Die Schöne des Herrn (German Edition)
sind sinnlos, wenn sie kein Täubchen ist, denn der Onkel ist Psychologe und wird sie alle mit großem Scharfblick prüfen! Mitgift ist nicht nötig, denn der Neffe verdient Unsummen! Geld ist nicht wichtig! Wir brauchen Tugend und Schönheit! Antworten postlagernd nach Genf an S. S. Neuere Fotografie erwünscht, keine, die zehn Jahre alt ist, denn wir brauchen sie Jung und Charmant! Gute Hausfrau auch und sparsam! Nicht eine, die dauernd Kleider aus Paris kauft! Falls aber doch eine Mitgift da ist, schlagen wir sie nicht aus! Vor allem im Interesse des Jungen Mädchens, damit es seine Unabhängigkeit bewahrt und sich nicht Demütigen muss, indem sie ihn ständig um Geld anbettelt, und mit Papageienstimme wiederholen muss, ich habe dies nicht, und ich habe das nicht, und ich brauche einen Neuen Hut! Aber im Grunde ist die Mitgift nicht unbedingt erforderlich! Wichtig ist allein, dass sie Tugendhaft und Vernünftig ist! Und dass sie auch Ein Bisschen Still sein kann und nicht ständig über alles und jeden schwatzt, wie es so Manche Reiche Frauen tun, die einem andauernd in den Ohren liegen! Aber sie muss trotzdem Gebildet sein und Interessante Gespräche führen können! Musik! Poesie und dergleichen! Und schließlich soll sie ein bisschen modern sein und trotzdem in die Synagoge gehen! Und dass mir kein Schweinefleisch zu ihnen ins Haus kommt! Und keine Schnecken und keine Austern! Denn das ist ungesund! Und dass sie nicht dauernd von ihren großartigen Beziehungen redet, wie gewisse Frauen unserer Religion es tun! Wir sollten mal wieder die Frau des Präfekten einladen, und so weiter! Damit soll sie ihm nicht kommen, denn er ist selber eine Große Beziehung und braucht keinen Präfekten! Jedes Mal, wenn er einen Präfekten sieht, spuckt er aus! Und auch mit den Börsenkursen soll sie ihn verschonen! Das ist zu ordinär für eine Frau! Und nicht jeden Abend ins Theater oder zum Tanzen gehen! Und sich nicht ständig aufdonnern! Kein Lippenstift! Ein bisschen Puder genügt. Also, das Vollkommene Junge Mädchen!«
»Danach kann die Ariane einpacken!«, lautete sein Fazit.
Er fühlte sich plötzlich sehr matt, stützte die Stirn auf die Hand, schloss die Augen und schlief abrupt ein, denn er war alt. Fast sofort wachte er wieder auf, las sein Inserat noch einmal und stellte fest, dass es sinnlos war. Wer konnte gegen die Schönste aller Christinnen ankämpfen, gegen eine Jungfrau, die wie der Vollmond einer Sommernacht über dem ruhigen Meer strahlte und die obendrein bestimmt eine große Anzahl von Gedichten auswendig wusste? Es gab nur eine Lösung, man musste dieses christliche Fräulein zu einer Tochter Israels machen! Ja, darum würde er sich kümmern! Er würde ihr ins Herz reden, ihr von der Heiligkeit der Gebote, der Größe der Propheten, den Plagen des auserwählten Volkes erzählen, und vor allem würde er ihr erklären, dass Gott wirklich der Eine und Einzige sei, und dann würde sie konvertieren!
»Also, Sol, ich habe gründlich nachgedacht, und ich bin einverstanden! Da es dein Schicksal ist, heirate dieses Fräulein! Dein Glück zählt mehr als alles andere, und vielleicht ist es ja Gottes Wille. Wer weiß, wer kann es wissen? Schließlich hat unser König Salomon ja auch Fräulein geheiratet, die nicht aus unserem Volk waren. Ich bin also einverstanden, und wenn du willst, werde ich in meiner Eigenschaft als dein geistiger Vater, wie du es in deinem schönen Brief sagtest, den ich immer bei mir in meiner Brieftasche trage, ja, wenn du willst, werde ich mit ihren Eltern reden, ihnen meinen positiven Entschluss und meine Genehmigung mitteilen, in dieser meiner Eigenschaft als geistiger Vater, und dann in deinem Namen um ihre Hand bitten, das ist schicklicher, und auch gewisse Fragen mit ihnen besprechen. Ich werde mich kleiden, wie es sich gehört, weiße Handschuhe, Blumenstrauß, alles, wie es sein soll. Und wenn du gestattest, werde ich während der Verlobungszeit ein bisschen mit ihr reden und sie zur Vernunft bringen. Und wer weiß, du verstehst schon, was ich meine, mit Gottes Hilfe kann dann doch noch etwas Gutes dabei herauskommen.«
Wer weiß, vielleicht würde sie ihn sogar bitten, ihr Hebräisch beizubringen. Er nickte und dachte bereits an die bezaubernden Stunden des Unterrichts in der heiligen Sprache und an die frommen Unterhaltungen. Jeden Tag zwei Unterrichtsstunden, eine Stunde Hebräisch, eine Stunde Bibelkunde mit Erklärungen der heiligen Gebote und allem anderen. Sie neben ihm
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