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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Schniefen, das tatsächlich ein dünnes Rinnsal Rotz in Bewegung setzte, »hat endlich jemand einen von diesen
chingados maricónes
umgebracht? Und du glaubst nicht, dass ich es war, weil ich in diesem Stuhl sitze? Hör mal, du Nutte, schließ mich wieder an, und ich zeige dir, wie einfach ich jeden kille, der mir auf die Nerven geht.«
    »Welchen
maricón
haben Sie denn umgebracht?«, erkundigte ich mich, was mir einen Ellbogenstoß von Deborah einbrachte, obgleich sie selbst immer noch nichts zu sagen wusste.
    »Den, der tot ist, du Wichser«, keuchte er mich an. »Ich hoffe, diese Schwanzlutscherin Jo Anne, aber verdammt, ich bring sie alle um, ehe ich den Abgang mache.«
    »Mr. Meza«, sagte Deborah, ein leichtes Zaudern in der Stimme, das bei jemand anderem Mitgefühl hätte andeuten können; bei Debs verriet es Enttäuschung über die Erkenntnis, dass dieser traurige Haufen vor ihr nicht ihr Verdächtiger war. Und erneut begriff Meza und ging wieder zum Angriff über.
    »Ja, ich war’s«, sagte er. »Los, Fotze, leg mir Handschellen an. Kette mich an die Rückbank zu den Hunden. Was ist los, hast du Angst, dass ich dir unter den Händen abkratze? Tu’s doch, Nutte. Oder ich bring dich um, genau wie die Arschficker in der Behörde.«
    »In der Behörde wurde niemand umgebracht«, stellte ich fest.
    Er funkelte mich an. »Nein?« Sein Kopf fuhr zu Deborah herum, Schleim glitzerte im Sonnenschein. »Warum belästigst du mich dann, Scheißbulle?«
    Deborah zögerte, dann versuchte sie es ein letztes Mal. »Mr. Meza«, begann sie.
    »Verpiss dich, verpiss dich von meiner Veranda«, fluchte Meza.
    »Das scheint mir eine gute Idee zu sein, Deborah«, bemerkte ich.
    Deborah schüttelte frustriert den Kopf, dann seufzte sie tief. »Verdammt. Gehen wir. Schließ ihn an.« Sie drehte sich um und ging und überließ mir die undankbare und gefährliche Aufgabe, Mezas Stromkabel wieder einzustöpseln. Das bewies mir wieder einmal, was für selbstsüchtige und gedankenlose Geschöpfe Menschen sind, selbst die eigenen Familienangehörigen. Immerhin war sie diejenige mit der Waffe – sollte sie dann nicht auch diejenige sein, die ihn wieder anschloss?
    Meza schien meine Ansicht zu teilen. Er startete eine weitere Liste drastischer vulgärer Surrealismen, sämtlich an Deborahs sich entfernenden Rücken gerichtet. Die einzige Beschimpfung, die mir zuteil wurde, war ein flüchtiges, gemurmeltes »Beeil dich, du Schwuchtel«, als er eine Pause einlegte, um Luft zu schöpfen.
    Ich beeilte mich. Nicht aus dem Verlangen, Meza gefällig zu sein, sondern weil ich keineswegs dort herumstehen wollte, sobald sein Rollstuhl wieder Strom hatte. Das war viel zu gefährlich – ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin das Gefühl hatte, genug meines kostbaren und unwiederbringlichen Tages damit verbracht zu haben, seinen Klagen zu lauschen. Es war an der Zeit, in die Welt zurückzukehren, in der es Ungeheuer zu fangen galt, selbst ein Ungeheuer in spe, und mit ein wenig Glück würde ich sogar Zeit zum Mittagessen finden. Nichts davon war möglich, solange ich auf dieser Veranda festsaß und an einem elektrischen Rollstuhl mit einem Großmaul darin herumbastelte.
    Deshalb steckte ich das Stromkabel zurück und sprang von der Veranda, ehe Meza begriff, dass er wieder angeschlossen war. Ich hastete zum Auto und stieg ein. Deborah knallte den Gang rein und gab Gas, ehe ich die Tür geschlossen hatte, anscheinend besorgt, dass Meza dem Auto Schaden zufügte, indem er es mit dem Rollstuhl rammte, und sehr bald waren wir zurück in dem warmen, flauschigen Kokon des mörderischen Verkehrs von Miami.
    »Verdammt«, fluchte sie schließlich, und das Wort schien nach den Äußerungen Mezas wie eine laue Sommerbrise. »Ich war sicher, dass er es ist.«
    »Sieh doch das Positive«, erwiderte ich. »Du hast ein paar wunderbare neue Wörter gelernt.«
    »Ach, scheiß doch ein Seil rauf«, meinte Deborah. Auf diesem Gebiet war sie schließlich auch kein Anfänger.

10
    V or der Mittagspause blieb uns noch Zeit, zwei weitere Namen auf der Liste abzuhaken. Die erste Adresse lag drüben in Coconut Grove, und wir benötigten von Mezas Haus kaum mehr als zehn Minuten bis dorthin. Deborah fuhr nur unwesentlich schneller als erlaubt, was in Miami als langsam gilt und deshalb wie eine Art »Tritt-mich«-Schild auf der Heckscheibe wirkt. Und so hatten wir, obgleich der Verkehr nur dünn war, unsere eigene Hintergrundmusik aus Hupen und Flüchen und ausgestreckten

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