Die schöne Mätresse
Als sie seine Worte begriff, verstummte sie. „Mein Salon? Was hat der Laden mit alldem hier zu tun?“
„Alles natürlich. Was, glaubst du, hatte ich im Sinn? Komm, nimm Platz.“
Bevor sie protestieren konnte, führte er sie zu einem eleganten Sofa, das mit blassgrünem Satin bezogen war. Er betätigte die Klingelschnur und wandte sich ihr zu. Seine Miene war so unschuldig wie die eines Chorknaben. „Francesca wird uns Tee servieren.“
Ihr Zorn kehrte zurück. „Ich möchte keinen Tee. Ich muss mich um das Geschäft kümmern, das du soeben erwähnt hast.“
„Genau darüber wollte ich mit dir sprechen. Setz dich, setz dich!“ Er legte die Hände auf ihre Schultern und drückte sie sanft auf das Sofa, dann ließ er sich neben ihr nieder.
„Hast du nicht mehrmals erwähnt, wie sehr es dich schmerzt, einen Hut zu entwerfen, nur um dann mit ansehen zu müssen, wie der Effekt durch ein unpassendes Kostüm der Kundin ruiniert wird? Dass du am liebsten ein ganzes Ensemble kreieren würdest, mit Hut, Kleid und Schuhen?“
„Nun ja, aber ich verstehe nicht …“
„Und glaubst du nicht, ebenso wie ich, dass so ein Betrieb noch viel erfolgreicher sein könnte? Wenn eine Dame in einer solchen Kombination gesehen wird, ihr die anderen nacheifern werden, um in der Kleidung nicht übertroffen zu werden?“
„Richtig, aber …“
„Und hast du nicht geäußert, ein solches Unternehmen würde mehr Platz erfordern – Anproberäume, ein Atelier für eine Schneiderin und die Näherinnen, ein Lager für Stoffe und Materialien und ein größeres Arbeitszimmer für dich?“
Allmählich konnte sie ihm folgen. „Ja, ich träume von so einem Geschäft. Gewiss, der Laden würde genügend Platz bieten, würde ich meine Wohnung im ersten Stock aufgeben, aber derartige Pläne erfordern wesentlich mehr Kapital, als ich besitze – und in nächster Zukunft besitzen werde.“
Ein Klopfen ertönte, und eine strahlende Francesca kam mit dem Teetablett herein. Emily schwieg, hin- und hergerissen zwischen Aufregung, Erschöpfung und dem starken Bedürfnis zu weinen.
Evan hatte sie nicht in ein Liebesnest gebracht. Er wollte, dass sie umzog, um ihr Geschäft zu erweitern.
Sie hätte niemals eingestanden, wie sehr sie sich nach dem Leben in der einfachen Umgebung des Geschäftsviertels eine elegante Umgebung wie diese wünschte. Ja, sie sehnte sich geradezu danach, sich dieses komfortable Haus leisten zu können!
Staunend ließ sie den Blick über die Einrichtung schweifen. Francesca reichte ihr eine Tasse. „Ah, Mistress, ist es nicht schön? Und wie geschaffen für Sie!“
„Ja. Nein … ich weiß es nicht.“ Nachdem das Dienstmädchen das Zimmer verlassen hatte, wandte sich Emily Evan zu. „Ich fühle mich geschmeichelt, dass du den Erfolg eines solchen Geschäftes für möglich hältst. Aber ich kann nicht einmal in meinen kühnsten Träumen hoffen, je genug Geld dafür aufbringen zu können.“
„Emily, weißt du, wie sich Firmen vergrößern? Schau mich nicht so skeptisch an. Ich weiß eine Menge über das Wirtschaftsleben. Niemand, der wirklich erfolgreich sein will, wartet, bis er genug Geld zusammen hat. Mit Talent, einer guten Idee und Courage gewinnen diese Leute Investoren, die das Kapital zur Verfügung stellen.“ Er nippte an seinem Tee. „Nun, meine Liebe, zufällig bin ich ein solcher Geldgeber – ein Teil meines Kapitals steckt in den unterschiedlichsten Branchen. Und mein Instinkt rät mir, dass eine Investition in die Vergrößerung von ‚Madame Emilie‘ in der Tat ein weiser Entschluss wäre.“
Sie sah ihn verwundert an. „So?“
„Wir Aristokraten müssen schließlich auch irgendwie Geld für unser verschwenderisches Leben verdienen, da wir uns nicht die Hände im Geschäftsleben schmutzig machen können. Du würdest dich wundern, über welche Kontakte ich verfüge.“ Er schmunzelte. „Du wirkst tatsächlich erstaunt.“
Ihre Gedanken überschlugen sich. Es wäre eine echte Herausforderung, ganze Toiletten zu entwerfen. Und es beleidigte stets ihre Augen, wenn sie eine Kundin entdeckte, die ein geschmackloses Kleid zu einem ihrer Hüte trug. Es ruinierte den ganzen Effekt ihrer harten Arbeit.
Sollte sie Evan gestatten, das Kapital dafür zu beschaffen? Würde sie sich dadurch nicht noch mehr in seine Schuld begeben? Und steckte hinter allem nicht nur die Absicht, sie in eine luxuriösere Umgebung zu locken?
Sie erschrak, als er einen Finger unter ihr Kinn legte. „Nun? Trotz deiner
Weitere Kostenlose Bücher