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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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unerfindlichen Gründen zu beruhigen. Sie sah mir in die Augen, erwiderte mein Lächeln, holte tief Luft und wandte sich zu Deborah.
    »Erzählen Sie«, forderte diese Arabelle auf.
    »Ich bin hier gleiche Stunde wie immer.«
    »Wann ist das?«, fragte Deborah.
    Arabelle zuckte die Achseln. »Fünf Uhr. Jetzt dreimal in Woche, weil in
julio
ist geschlossen, aber sie wollen sauber halten. Keine Kakerlaken.« Sie sah mich an und ich nickte; Kakerlaken schlecht.
    »Und Sie gingen zum Hintereingang?«, fragte Deborah.
    »Jesmal, es …« Sie sah mich an und zog ein hilfloses Gesicht.
»Siempre?«
    »Jedes Mal«, übersetzte ich.
    Arabelle nickte. »Jedes Mal Hintertür«, sagte sie. »Vor zu
hasta octubre.
«
    Deborah legte einen Augenblick den Kopf schräg, dann begriff sie: Vorne geschlossen bis Oktober. »Okay«, sagte sie. »Als Sie hier eintrafen, sind Sie zur Hintertür gegangen und haben dort die Leiche entdeckt?«
    Arabelle schlug wieder die Hände vors Gesicht. Sie sah mich an, und ich nickte, darauf ließ sie die Hände fallen. »Ja.«
    »Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen, irgendetwas Ungewöhnliches?«, fragte Deborah. Arabelle starrte sie verständnislos an. »Haben Sie etwas gesehen, was nicht hätte hier sein dürfen?«
    »El cuerpo«,
antwortete Arabelle ungehalten und zeigte auf die Leiche. »Er nicht hier sein sollen.«
    »Haben Sie überhaupt jemanden gesehen?«
    Arabelle schüttelte den Kopf. »Niemand. Nur ich.«
    »Und in der Umgebung?« Arabelle sah sie ausdrucklos an, und Deborah zeigte hin. »Dort drüben? Auf dem Bürgersteig? War dort jemand?«
    Arabelle zuckte die Achseln.
»Turistas.
Mit Kamera.« Sie runzelte die Stirn und wandte sich mit gesenkter Stimme vertraulich an mich.
»Creo que es posible que estan maricónes.«
    Ich nickte. »Schwule Touristen«, sagte ich zu Deborah.
    Deborah starrte erst Arabelle wütend an, dann mich, als könnte sie uns damit so viel Angst einjagen, dass einem von uns noch eine gute Frage einfiel. Doch selbst mein legendärer Scharfsinn versagte, und ich zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Vermutlich kann sie uns wirklich nicht mehr erzählen.«
    »Frag sie, wo sie wohnt«, verlangte Deborah. Ein erschrockener Ausdruck huschte über Arabelles Gesicht.
    »Ich glaube nicht, dass sie dir das verraten wird«, meinte ich.
    »Warum nicht, zum Teufel?«
    »Sie hat Angst, dass du sie an
La Migra
verrätst«, erklärte ich, und Arabelle fuhr bei diesem Wort sichtlich zusammen. »Einwanderungsbehörde.«
    »Ich weiß verdammt noch mal, was
La Migra
bedeutet«, schnauzte Deborah. »Ich lebe auch hier, schon vergessen?«
    »Schon«, antwortete ich. »Aber du hast dich immer geweigert, Spanisch zu lernen.«
    »Dann bitte sie doch, es
dir
zu sagen«, schlug Deborah vor.
    Ich zuckte die Achseln und wandte mich an Arabelle.
»Necesito su dirección«,
sagte ich.
    »Por qué?«,
fragte sie zurückhaltend.
    »Vamos a bailar«,
sagte ich. Wir werden tanzen gehen.
    Sie kicherte.
»Estoy casada«,
erwiderte sie. Ich bin verheiratet.
    »Por favor?«,
fragte ich mit meinem schönsten, vollkommen falschen Hundert-Watt-Lächeln und fügte hinzu:
»Nunca por la migra, verdadamente.«
Arabelle lächelte, beugte sich vor und flüsterte mir eine Adresse ins Ohr. Ich nickte; es handelte sich um eine Gegend, in der es von Immigranten aus Mittelamerika wimmelte, einige davon sogar legal. Es war durchaus einleuchtend, dass sie dort lebte, und ich war überzeugt, dass sie mir die Wahrheit sagte. »Gracias«, bedankte ich mich, doch als ich mich abwenden wollte, ergriff sie erneut meinen Arm.
    »Nunca por la migra?«,
fragte sie.
    »Nunca«,
versprach ich. Niemals.
»Solamente para hallar este matador.«
Nur, um den Mörder zu fassen.
    Sie nickte, als ergäbe es irgendeinen Sinn, dass ich ihre Adresse benötigte, um den Mörder zu fassen, und schenkte mir wieder ein schüchternes Lächeln.
»Gracias«,
sagte sie.
»Te creo.«
Ich glaube dir. Ihr Vertrauen in mich war rührend, besonders angesichts der Tatsache, dass nicht der geringste Anlass dazu bestand, abgesehen davon, dass ich sie mit meinem besten falschen Lächeln bedacht hatte. Ich fragte mich, ob ein Berufswechsel anstand – vielleicht sollte ich Autos verkaufen oder mich um das Präsidentenamt bewerben.
    »In Ordnung«, sagte Deborah. »Sie kann nach Hause gehen.«
    Ich nickte Arabelle zu.
»Va a su casa.«
    »Gracias«,
sagte sie noch einmal. Sie lächelte breit, drehte sich um und rannte fast zur

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