Stücke riss.
    »Was haben diese Briefbögen dir getan?«
    »Sie sind Huren!«
    »Es ist noch einer übrig, zerreiß ihn nicht. Schreib, dass du mit Dietsch geschlafen hast, und unterschreib. Nimm diesen Federhalter, mach ihn nicht kaputt.«
    Sie gehorchte und unterschrieb mit Ariane d’Auble, dreimal. Er las es mit Befriedigung. Jetzt war er sicher. Kein Zweifel mehr. Er faltete das Papier und steckte es in die Tasche. Er hatte jetzt den Beweis. Schon nett von ihr, fand er. Eine andere wäre schon längst davongelaufen. Sie legte sich aufs Bett, klapperte mit den Zähnen, blickte ihn feindselig an und hustete mehrere Male, ohne ersichtlichen Grund. Darauf zwang auch er sich zu husten und hustete

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