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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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während sie mit geschickten Fingern kleine Stoffrosetten wickelte und diese am Hut festnähte. Nachdem sie die letzte Blüte fertig gestellt hatte, hob sie ihr Werk hoch und setzte es vorsichtig auf ihren Kopf.
    Bevor er sich zurückziehen konnte, war sie zum Spiegel hinübergelaufen – und hatte Evan entdeckt.
    Erschrocken schnappte sie nach Luft und wirbelte herum. „Lord Cheverly!“
    Wieder einmal raubte ihm ihre Schönheit den Atem. Für einen kurzen Augenblick starrte er sie wortlos an wie ein unbeholfener Jüngling, dem die richtigen Worte nicht einfallen wollten.
    Schnell legte sie den Hut beiseite. „Ich hatte dich nicht so früh erwartet.“
    All die charmanten Begrüßungssätze, die er sich zurechtgelegt hatte, schienen auf einmal unpassend.
    „Ich konnte einfach nicht fortbleiben.“ Langsam näherte er sich ihr. „Aber ich wollte dich nicht stören. Bitte beende deine Arbeit, was auch immer du bis heute Abend fertig haben musst.“ Unter Aufbietung all seiner Willenskraft unterdrückte er den Impuls, sie in seine Arme zu reißen. Kaum eine Minute in ihrer Gesellschaft, und schon brannte er vor Verlangen. Am liebsten hätte er ihre zarten Finger geküsst und tief den süßen Duft ihrer Haut eingeatmet.
    Sie lächelte. „Ich weiß nicht, ob ich mich konzentrieren kann, wenn du mir so nahe bist. Leider erwartet Lady Wendfrow diesen Hut morgen, daher werde ich es versuchen müssen.“
    Fühlte sie die magische Anziehungskraft zwischen ihnen ebenso stark wie er? Evan hoffte es inständig.
    Er ging zum Tisch und suchte krampfhaft nach einer Ablenkung von Emilys Liebreiz. „Du arbeitest nach deinen eigenen Entwürfen?“ Als sie nickte, zeigte er auf das Buch. „Darf ich?“
    „Wenn du es wünschst.“
    Um sich die Zeit zu vertreiben, blätterte er die Seiten durch. Eigentlich hatte er sie nur überfliegen wollen, aber bereits die erste Zeichnung fesselte seine Aufmerksamkeit. „Aber … das ist ja Lady Wendfrow, wie sie leibt und lebt!“
    „Es ist leichter, einen vorteilhaften Hut für die Kundin zu entwerfen, wenn man ein Abbild ihres Gesichtes zu Hilfe nimmt.“
    „Wenn du etwas findest, das Lady Wendfrow schmeichelt, bist du eine Zauberin.“
    Sie lachte leise. Das Geräusch war so bezaubernd, dass es ihn für einen Moment ablenkte. „Leider liebt sie Hüte mit riesigen Federn, die ihr hageres Gesicht unnötig betonen, und zudem in Schwarztönen, die nicht zu ihrem Teint passen.“
    „Und du beabsichtigst, diese Fehler zu beheben?“
    „Ja. Der Rahmen hat einen schwarzen Trauerrand, weil sie darauf besteht, aber ich habe den Rest mit pfirsichfarbener Seide bezogen. Der sanfte Ton wird ihrer Haut einen zarten Schimmer verleihen. Außerdem werde ich die Feder etwas flacher drapieren, damit ihre Wangen breiter wirken.“
    „Und womöglich könnte das sogar funktionieren. Selbst meine Mutter hält dich für ein Genie. Dürfte ich mir die anderen Entwürfe auch ansehen?“
    „Natürlich. Ich brauche nur noch ein paar Minuten.“ Sie nahm Nadel und Faden, dann machte sie sich wieder an die Arbeit.
    Während sie nähte, blätterte er durch das Buch und hielt einige Male inne, als er in den Zeichnungen einige Damen der Gesellschaft wiedererkannte. Er bewunderte nicht nur die Ähnlichkeit der Porträts, sondern auch die Kunstfertigkeit, mit der Emily einen passenden Hut für jede Kundin entworfen hatte.
    Als er zur letzten Seite kam, stockte ihm der Atem.
    Emily hatte die Frau in einer nachdenklichen Pose festgehalten. Sie blickte in die Ferne und strich sich dabei über das Kinn. Das silbergraue Haar, die blaugrünen Augen und das schelmische Lächeln waren so gut getroffen, dass er glaubte, das Bild seiner Mutter würde jeden Moment lebendig werden.
    „Das ist … außergewöhnlich!“ rief er. „Bitte, ich muss es haben. Kann ich es dir abkaufen?“
    Sie warf ihm einen überraschten Blick zu. „Die Zeichnung von Lady Cheverly? Nimm sie, wenn du möchtest. Der Hut ist bereits fertig.“
    „Ich muss dir aber etwas dafür geben.“
    „Unsinn, es ist doch nur eine Pastellzeichnung. Außerdem sind deine Ausgaben für mich bereits hoch genug. Wenn es dir gefällt, wäre es mir eine Ehre, dir das Bild zu schenken.“
    Evan wollte protestieren, doch ihr eigenwilliger Blick und das stolz gehobene Kinn verrieten ihm, dass er mit einem erneuten Angebot ihren Stolz verletzen würde. Daher beschloss er nachzugeben. Er konnte sie auf andere Arten entschädigen, obwohl Francesca im Gegensatz zu ihrer

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