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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Bei der Frage nach den Alibis ist bei einem Zeitraum von vierzehn Tagen nichts mehr zu machen. Und die Frage nach irgendwelchen materiellen Indizien ist auch fast nicht zu beantworten. Bleibt die Frage nach dem ›Warum?‹ und allem, was daraus folgt: Erben, Feinde, Geliebte, Erpresser und all die gängigen Vermutungen.«
    Alexandra schob ihre leere Tasse von sich und verließ das Refektorium. Ihr Sohn saß ein Stockwerk höher im Zimmer von Mathias an einem kleinen Schreibtisch und zeichnete. Sie kam mit ihm herunter und holte eine Jacke aus ihrem Zimmer.
    »Ich fahr mal weg«, sagte sie zu den Männern, die am Tisch saßen. »Ich weiß nicht, wann ich zurück sein werde. Aber wartet nicht auf mich.«
    »Mit dem Kleinen?« fragte Marc.
    »Ja. Wenn ich spät nach Hause komme, schläft Cyrille auf dem Rücksitz ein. Macht euch keine Sorgen, ich brauch Bewegung.«
    »Mit dem Auto? Was für einem Auto?« fragte Marc.
    »Dem von Tante Sophia. Das rote. Pierre hat mir die Schlüssel gegeben und gesagt, ich kann es nehmen, wann ich will. Er hat sein eigenes.«
    »Sie waren bei Relivaux?« fragte Marc. »Ganz allein?«
    »Glauben Sie nicht, daß mein Onkel überrascht gewesen wäre, wenn ich ihn nicht besucht hätte, obwohl ich schon seit zwei Tagen hier bin? Mathias kann sagen, was er will, aber Pierre war reizend. Und ich möchte nicht, daß die Polizei ihn behelligt. Er hat jetzt schon genug Sorgen.«
    Alexandra war offensichtlich äußerst gereizt. Marc fragte sich, ob er nicht ein wenig voreilig gewesen war, als er sie bei ihnen einquartiert hatte. Warum sollte man sie nicht wieder zu Relivaux schicken? Nein, das war wirklich nicht der Moment. Und Mathias würde sich erneut wie ein Fels in die Tür stellen.
    Er sah die junge Frau an, die mit verlorenem Blick, aber entschlossen ihren Kleinen an der Hand hielt. Der Wasserfall von Enttäuschungen, richtig, beinahe hätte er den Wasserfall vergessen. Wo sie wohl mit dem Auto hinwollte? Sie hatte gesagt, in Paris würde sie niemanden kennen. Marc fuhr Cyrille durch seine lockigen Haare. Der Kleine hatte Haare, die unwiderstehlich zum Streicheln herausforderten. Das änderte nichts daran, daß seine Mutter, so zart und schön sie auch sein mochte, ganz schön zickig sein konnte, wenn sie gereizt war.
    »Ich möchte mit dem heiligen Markus zu Abend essen«, sagte Cyrille. »Und mit dem heiligen Lukas. Ich habe genug vom Autofahren.«
    Marc sah Alexandra an und gab ihr zu verstehen, daß ihn das nicht stören und er heute abend nicht weggehen würde und daher auf den Kleinen aufpassen könnte.
    »Einverstanden«, sagte Alexandra.
    Sie gab ihrem Sohn einen Kuß, sagte ihm, daß die beiden in Wirklichkeit Marc und Lucien hießen, und verließ, die Arme an sich gepreßt, den Raum, nachdem sie Inspektor Leguennec zugenickt hatte. Marc riet Cyrille, doch vor dem Abendessen noch seine Bilder zu Ende zu malen.
    »Wenn sie nach Maisons-Alfort fährt«, sagte Leguennec, »dann bemüht sie sich umsonst. Die Gasse ist abgesperrt.«
    »Warum sollte sie dorthin fahren?« fragte Marc, der sich plötzlich ärgerte und vergessen hatte, daß er ein paar Minuten zuvor noch gewünscht hatte, Alexandra möge ausziehen. »Sie wird ziellos herumfahren, das ist alles!«
    Leguennec streckte seine breiten Hände aus und schwieg.
    »Laßt ihr sie beschatten?« fragte Vandoosler.
    »Nein, nicht heute abend. Sie wird heute abend nichts anstellen.«
    Marc stand auf, sein Blick wechselte rasch zwischen Leguennec und Vandoosler hin und her.
    »Sie beschatten? Das soll wohl ein Witz sein?«
    »Ihre Mutter wird erben, und Alexandra wird davon profitieren«, sagte Leguennec.
    »Na und?« rief Marc. »Da wird sie wohl kaum die einzige sein! Mein Gott, seht euch bloß an! Nicht der geringste Zweifel! Erst mal Entschlossenheit und Verdächtigungen! Das Mädchen bricht hier völlig zusammen, zieht los, weiß nicht, ob nach rechts, nach links, im Zickzack oder im Kreis, und ihr ordnet ihre Überwachung an! Männer mit Charakter, Männer, denen man nichts vormacht, Männer, die nicht auf den Kopf gefallen sind! Dummes Zeug! Wißt ihr, was ich von Männern halte, die immer Herr der Lage bleiben?«
    »Wir wissen es«, sagte Vandoosler. »Sie können dich am Arsch lecken.«
    »Ganz genau, sie können mich am Arsch lecken! Es gibt keine übleren Arschlöcher als Männer, die immer Herr der Lage sind! Und ich frage mich, ob du nicht der allerabgebrühteste Bulle bist von allen Bullen, die immer Herr der Lage

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