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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Kalbsgeschnetzeltes.
    »Iß«, sagte er.
    Lucien sah Mathias’ entschlossenes Gesicht und machte sich an sein Essen.
    »Rachel hat mir gesagt, daß der Sohn von Dompierre, das heißt Christophe, sich damals geweigert habe, so etwas von seinem Vater zu glauben. Mutter und Sohn haben sich heftig engagiert, aber es hat nichts genützt. Doppelmord, abgeheftet in der Kategorie Drogenhandel. Den Mörder haben sie nie gefaßt.«
    Lucien beruhigte sich allmählich. Sein Atem wurde regelmäßiger. Vandoosler hatte wieder seinen Bullenausdruck angenommen, angriffslustige Nase, die Augen tief hinter den Brauen. Er zerquetschte die Brotstücke, die Mathias in einem Körbchen gebracht hatte.
    »Jedenfalls hat das nichts mit unserer Sache zu tun«, sagte Marc, der versuchte, in aller Schnelle seine Gedanken zu ordnen. »Die beiden Typen sind mehr als ein Jahr nach der Elektra- Aufführung umgelegt worden. Außerdem war es eine Drogengeschichte. Ich vermute, die Bullen wußten, womit sie es zu tun hatten.«
    »Spiel hier nicht den Trottel, Marc«, unterbrach ihn Lucien ungeduldig. »Der junge Christophe Dompierre hat nicht daran geglaubt. Blindheit eines liebenden Sohnes? Vielleicht. Aber als Sophia fünfzehn Jahre später getötet wird, taucht er wieder auf und verfolgt eine neue Spur. Erinnerst du dich, was er dir gesagt hat? Von seiner ›elenden kleinen Überzeugung‹?«
    »Wenn er sich vor fünfzehn Jahren getäuscht hat«, erwiderte Marc, »dann kann er sich doch genauso vor drei Tagen getäuscht haben.«
    »Aber er ist umgebracht worden«, bemerkte Vandoosler. »Man bringt niemanden um, der sich täuscht. Man bringt jemanden um, der etwas findet.«
    Lucien nickte und wischte seinen Teller mit einer weiten Geste aus. Marc seufzte. Er hatte den Eindruck, in letzter Zeit etwas langsam im Denken geworden zu sein, und das machte ihm Sorgen.
    »Dompierre hat etwas gefunden«, sagte Lucien leise. »Er hatte also auch schon vor fünfzehn Jahren recht.«
    »Was gefunden?«
    »Daß ein Statist Sophia überfallen hatte. Und wenn du meine Meinung wissen willst: Sein Vater wußte, wer es war, und hat es ihm gesagt. Vielleicht war er ihm begegnet, als der mit der Strumpfmaske in der Hand aus ihrer Garderobe rannte. Was dazu führte, daß der Statist am nächsten Tag nicht wieder erschien. Er hatte Angst, erkannt zu werden. Das war vermutlich alles, was Christophe wußte: daß sein Vater den Angreifer von Sophia kannte. Und außerdem handelte Frémonville mit Koks, nicht aber Daniel Dompierre. Drei Tütchen hinter einer Kaminplatte – das ist ein bißchen dick aufgetragen, oder? Der Sohn hat das den Bullen auch erzählt. Aber die alte Geschichte aus dem Theater, die über ein Jahr her war, hat die Bullen nicht interessiert. Das Rauschgiftdezernat führte die Ermittlungen, und da war der Überfall auf Sophia Simeonidis ohne jede Bedeutung. Also hat der Sohn von Dompierre die Sache auf sich beruhen lassen. Aber als nun Sophia umgebracht wurde, hat er sich erneut darangemacht. Die Sache ging weiter. Er hatte immer gedacht, daß sein Vater und Frémonville nicht wegen des Kokains umgebracht wurden, sondern weil sie zufällig erneut den Weg des Angreifers und Vergewaltigers gekreuzt haben. Und der hat sie niedergeknallt, um sie zum Schweigen zu bringen. Das muß verdammt wichtig für ihn gewesen sein.«
    »Deine Geschichte ist nicht stimmig«, sagte Marc. »Warum hat der Typ sie dann nicht gleich umgelegt?«
    »Weil er sicher einen Künstlernamen hatte. Wenn du Roger Boudin heißt, dann tust du gut daran, deinen Namen in Frank Deiner oder so etwas zu ändern, in irgendwas halt, was in den Ohren eines Regisseurs nach was klingt. Der Typ versteckt sich also hinter seinem Pseudonym und hat Ruhe. Wer sollte erraten, daß Frank Deiner eigentlich Roger Boudin ist?«
    »Gut, und dann, verdammt?«
    »Du bist nervös heute, Marc. Also, stell dir vor, dieser Typ läuft ein Jahr später Dompierre wieder über den Weg, diesmal unter seinem richtigen Namen. Jetzt hat er keine Wahl mehr. Er knallt ihn ab, ihn und seinen Freund, der bestimmt auch Bescheid wußte. Er weiß, daß Frémonville ein Dealer ist, das kommt ihm gelegen. Er versteckt drei Tütchen Koks bei Dompierre, die Bullen schlucken das Ganze, und die Sache landet bei der Drogenfahndung.«
    »Und warum soll dein Boudin-Delner vierzehn Jahre später plötzlich Sophia umbringen, obwohl sie ihn nicht identifiziert hat?«
    Lucien wirkte wieder wie im Fieber und fing an, in einer Plastiktüte zu

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