Die schöne Diebin
schüttelte fassungslos den Kopf. Seine Beziehung zu Nora schien geprägt von Missverständnissen.
Nora hingegen war wütend. Warum glaubten Männer immer, im Recht zu sein? Es war so ermüdend, ständig mit ihnen zu streiten! Am besten, sie machte dem allen ein Ende, indem sie einfach fortging.
Unwillkürlich blickte sie zur Tür.
Jack hüstelte. „Vielleicht sollten der Vikar und ich anderswo warten, bis ihr eure Meinungsverschiedenheiten beigelegt habt. Kommen Sie, Herr Pastor, ich lade Sie zu einem Glas Ale ein. Zum Gasthof ist es ja nicht weit.“ Der Geistliche nickte, und gemeinsam verließen sie das Cottage.
„Du verdrehst absichtlich meine Worte, Nora“, warf Brandon ihr vor. „Ich habe dich nie zu einer käuflichen Frau machen wollen. Aber ich verstehe natürlich, dass dir der Abschied leichter fällt, wenn du mir die Schuld an allem geben kannst und nur das Schlechteste von mir denkst.“
„Ach? Dann verrate mir doch bitte, was das Beste wäre!“ Nora gab sich herablassend. Hochmütig musterte sie Brandon von Kopf bis Fuß. Dabei hoffte sie von ganzem Herzen, diese Betrachtung möge nicht ihre Begierde wecken. O Gott, es würde schwer sein, diesen Mann aufzugeben!
„Das Beste ist, dass ich dich heiraten möchte.“
„Falls du es nicht wissen solltest: Guten Sex gibt es auch ohne Trauschein.“ Mit ihren sarkastischen Worten versuchte sie, auf Distanz von Brandon zu gehen. Das aber war nicht so leicht.
„Hör auf, Nora!“, befahl er. „Mir ist klar, dass du mit mir streiten willst. Diese Taktik hast du schon einige Male angewandt, um einem ernsthaften Gespräch auszuweichen. Aber ich werde auf deine Tricks nicht mehr hereinfallen.“
„Gut, keine Tricks also. Du brauchst mir nur die Wahrheit zu sagen.“ Sie schaute ihm fest in die Augen. „Liebst du mich?“
Er sah verwirrt aus, und sie wünschte, sie hätte ihm diese Frage nicht gestellt. Solange ich nicht genau weiß, was er für mich empfindet, kann ich wenigstens in den leeren Nächten, die auf mich warten, von ihm und seiner Leidenschaft träumen.
„Du fragst, ob ich dich liebe? Ja, weißt du das denn nicht?“ Er begann, erregt im Raum auf und ab zu gehen. „Natürlich liebe ich dich! Ich glaube, ich habe schon in jener Nacht damit begonnen, als du in der Bibliothek auf mich gewartet hattest. Du saßest in dem Stuhl am Kamin, ein Bein über die Lehne geschwungen. Und du hast mit dem Fuß gewippt, während du meinen Brandy hinuntergegossen hast wie ein Mann.“
„Oh!“ Ihre Stimme war plötzlich ganz leise geworden. „Du liebst mich?“
„Das solltest du eigentlich wissen.“ Auch sein Ton hatte sich jetzt verändert. Beinahe sanft hörte er sich an, obwohl da auch noch Enttäuschung und ein wenig Ärger zu erahnen waren. „Was ich für dich getan habe, tut ein Mann nur für die Frau, die er liebt.“
Er streckte die Arme nach ihr aus, und langsam ging sie auf ihn zu. Er legte ihr die Hände auf die Schultern, zog sie näher und küsste sie. Seine Zunge folgte der Form ihrer Lippen, drängte sich dann zwischen ihre Zähne, erforschte ihren nun geöffneten Mund.
„Ich habe mich so oft gefragt, wie du zu mir stehst“, murmelte er, als er sich endlich von ihr löste. „Niemand hat mir je so viel bedeutet wie du. Dabei weiß ich nicht einmal, ob du meine Liebe erwiderst.“
„Ich liebe dich.“ Es war gar nicht so schwer, die drei Worte zu sagen. Sie hatte sich davor gefürchtet, weil sie geglaubt hatte, sie würde sich verletzlich fühlen, wenn sie Brandon ihre Gefühle gestand. Stattdessen war sie glücklich. Ihr war, als sei sie nach Hause gekommen.
„Dann wäre das also geregelt.“
Die Tür wurde so heftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand schlug.
Instinktiv zog Brandon Nora mit einer beschützenden Geste an sich.
„Solange Sie nicht gehört haben, was ich zu sagen habe, ist hier gar nichts geregelt!“
Es war Witherspoon. Hinter ihm erschien St. John, der sich wie ein Wachposten vor die Tür stellte.
„Was machen Sie hier?“, fragte Brandon kalt.
„Viel interessanter ist es doch, was Sie hier machen!“
„Lassen Sie uns allein, Witherspoon! Meine Verlobte und ich brauchen jetzt etwas Zeit füreinander.“ Brandons natürliche Autorität machte es den Eindringlingen fast unmöglich, sich ihm zu widersetzen.
Doch der Geschäftsmann war zu allem entschlossen. „Ihre Verlobte?“, spottete er. „Diese Frau ist genau so wenig Ihre Verlobte, wie ich der König von Frankreich bin. Das Weib, das
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