Die schoene Helena
in weitem Bogen um ihre siegreiche Rivalin herum.
Den Kopf hoch erhoben, beobachtete Helena die Frau, die mit spöttisch gehobenen Brauen bekundete, wie wenig sie von ihr hielt.
Nachdem Tina verächtlich in die Halle gerauscht war, entstand ein langes Schweigen, das Helena schließlich brach. „Wenn Sie sich das nächste Mal mit einer Hure vergnügen wollen, sollten Sie einen Treffpunkt im Dorf wählen. Dieses Haus darf nicht besudelt werden.“
Sie ging zur Tür, aber Adam stürmte durch das Zimmer, um ihr den Weg zu versperren. „Warten Sie, ich kann’s Ihnen erklären.“
„Daran bin ich nicht interessiert.“
Erstaunt sah er Tränen in ihren Augen glänzen und spürte, wie er vor lauter Verlegenheit bis in die Haarwurzeln errötete. „Bitte, Helena, Sie haben die Situation missverstanden. Diese Frau ist... war nur eine alte Freundin.“
„Also hat sie nie Ihr Bett geteilt?“
„Doch“, gab er zu, „Tina war meine Geliebte.“
Helenas Gesicht erstarrte zu einer Maske voller Bitterkeit. „Wie können Sie es wagen!“
„Seien Sie versichert, ich habe sie nicht hierher eingeladen Zerknirscht unterbrach er sich. Was für eine armselige Entschuldigung! „Helena ... wie immer es auch aussehen mag, ich habe nichts Ehrloses oder Niederträchtiges getan. “
„Wenn mein Vater wüsste, welch ein erbärmlicher Lügner Sie sind ... würde er trotzdem auf unserer Heirat bestehen?“ Sichtlich bedrückt, senkte sie den Kopf. „Dieses Flittchen wünsche ich nie wieder unter meinem Dach zu sehen ... ebenso wenig irgendwelche anderen alten Freundinnen. Eine solche Missachtung meiner Person dulde ich nicht. Was Sie außerhalb von Rathford Manor treiben, kann ich nicht beeinflussen, da wir keine konventionelle Ehre führen werden. Aber ich wehre mich ganz entschieden gegen dreiste Indiskretionen.“
Bleischwer lag die Enttäuschung, die sie ihm bereitete, auf seiner Seele. Warum tat es so weh, dass sie sich weigerte, eine nähere Erklärung anzuhören? Natürlich hatte sie recht, es gab keinen Grund, warum sie ihm irgendetwas glauben sollte.
„Selbstverständlich kann Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie Ihr Geld verwenden. Wären Sie kein Lebemann und Taugenichts ohne die geringsten Aussichten, müssten Sie nicht so verzweifelte Maßnahmen ergreifen und eine verwelkte, magere alte Jungfer heiraten.“
Mit diesen Worten verletzte sie ihn noch schmerzlicher. Doch er wusste, dass auch sie tief gekränkt war. „Helena ... “ Flehend streckte er eine Hand aus.
Sobald seine Fingerspitzen ihre Schulter berührten, wandte sie sich hastig ab und floh aus dem Salon.
Warum fühlte er sich so elend? Nur ein kleines Missverständnis, versuchte er sich einzureden. Ohne Erfolg. Soeben hatte er irgendetwas Bedeutsames, das zwischen ihnen entstanden war, im Keim erstickt.
13. Kapitel
In den nächsten Tagen besserte sich die Situation nicht. Steif und förmlich legte das Brautpaar sein Ehegelübde in der kleinen Kirche von Strathmere ab.
Helena hätte eine Zeremonie im Rathford Manor vorgezogen. Davon wollte ihr Vater nichts wissen. Genauso beharrlich missachtete er ihren Einwand, die Hochzeit sei ein schwerer Fehler und er dürfe sie nicht dazu zwingen. Beschwörend erklärte sie, Adam würde sie lächerlich machen, indem er sich in aller Öffentlichkeit mit seinen Gespielinnen amüsierte.
Lord Rathford hörte ihr geduldig zu, erfreut angesichts der Funken, die aus ihren sonst so glanzlosen Augen sprühten - selbst wenn sie hellem Zorn entstammten - und ihrer lebhaften Gesten. Eine Zeit lang schien er zu schwanken und Helenas Argumente gegen die Vorteile der Heirat abzuwägen, was immer er dafürhalten mochte. Aber letzten Endes blieb er bei seinem Entschluss.
Warum lehnte sie sich nicht einfach gegen ihn auf und wies Adam die Tür? Vermutlich, weil sie ihrer Mutter jahrelang gehorcht hatte und sich wohl oder übel verpflichtet fühlte, auch die Wünsche des Vaters zu erfüllen.
Beim stilvollen Hochzeitsempfang im Rathford Manor zeigte sich Adam ebenso übellaunig wie Helena. Weil sie einen Teller mit Kanapees, den er ihr gereicht hatte, unberührt auf einen Tisch stellte, warf er ihr vor, sie habe wieder abgenommen, und musterte missbilligend ihr schlecht sitzendes Brautkleid.
Hätte er unverblümt erklärt, sie sei völlig reizlos, wäre sie nicht schmerzlicher verletzt worden. Zweifellos sehnte er sich nach der dicken Kuh, die bisher sein Bett gewärmt hatte.
Sie schaute an sich hinab. Wie unscheinbar sie
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