Die Schöne des Herrn (German Edition)
zog mehrmals daran, um männlich zu bleiben und gegen das Zucken seiner Lippen anzukämpfen.) Kurz, durch Beschluss des Generalsekretärs ist Herr Adrien Deume ab ersten Juni zum Mitglied der Sektion A befördert! Da hast du es! Er nimmt mir das Blatt wieder aus der Hand, unterschreibt es und wirft es in den Korb für die ausgehende Post! In meinem Fall hat er sich nicht einmal mit Sir John beraten! Kurz, direkte Wahl, Sondermaßnahme! Na, was sagst du?«
»Wunderbar.«
»Das will ich meinen, wunderbar! Stell dir vor, ganz plötzlich zum A ernannt! Und ohne dass ich darum gebeten habe! Stell dir vor, was das für ein Kerl ist, der sich innerhalb von wenigen Minuten über jemanden ein Urteil bildet, denn schließlich habe ich heute Nachmittag ja höchstens vier oder fünf Minuten mit ihm gesprochen, aber das hat ihm genügt, er hat gleich gesehen, mit wem er es zu tun hatte, und er hat seine Schlüsse daraus gezogen! Das nenne ich einen Psychologen! Und dann dieser edle Charakter! Ehrlich gesagt, ich kann überhaupt nicht verstehen, wie jemand Antisemit sein kann, das geht über meinen Verstand! Eine Rasse, die Bergson, Freud und Einstein hervorgebracht hat! (Saugen an der Pfeife, nasse Zischlaute.) Ja, ja, er hat gesehen, mit wem er es zu tun hatte! Also, gratulierst du mir?«
»Ja, natürlich gratuliere ich dir zu dieser Ernennung. Die du so sehr verdient hast«, fügte sie nach einer Pause hinzu.
Durch sein freudestrahlendes Lächeln wirkte sein Gesicht noch runder und pausbäckiger, während kleine Schweißtropfen unter seinem kurzen Kinnbart hervortraten. Aus tiefstem Herzen gab er ihr einen Kuss und schnäuzte sich dann. Schon toll, eine tolle Frau zu haben! Er steckte das nach Détachol riechende Taschentuch wieder ein und setzte sich in seinen Sessel.
»Weißt du, es ist schade, dass du nicht im ersten Stock auf mich gewartet hast. Du hättest uns sehen sollen, als wir aus seinem Büro kamen, auf und ab gingen und uns unterhielten, wie zwei alte Freunde, und er mir den Arm gab. Stell dir vor, den Arm, den er Sir John gibt, eben diesen Arm gab er meiner Wenigkeit! Ach übrigens, als er mich verließ, bat er mich, dir seine Empfehlung zu übermitteln. Ja, ja, er sagte Empfehlung. Ich finde das sehr nett, denn er kennt dich ja gar nicht. Kurz, er ist ganz der wohlerzogene Gentleman. (Er klopfte ihr zärtlich auf die Wange.) Also, meine Rianounette, ab ersten Juni bin ich A! Erster Juni, aus Budgetgründen, da der A-Posten erst in einem Monat frei wird, Sundar geht, er kehrt nach Indien zurück, wo er die Leitung des korrespondierenden Büros übernimmt, natürlich mit dem Rang eines Direktors, ein wahres Ruhepöstchen für diesen Glückspilz! A, stell dir vor! Zweiundzwanzigtausendfünfhundertfünfzig kleine Goldfränkli pro Jahr, und das ist erst der Anfang, denn dazu kommen noch die jährlichen Gehaltserhöhungen! Und fürs Ansehen ist es enorm! Denn A, das bedeutet Perserteppich, gepolsterter Ledersessel für die Besucher, Bibliothek mit verschließbarer Glastür und nicht mehr die Regale wie für die B! Da erkennt man gleich den hohen Beamten! (Er war ganz aufgeregt, blätterte in einem Ordner, ohne es zu bemerken, klappte ihn wieder zu, öffnete einen anderen.) Ledersessel, verstehst du, weil ein A viel mehr Besuche empfängt, das ist schon ein Posten mit politischer Verantwortung, Unterredungen, Lagebesprechungen. Und, verstehst du, jetzt werde ich mir erlauben können, ein, zwei moderne Gemälde aufzuhängen! Ein A kann sich alles erlauben! Keine gegenständlichen Bilder, abstrakte! Und eine damaszierte Schachtel auf meinem Schreibtisch für die Luxuszigaretten, die ich meinen Besuchern anbiete! Das sieht nach Abteilungsleiter aus. Und auf dem Tisch ein Foto des U.G.S. mit Widmung! Darum muss ich ihn mal bitten. Ein Typ, der Arm in Arm mit mir auf und ab geht, den werde ich doch gelegentlich um ein Foto bitten können, glaubst du nicht auch?«
»Ja, vielleicht.«
»Nur vielleicht?«
»Ich meine, gewiss.«
»Ah ja. Du meinst also, ich könnte ihn um ein Foto bitten?«
»Ja, ich denke schon.«
»Gut. Und vergiss nicht, in meinen Beziehungen zu den Mitgliedern der Ständigen Mandatskommission gibt mir das eine ganz andere gesellschaftliche Stellung. Wenn ich mit Volpi spreche, dem Vorsitzenden, der ein Marquis ist, habe ich ein ganz anderes Ansehen. Und die Aufgaben, die mir das einbringt! Denn einem A vertraut man politische Jobs an, die Takt und diplomatisches Gefühl, Differenzierungsvermögen
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