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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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nicht erkannt und waren weit in einen schwarzen Boden vorgestoßen, den sie an der Oberfläche verteilt hatten, als sie das Loch wieder zuschütteten. Es gab keine andere Erklärung. Die Sache hatte keine Bedeutung.
    Marc blieb ein Weilchen dort sitzen und fuhr mit den Fingern durch die Erde. Er las eine kleine Steingutscherbe auf, die ihm eher aus dem 16. als aus dem 18. Jahrhundert zu stammen schien. Aber er kannte sich damit nicht so gut aus und stopfte sie in seine Tasche. Er stand auf, gab dem Baumstamm einen Klaps, um ihm zu sagen, daß er jetzt gehen würde, und machte sich wieder an die Überwindung des Tors. Er berührte gerade mit den Füßen die Mülltonne, als er den Paten kommen sah.
    »Sehr unauffällig«, bemerkte Vandoosler.
    »Na und?« erwiderte Marc und wischte sich die Hände an der Hose ab. »Ich habe nur nach dem Baum gesehen.«
    »Und was hat er dir gesagt?«
    »Daß Leguennecs Bullen sehr viel tiefer gegraben haben als wir, bis ins 16. Jahrhundert. Mathias hat nicht ganz unrecht, die Erde kann reden. Und du?«
    »Komm von der Mülltonne runter, dann muß ich nicht so schreien. Christophe Dompierre war wirklich der Sohn des Kritikers Daniel Dompierre. Das wäre schon mal geklärt. Was Leguennec angeht, so hat er angefangen, die Archive bei Simeonidis durchzuarbeiten, aber er schwimmt im Augenblick genauso wie wir. Seine einzige Genugtuung besteht im Moment darin, daß die achtzehn vermißten Schiffe in der Bretagne alle wieder im Hafen sind.«
    Als sie den Garten durchquerten, nahm Marc seine Kaffeeschale mit. Es war noch ein kleiner Schluck kalter Kaffee darin, den er trank.
    »Es ist fast Mittag«, sagte er. »Ich mach mich sauber und geh ins Tonneau essen.«
    »Das ist Luxus«, bemerkte Vandoosler.
    »Ja, aber heute ist Donnerstag. Zu Ehren von Sophia.«
    »Bist du sicher, daß es nicht wegen Alexandra ist? Oder wegen dem Kalbsgeschnetzelten?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Magst du mitkommen?«
     
    Alexandra saß an ihrem gewohnten Tisch und mühte sich damit ab, ihren trotzigen Sohn zum Essen zu überreden. Marc fuhr Cyrille mit der Hand durchs Haar und ließ ihn mit seinen Ringen spielen. Cyrille mochte die Ringe des heiligen Markus. Marc hatte ihm gesagt, daß er die Ringe von einem Zauberer bekommen hätte und daß sie ein Geheimnis besäßen, daß er aber nie herausgefunden habe, welches. Der Zauberer sei in der Pause verschwunden, ohne es ihm zu sagen. Cyrille hatte sie gerieben, gedreht, hatte draufgepustet, aber nichts war passiert. Marc ging Mathias begrüßen, der hinter der Theke festgewachsen zu sein schien.
    »Was ist los?« fragte Marc. »Du wirkst wie versteinert.«
    »Ich bin nicht versteinert, ich bin hier eingeklemmt. Ich habe mich in aller Eile umgezogen und habe alles angezogen, Hemd, Weste, Fliege, aber die Schuhe vergessen. Juliette sagt, ich könnte nicht in Sandalen bedienen. Komisch, was das angeht, ist sie sehr genau.«
    »Ich verstehe sie«, sagte Marc. »Ich hol dir deine Schuhe. Mach mir inzwischen ein Kalbsgeschnetzeltes.«
    Fünf Minuten später kam Marc mit den Schuhen und der Pfeife aus weißem Ton zurück.
    »Erinnerst du dich an die Pfeife und an diese Erde?« fragte er Mathias.
    »Natürlich.«
    »Heute vormittag habe ich dem Baum Guten Tag gesagt. Die Erde an der Oberfläche ist nicht mehr dieselbe. Sie ist schwarz und tonig.«
    »So wie unter deinen Fingernägeln?«
    »Genau so.«
    »Das bedeutet, daß die Bullen tiefer gegraben haben als wir.«
    »Ja. Das habe ich mir auch gedacht.«
    Marc verstaute den Pfeifenkopf in seiner Tasche und stieß dabei mit den Fingern auf die Steingutscherbe. Marc führte eine Reihe nutzloser Dinge mit sich, die er von einer Tasche in die nächste leerte und von denen er sich dann nicht mehr trennen konnte. Seine Taschen spielten mit ihm dasselbe Spiel wie sein Gedächtnis, sie ließen ihn selten in Ruhe.
    Nachdem Mathias seine Schuhe angezogen hatte, setzte er Marc und Vandoosler zu Alexandra an den Tisch, die nichts dagegen hatte. Weil sie selbst nicht davon sprach, vermied Marc es, sie nach dem Verhör zu fragen, das sie am Tag zuvor über sich hatte ergehen lassen müssen. Alexandra fragte nach Neuigkeiten aus Dourdan und wie es ihrem Großvater ginge. Marc sah den Paten an, der unmerklich nickte. Marc ärgerte sich darüber, daß er erst den Paten um Einwilligung bat, bevor er mit Lex redete, und merkte, daß der Zweifel in ihm schon viel tiefer saß, als er für möglich gehalten hätte. Er schilderte ihr

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