Die schöne Diebin
Tür wandte, durch die Jack kurz zuvor verschwunden war.
Die Freunde zogen sich in ein ruhiges Zimmer zurück, und sogleich begann Jack zu reden. „Meiner Meinung nach spitzt die Situation sich zu. Witherspoon hat, wie ich erfahren habe, auf eigene Faust Nachforschungen angestellt. Und nun lässt er überall verbreiten, The Cat sei eine Frau. Anscheinend hat er auch schon mehrfach erwähnt, dass er den Verdacht hegt, Miss Eleanor Habersham habe etwas mit den Einbrüchen zu tun.“
„Ich weiß.“ Brandon nickte. Das alles war ihm nicht neu. Er beschloss, Jack von dem beim Juwelier aufgetauchten Kollier zu erzählen und davon, wie Nora es noch am gleichen Tag erneut gestohlen hatte.
Sein Freund lachte laut auf. „Mir scheint, du leidest nicht unter Langeweile, obwohl ich persönlich Stockport-on-the-Medlock für den trostlosesten Ort der Welt halte.“
„Darüber brauchen wir jetzt nicht zu streiten. Berichte mir lieber, was du über diesen Reggie Portman herausgefunden hast.“
Jack hob die Augenbrauen. „Ist dir eigentlich klar, was du mir während der letzten Wochen zugemutet hast? Eigentlich sollte ich dich zur Strafe ein wenig auf die Folter spannen. Aber ich mag dich, und deshalb will ich dir gleich sagen, wie die Dinge stehen. Also: Nora ist schon seit zwei Jahren Witwe. Ihr Mann ist bei einer Kneipenschlägerei umgekommen.“
Mit einem tiefen Seufzer lehnte Brandon sich zurück. Die unterschiedlichsten Gefühle erfüllten ihn. Es erschien ihm unmoralisch, sich über den Tod eines Mitmenschen zu freuen. Dennoch empfand er die größte Erleichterung darüber, dass Nora frei war. Nichts stand ihrer Eheschließung nun noch im Weg. Eleanor Habersham war verschwunden. Und da Witherspoon hatte verbreiten lassen, dass sie wahrscheinlich die Einbrecherin war, würde in Stockport-on-the-Medlock niemand mehr nach der Katze suchen. Die Zukunft erschien ihm plötzlich wunderbar.
„Ich sehe dir an, dass du nach wie vor in das Mädchen vernarrt bist“, stellte Jack fest. „Trotzdem möchte ich dich noch einmal darauf hinweisen, dass du die Kleine nicht zu heiraten brauchst. Eure Verlobung ist nur ein Spiel, nicht wahr? Außerdem glaube ich kaum, dass eine Diebin jemals eine gute Countess werden kann. Das Wichtigste aber ist, dass Witherspoon oder irgendwer sonst vielleicht doch noch die Wahrheit herausfindet. Was dann?“
„Du machst dir unnötige Sorgen.“
„Das glaube ich nicht. Ich finde, du solltest endlich deinen Verstand benutzen.“
„Das habe ich. Deshalb ist es mir auch gelungen, einen weiteren Investor zu finden. Gestern haben wir die Verträge unterzeichnet. Die Fertigstellung der Fabrik ist nur noch eine Frage der Zeit.“
„Gratuliere, alter Knabe. Du hast zwei Spiele gespielt, und beide gewonnen.“
„Unsinn, von welchen Spielen sprichst du?“
„Der Cock of the North hat The Cat verführt und gleichzeitig seine Pläne bezüglich der Tuchfabrik in die Tat umgesetzt. Das nenne ich einen Erfolg! Damit solltest du dich zufriedengeben.“
„Bei Jupiter, Jack, ich wiederhole es noch einmal: Es war kein Spiel. Ich habe noch lange nicht mit Nora abgeschlossen.“ Er erhob sich, entschlossen, das Gespräch mit Jack zu beenden und Nora die Neuigkeit vom Tod ihres Gatten zu überbringen.
18. KAPITEL
„Du hast zwei Spiele gespielt und beide gewonnen.“
„… Ich habe noch lange nicht mit Nora abgeschlossen.“
Nora erstarrte. Sie hatte Brandons Stimme deutlich erkannt. Und sein Gesprächspartner konnte nur Jack sein. Sie war der Meinung gewesen, Brandon habe sie indirekt gebeten, ihm nach einer Weile zu folgen. Doch nun kam sie sich vor wie eine heimliche Lauscherin.
Sie war verunsichert. Hatte Brandon womöglich geplant, sie diese seltsame Unterhaltung hören zu lassen? War dies seine Art, ihr zu verstehen zu geben, dass ihre Beziehung zu Ende war? Nein, es musste mehr zu bedeuten haben. Warum sonst hätte er sagen sollen, dass er noch nicht mit ihr fertig war? Sie schluckte. Was mochte er mit ihr vorhaben? Was konnte schlimmer sein als das, was sie gerade erfahren hatte? Tränen stiegen ihr in die Augen.
Er hat seine eigenen Interessen verfolgt, aber so getan, als ginge es ihm um meine Sicherheit! Und ich habe mich von seinen schönen Worten und seiner Leidenschaft im Bett täuschen lassen. Himmel, wie konnte das nur geschehen? Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden, und lehnte sich gegen die Wand. Es war alles eine Lüge. Er hatte sich über sie lustig gemacht, wenn er mit ihr
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