Die schöne Diebin
sie einen Moment lang befriedigt, glücklich und losgelöst von der Realität neben dem Geliebten, der sich von ihr herabgerollt hatte. Sie streckte die Hand nach ihm aus. Sie konnte spüren, wie rasch sein Herz noch immer schlug.
Seine Haut war feucht von Schweiß. Seine Abendkleidung war ruiniert.
Das brachte Nora mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück. Der Verlobungsball! Jack, der mit Neuigkeiten auf sie wartete! Was würde er zu berichten haben? Würden die Ergebnisse seiner Nachforschungen dazu führen, dass sie sich von Brandon trennen musste? Hatte er sie gerade zum letzten Mal geliebt?
Sie schluckte. Dann fand sie ihre Stimme wieder. „Du siehst furchtbar aus. Was haben wir nur mit deinem eleganten Anzug gemacht? Du wirst dich umkleiden müssen.“
„Das sollte eine gute Übung für Harper darstellen.“ Brandons blaue Augen blitzten auf. „Und Ellie wird auch beweisen müssen, dass sie eine geschickte Zofe ist. Sie wird dich in Rekordzeit ankleiden und frisieren müssen. Wir werden wahrscheinlich zu spät kommen.“ Trotzdem machte er keine Anstalten, sich zu beeilen. Er streckte die Hand nach seinem Frackrock aus, der zerknittert auf der Erde lag, und holte etwas aus der Tasche. Eine kleine blaue Schachtel. Er reichte sie Nora. „Ein Geschenk für dich.“
Sie stand auf und schlüpfte in ihren Morgenmantel, ohne die Schachtel entgegenzunehmen. Brandon wartete geduldig. Ihm war klar, dass die Annahme des Geschenks von großer Bedeutung für sie war. „Bitte!“, meinte er schließlich leise.
Nora hatte in ihrem Leben genug Schmuck gestohlen, um zu wissen, dass diese Schachtel nichts anderes enthalten konnte. Trotzdem fragte sie: „Was ist es?“ Ihr war klar, dass alle Männer glaubten, sie könnten eine Frau mit solchen Geschenken glücklich machen. Und tatsächlich empfand sie große Freude über Brandons großzügige Geste. Trotzdem wollte sie nicht zulassen, dass er Geld für eine verlorene Sache ausgab. Sie würde das Schmuckstück ablehnen müssen. Aber zumindest wollte sie wissen, was er für sie ausgewählt hatte.
Mit einem Lächeln nahm sie die Schachtel und öffnete den Deckel. „Oh!“ Auf einem Bett aus blauem Samt lagen eine Halskette, ein Armband und ein Paar Ohrringe. Kleine Diamanten glitzerten mit exquisiten Smaragden um die Wette.
„Wie wunderschön!“
„Es ist der Stockport-Schmuck.“
Das war noch schlimmer, als sie befürchtet hatte. Er hatte ihr keine Juwelen gekauft, sondern ihr den Familienschmuck gegeben. Wenn sie ihn akzeptierte, nahm sie gleichzeitig Brandons Antrag an. Ihre Stimme klang fest, als sie sagte: „Wie lieb von dir! Aber ich kann diese Erbstücke unmöglich tragen.“ Sie schloss die Schachtel und hielt sie ihm hin.
Er legte das Kästchen auf den Frisiertisch. „Liebste, du willst mein Verlobungsgeschenk doch nicht zurückweisen!“ Er öffnete den Deckel und holte die Halskette heraus. „Komm her!“ Ehe sie reagieren konnte, hatte er ihr das Schmuckstück um den Hals gelegt und den Verschluss geschlossen.
„Unsere Verlobung ist nicht echt!“, brachte sie heraus. Und dann begriff sie. Mit einem Lachen fuhr sie fort: „Diese Juwelen sind auch nicht echt! Ach, Brandon … Der Schmuck ist eine Nachbildung, nicht wahr? Gut gemacht, man kann sie wirklich nicht von richtigen Edelsteinen unterscheiden.“
Brandon sah gekränkt drein. „Ich würde dir nichts Unechtes anbieten! Diesen Schmuck haben vier Generationen von Stockport-Bräuten getragen.“
„Dann kann ich ihn wirklich nicht annehmen. Das musst du doch verstehen!“
„Die Einwohner von Stockport-on-the-Medlock wissen von diesen Juwelen. Sie erwarten, dass du sie zur Feier deiner Verlobung trägst.“ Er befestigte die Ohrringe und hielt ihr das Armband hin.
„Nein!“ Die Erwartungen, die andere an sie stellten, waren ihr schon immer eine Last gewesen. Außerdem hatte Brandon wieder nicht von Liebe gesprochen. Sie aber wollte mehr als seinen Schutz!
„Bitte, mach mir die Freude, den Schmuck heute zu tragen“, drängte er mit sanfter Stimme. „Er passt so gut zu deinen Augen. Du siehst bezaubernd damit aus!“
Er zog sie an sich, und sie spürte, dass sein Verlangen aufs Neue erwacht war. Ein Schauer überlief sie. Himmel, wenn sie nicht rasch etwas unternahm, würde sie noch einmal mit ihm auf dem Teppich landen! „Willst du dir nicht etwas überziehen?“, fragte sie.
Er lachte, trat dann jedoch tatsächlich an ihren Kleiderschrank. Allerdings nicht, um sich einen
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