Die schoene Luegnerin
bin. «
»Wie in einer Fabrik? « erwiderte Carrie, ohne nachzudenken, dann räusperte sie sich verlegen und war froh, daß das Mädchen nicht sehen konnte, wie rot sie geworden war. »Oh, ich verstehe. Wie wirst du genannt? Dallie? «
Das Kind schien einen Moment zu überlegen. »Du kannst mich Dallie nennen, wenn du willst. «
Carrie lächelte insgeheim. »Ich freue mich wirklich sehr, daß du mir die Erlaubnis gibst, dich mit einem Namen anzusprechen, den sonst niemand benützt. «
»Wie heißt er? « fragte Dallie und deutete auf Choo-choo.
Carrie sagte es ihr. »Ich habe ihm den Namen gegeben, weil er, als mein Bruder ihn mir geschenkt hat, dauernd geniest hat. Das hat so ähnlich geklungen wie >Choo-choo<. Es ist wirklich komisch, aber er hat seit diesem ersten Tag nie wieder geniest. «
Als Dallas keine Miene verzog und bedächtig nickte, wurde Carrie das Herz schwer. Es war einfach nicht richtig, daß ein so kleines Kind wie Dallas so ernst war. »So«, erklärte Carrie, »jetzt ist dein Haar sehr hübsch, du hast wundervolles Haar. Möchtest du es dir ansehen? « Als Carrie den silbernen Handspiegel in die Höhe hielt, faßte Dallie danach und betrachtete sich so aufmerksam, als hätte sie ihr Spiegelbild lange nicht gesehen.
»Du bist sehr hübsch«, versicherte Carrie ihr.
Dallie nickte. »Aber nicht so schön wie meine Mutter«, sagte sie und gab Carrie den Spiegel zurück.
Wie merkwürdig, daß ein Kind so etwas sagte, dachte Carrie und sah sich in dem kalten, trübseligen Raum um. »Sollen wir uns um das Abendessen kümmern? Gibt es in diesem Haus irgendwelche Vorräte? «
»Papa hat uns erzählt, daß du uns Abendessen machen würdest. Er hat gesagt, daß du ganz toll kochen kannst und daß du nicht zulassen würdest, daß wir Hunger haben. «
Carrie lächelte. »Dann muß ich mich ja wirklich daran machen, etwas auf den Tisch zu bringen. « Sie stand auf und ging zum Küchenschrank. Sie öffnete alle Türen und erschrak, weil sie kaum etwas Eßbares fand. Als sie den halben alten Brotlaib und die drei Dosen sah, in denen offensichtlich Erbsen waren, wurde sie plötzlich wütend auf Josh. Selbst wenn sie die beste Köchin der Welt gewesen wäre, hätte sie mit diesen spärlichen Zutaten kaum ein anständiges Essen zubereiten können.
Sie suchte auf dem Geschirrbord weiter und entdeckte ein Glas mit selbsteingemachter Erdbeermarmelade. Sie holte das Glas herunter und lächelte. »Heute abend veranstalten wir ein Fest mit Brot und Marmelade. Ich habe ein großes Paket mit chinesischem Tee in meiner Tasche. Unsere Teeparty wird bestimmt sehr elegant. «
»Das können wir nicht essen«, behauptete Dallas und deutete auf das Marmeladenglas. »Papa sagt, daß wir die Marmelade für eine besondere Gelegenheit aufheben sollen. Tante Alice hat sie gemacht und uns geschenkt. «
Carrie strahlte das Kind an. »Jeder Tag ist etwas Besonderes. Es gibt keinen einzigen Tag, an dem es nicht irgend etwas zu feiern gibt, und gerade heute gibt es eine Menge Dinge, die wir feiern können. Ich bin hier angekommen, und du hast eine neue Puppe, Temmie hat auch ein neues Spielzeug, und.. «
»Er wird es nicht mögen, wenn du ihn Temmie nennst. Er heißt Tem. «
»Oh, ich verstehe. Er ist zu alt für Temmie, habe ich recht? «
Dallas nickte ernst.
»Ich werde versuchen, immer daran zu denken«, versprach Carrie lächelnd. »Aber jetzt sollten wir den Tisch decken. «
Es war offensichtlich, daß das Kind keine Ahnung hatte, was Carrie mit >Tisch decken« meinte. Carrie nahm ihre Reisetaschen vom Tisch und zauberte einen großen schillernden Schal hervor. Die rote Seide mit den pinkfarbenen Tupfen glänzte in dem düsteren
Raum, der nur von einer einzigen Kerze, die auf dem Kaminsims stand, erhellt wurde. Dallas’ Augen wurden groß, als sie zusah, wie Carrie ein paar Zeitungen von dem Stapel neben der Feuerstelle nahm und auf dem Tisch ausbreitete, bevor sie den Schal darüberlegte. Als nächstes suchte Carrie nach sauberen Tellern, aber sie hatte kein Glück. Sie sah zwar, daß ein paar Teller im Spülbecken standen, aber sie dachte nicht weiter darüber nach. Zu Hause wurden die schmutzigen Teller aus dem Speisezimmer geschafft, und später brachte jemand das saubere Geschirr zurück, aber was in der Zwischenzeit geschah, wußte Carrie nicht.
Da sie nicht das fand, was sie suchte, kramte Carrie in ihrer Tasche und brachte vier Leinentaschentücher zum Vorschein.
»Wir machen ein Picknick«, kündigte sie
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