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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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kramen, die er auf den Stuhl gelegt hatte.
    »Keine Bewegung, Alter, keine Bewegung.«
    Er wühlte einen Augenblick in einem Haufen von Papieren und zog eine Rolle heraus, die von einem Gummi zusammengehalten wurde. Vandoosler sah ihm sichtlich bewundernd zu. Der Zufall hatte Lucien geholfen, aber Lucien hatte diesen Zufall außerordentlich fest an seine Harpune genommen.
    »Nach all dem«, sagte Lucien, »war ich erst mal aus der Fassung. Die Dame Rachel übrigens auch. So in ihren Erinnerungen zu wühlen hat sie ziemlich bewegt. Sie wußte nichts von dem Mord an Christophe Dompierre, und du kannst dir denken, daß ich auch nichts davon gesagt habe. Gegen zehn haben wir uns einen kleinen Kaffee gemacht, um uns wieder zu stärken. Alles schön und gut, aber ich habe immer noch an meine Tagebücher gedacht. Das ist menschlich, verstehst du.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Marc.
    »Rachel de Frémonville hat sich große Mühe gegeben, aber es war umsonst, die Tagebücher waren verloren. Als sie ihren Kaffee trank, stieß sie plötzlich einen kleinen Schrei aus. Weißt du, so einen zauberhaften kleinen Schrei, wie in einem alten Film. Ihr war gerade eingefallen, daß ihr Mann, der sehr an diesen sieben Heften hing, so umsichtig gewesen war, sie von seinem Pressefotografen abfotografieren zu lassen. Das Papier der Hefte war schlecht und fing an, fleckig zu werden und sich aufzulösen. Sie hat mir gesagt, daß der Fotograf vielleicht noch Abzüge oder die Negative der Fotos haben könnte, mit denen er sich soviel Mühe gegeben hatte. Die Tagebücher waren mit Bleistift geschrieben und nicht leicht aufzunehmen. Sie hat mir die Adresse von dem Fotografen gegeben – zum Glück in Paris –, und ich bin direkt zu ihm hin. Er war da und stand gerade im Labor. Er ist erst Anfang Fünfzig und arbeitet noch immer als Fotograf. Halt dich fest, Alter: Er hat die Negative von den fotografierten Tagebüchern noch und macht mir Abzüge! Wirklich!«
    »Phantastisch«, bemerkte Marc verdrossen. »Ich habe mit dir über den Mord an Sophia geredet, nicht über deine Hefte.«
    Lucien wandte sich zu Vandoosler und deutete auf Marc.
    »Er ist wirklich nervös, was? Ungeduldig?«
    »Als er klein war«, begann Vandoosler, »und ihm sein Ball vom Balkon runter in den Hof fiel, stampfte er mit Tränen in den Augen herum, bis ich ihm den Ball wiedergeholt habe. Es gab dann nur noch den Ball und nichts anderes mehr. Was bin ich rauf- und runtergelaufen. Und nur wegen kleiner lächerlicher Schaumgummibälle.«
    Lucien lachte. Er sah wieder zufrieden aus, aber sein braunes Haar war immer noch schweißnaß. Marc lächelte ebenfalls. Die Sache mit den Schaumgummibällen hatte er völlig vergessen.
    »Ich erzähl weiter«, sagte Lucien wieder flüsternd. »Hast du verstanden, daß der Fotograf Frémonville bei seinen Reportagen begleitete? Daß er die Fotos von den Aufführungen machte? Ich habe mir gedacht, daß er vielleicht Abzüge behalten hat. Er wußte von dem Mord an Sophia, aber nicht von dem an Christophe Dompierre. Ich habe ihm kurz davon erzählt, und die Angelegenheit schien ihm ernst genug, um seine Elektra- Mappe herauszusuchen. Und hier hab ich’s!« sagte Lucien und wedelte mit der Rolle vor Marcs Augen. »Fotos. Und nicht nur von Sophia. Szenenfotos und Bilder von der ganzen Truppe.«
    »Zeig!« sagte Marc.
    »Geduld.«
    Langsam öffnete er die Rolle und zog vorsichtig einen Abzug heraus, den er auf den Tisch legte.
    »Das ganze Ensemble am Premierenabend beim Schlußapplaus«, sagte er und stellte Gläser auf die vier Ecken des Bildes. »Alle sind drauf. Sophia in der Mitte, rechts und links von ihr der Tenor und der Bariton. Natürlich haben sie ihre Kostüme an und sind geschminkt. Aber erkennst du niemanden wieder? Und Sie, Kommissar, erkennen Sie niemanden?«
    Marc und Vandoosler beugten sich nacheinander über das Foto. Kleine, aber deutlich erkennbare geschminkte Gesichter. Ein guter Abzug. Marc, der seit einer ganzen Weile spürte, wie er im Vergleich zu Luciens funkelnden Gedankenflügen geistig erlahmte, fühlte, wie ihn alle Kräfte verließen. Verwirrt und ganz aus der Fassung gebracht, untersuchte er die kleinen weißen Gesichter, ohne daß irgendeines ihm etwas gesagt hätte. Doch, das da, das war Julien Moreaux, noch sehr jung und sehr schmal.
    »Natürlich«, erwiderte Lucien. »Das ist ja nicht erstaunlich. Mach weiter.«
    Fast gedemütigt schüttelte Marc den Kopf. Nein, er erkannte niemanden. Vandoosler war

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